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06.06.2018

Norma Waterson & Eliza Carthy with the Gift Band: Anchor (Albumkritik)

 

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Norma Waterson & Eliza Carthy with the Gift Band: Anchor (Topic Records)

 

 

In der Folkmusik gibt es Leute, von denen man erwartet, dass sie immer da und aktiv sind, die Saat ausbringen, die Felder beackern, Musik veröffentlichen, als wäre dies so tief in ihrer Knochen verwurzelt wie der Wechsel der Jahreszeiten. Die Waterson-Carthys sind einer dieser Stämme - und Eliza Carthy und Marry Waterson waren in den letzten paar Jahren sehr fleißig - , aber Norma, die Matriarchin, war verständlicherweise ziemlich ruhig, seit sie 2010 aufgrund einer schweren Erkrankung eine Zeitlang ins Koma fiel. Danach musste sie in ihren 70ern wieder das Gehen und Sprechen erlernen, was die Veröffentlichung dieses Albums noch erstaunlicher macht.

 

Es wurde in einer Kapelle in Robin Hood's Bay, Yorkshire, der Heimatstadt der Familie , live aufgenommen, noch dazu mit einer kompletten, mitreißenden Band. Anchor ist so unerschütterlich und zeitlos, wie sein Titel andeutet. Das bedeutet aber nicht, dass es nur uralte Trraditionals und Legenden bieten würde: es ist eine großzügige, faszinierende und oft überraschende Sammlung von Songs, mit der die Einflüsse auf die Familie und ihre Freunde zelebriert werden. Das Album beginnt mit einer Coverversion von Tom Waits„Strange Weather“, die von Norma gesungen wird, deren Stimme warm und auf sanfte Weise rau ist, während sie spielerisch (“I believe that brandy’s mine”) und mit abgenutzter Resignation (“all over the world strangers / Talk only about the weather”) durch den Text flitzt. Diese Kombination von aus tiefstem Inneren kommender Freude und Bar-Melancholie gibt den Ton für dieses Album vor und bringt es zum Singen.

 

Traditionelle Nummern wechseln sich mit neueren Songs ab, wie alte Freunde. „The Elfin Knight“ stürmt und tobt, angekündigt von donnernden Streichern, während KT Tunstalls „Shanty of the Whale“ zu einem experimentellen, atmosphärischen Vergnügen wird. Normas Coverversion von Nick Lowes „The Beast in Me“, dessen berühmteste Interpretation wohl von Johnny Cash stammt, ist besonders bewegend, und es finden sich hier viele Songs über Sterne und unseren Platz in der Welt, darunter Elizas wunderbare Tollerei durch „The Galaxy Song“ aus Monty Python’s The Meaning of Life. Das Album endet auf wundervolle Weise mit einer Darbietung von „Twinkle, Twinkle, Little Star“, bei der alle mitsingen, was uns daran erinnert, dass Musik Generationen von Familien verbindet und weiter funkelt, wenn wir schon lange nicht mehr auf Erden weilen.

 

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