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20.08.2019

Ami Dang: Parted Plains (Albumkritik)


Ami Dang sitar player


Ami Dang: Parted Plains (Leaving Records)



Die Linie zwischen Ambient Music und Muzak kann sehr schmal sein. Erstere ist „eine Atmosphäre, ein alles umgebender Einfluss; eine Tönung“, die den Hörer umfangen soll, Musik, die „dazu dienen soll, zu beruhigen und einem Raum zum Denken zu geben“, wie es in Brian Enos Liner Notes zu diesem Thema heißt, während letztere zu einem Schlagwort für wenig bemerkenswerte Hintergrundgeräusche geworden ist, also für Tracks, die nur dazu dienen, die Stille eines Raumes auszufüllen. Für Uneingeweihte sind beide das, was man oft in einem Spa oder einer Hotellobby zu hören bekommt – Musik, die genauso interessant wie leicht zu ignorieren ist.

Auf ihrem dritten Soloalbum bietet die in Baltimore beheimatete Sitar-Spielerin und Produzentin Ami Dang einmal mehr ihre eigene Version von Ambience und liefert damit gute Argumente für Instrumentalnummern, die Unbehagen in ihre Ruhe einfließen lassen. „Raiments“, mit dem das Album beginnt, überzeugt mit einer feinen Sitar-Melodie, die vom Pochen von Synthesizer-Arpeggios begleitet wird. Dang setzt ihre elektronische Klangpalette gekonnt und kraftvoll ein, von in, von düster dröhnend auf „Bopoluchi“ bis hin zu sprudelnd optimistisch auf „Stockholm Syndrome“. Ihre Sitar schwebt über dem und durch das Synthesizer-Klangbett ihrer Kompositionen und bereichert diese um klassische indische Raga-Melodien und polyrhthmisches Zupfen. Das Anhören von Parted Plains ist wie das Erleben eines einstündigen Raga, der in vierminütige Sätze komprimiert wurde.

Deshalb können diese Fragmente ein sehr intensives Hörerlebnis sein, was besonders für die Kompositionen gilt, die von den vier tragischen Liebesgeschichten der indischen Region Punjab inspiriert sind. Für „Sohni“ (benannt nach der Erzählung von Sohni Mahiwal, die auf dem Weg zu ihrem Geliebten in einem Fluss ertrank) legte Dang mehrere Sitar-Spuren übereinander, um die die wirbelnde Kakophonie von Wasser heraufzubeschwören, während sie auf „Love-Liesse“ traumartige, sanfte Streicher nutzt, um wiedervereinte Liebende zu symbolisieren.

Da auf Percussion verzichtet wird, ist Parted Plains ein amorphes Hörerlebnis, eines, das sich bauscht und jene atmosphärische Ambience bietet, die Eno beschreibt. Es ist aber auch viel mehr als das: eine selbstsichere und herausfordernde Sammlung von Tracks, die nicht in ein Spa oder eine Hotellobby passen würde, was dieses Album nur umso besser macht.



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