Ich bin der gottverdammte Batman, hocke auf dem schneebedeckten Dach eines Hutmachers und plane meinen nächsten Schachzug. Ich könnte versuchen, Black Mask zu finden – dieser Bastard hat eine hohe Summe auf meinen Kopf ausgesetzt und nun ist ist jeder zweitklassige Ganove, der über eine Schusswaffe verfügt, hinter mir her -, aber es macht mehr Sinn, mich zur Gotham National Bank zu begeben. Deadshot hat es sich dort mit etlichen Geiseln verschanzt und droht damit, diese nach und nach zu töten, wenn ich nicht bald auftauche. Gerade als ich von Dach springe und zu gleiten beginnen, werde ich alarmiert, dass ganz in der Nähe in Verbrechen im Gange ist, weshalb ich hinabsause, um die geschwätzigen Gauner BAM! POW! auszuschalten.
Dann begebe ich mich wieder auf die Dächer hinauf und mache mich auf den Weg zu den Geiseln, aber – oh, ganz in der Nähe befindet sich ein Rätsel des Riddler. Ich stoppe, um Batarangs auf blinkende Lichter zu werfen, worüber ich die Geiseln fast völlig vergesse. Aber das ist in Ordnung, denn ich löste das Rätsel, und nun bin ich endlich bei der Bank eingetroffen. Es gibt dort ein Waffenversteck, das ich zerstören kann? Nun, wen dem so ist, dann werde ich das einmal tun, nicht wahr? Die Waffen sind schließlich direkt vor mir.
Arkham Origins wird nicht durch seine Änderungen an der nahezu perfekten Arkham Formel oder durch die Verbesserungen bei den Mechaniken definiert, sondern durch die Ablenkungen, die es bietet. Meine Stiefel möchten, dass ich hierhin und dorthin wandere; meine Batclaw fleht mich gerade zu an, die dunkelsten Winkel zu erkunden. Und das werden Sie tun und Sie werden es lieben – aber aus verschiedenen Gründen, die von einer leblosen Stadt bis hin zu einem übervollen Gürtel (Utility Belt) reichen, werden Sie es nicht bedingungslos lieben.
Ein Problem: dieses Gotham, als Schauplatz, ist erschreckend uninteressant. Seine Straßen werden von verwirrten Kriminellen und korrupten Polizisten bevölkert. Es gibt keine Leute, die man retten, und keine Zivilisten, denen man helfen könnte, es gilt nur, Pläne zu vereiteln und Superbösewichte festzunehmen. Das wird zum Teil durch den Schnee und eine „citywide mandatory curfew" (Stadtweite Ausgangssperre) erklärt, aber A) wirklich, Leute? Deshalb ist niemand auf den Straßen unterwegs?, und B) das rechtfertigt nicht, dass es der Welt so völlig an Persönlichkeit fehlt. Sie ist zwar riesig und weitläufig, aber sie wirkt trotzdem klaustrophobisch. Sie ist schön und eindringlich, leer und tot und es mangelt ihr an Charme und Charakter.
Also, ja, die Stadt ist ziemlich glanzlos, aber das wird Sie vermutlich nicht allzu sehr stören,während Sie so ziemlich jeden verprügeln, der Ihren Weg kreuzt. Die Grundformel, die in Rocksteadys Spielen zu finden ist, wurde in Origins erfolgreich beibehalten, wodurch ein geschlossenes Ökosystem entsteht, in dem alles, was man tun kann, Spaß macht. Eine Mission übertragen bekommen? Spaß, denn der grundlegende Akt des Gleitens über Gotham und durch die finsteren Neben- und Hintergassen ist unglaublich. Gegen die Dinge und Leute zu kämpfen, die Sie finden? Macht Spaß, weil... kommen Sie schon, Sie wissen, wie unterhaltsam das Kampfsystem von Arkham ist. Batmans Angriffe und Gegenangriffe machen Gegner auf flüssige Weise kampfunfähig und gleichen einer Symphonie von Fäusten – er wird zu Mozart, sobald der Kampf beginnt. Das Kampfsystem war vorher schon perfekt - und in Origins ist es das ebenfalls.
Was Origins toll macht, sind vor allem die Features, die wir schon aus den vorherigen Spielen der Serie kennen, aber das verringert das Vergnügen nicht, dass eine 50-Treffer-Combo im Freeflow-Kampf bereitet, oder das Gefühl der Befriedigung, das sich einstellt, wenn man lautlos alle Feinde in einem Raum ausschaltet, ohne entdeckt zu werden. Wenige Spiele geben den Spielern das Gefühl, so fähig zu sein, wie es die Arkham Reihe tut, auch wenn es zu gelegentlichem Absacken der Framerate kommt. Dieses packende Gefühl der Macht ist besonders augenscheinlich im neuen Multiplayer-Modus, der zwei Spielern erlaubt, das dynamische Duo zu steuern, während sechs andere als Gangmitglieder mit Schusswaffen unterwegs sind. Das Ganze funktioniert ein wenig besser, als man erwarten würde, vor allem in den seltenen Momenten, in denen Sie als Bane oder Joker spielen können, aber der Mutiplayer-Teil bietet insgesamt zu wenig, um die Spieler mehr als einige Abende in den Bann wettkampfmäßigen Wahnsinns ziehen zu können.
Aber dann machen sich diese lästigen Schwächen wieder bemerkbar. Sie werden Ihren Moment der Extase als wirbelnder Derwisch der Zerstörung erleben, doch dann werden Sie sich in ein Gebäude begeben und herausfinden, dass das gelegentlich recht nachlässige Leveldesign wieder einmal dafür gesorgt hat, dass sich sich verirrt haben. Zum Teil ist dieses Problem auf Batmans fast schon komisch großen Gürtel voller Werkzeuge zurückzuführen. Sie werden explosives Gel auf Wände sprühen, Gitter mit der Baclaw herunter- beziehungsweise herausreißen, sich mit der Grapnel Gun in die Luft schleudern, Batarangs auf ahnungslose Ganoven werfen, Rauchbomben werfen, um Schüssen zu entgehen, und mit Hilfe des Cryptographic Sequencer Computer hacken – und das sind nur die Gegenstände, mit denen Sie das Spiel beginnen. Das Spiel animiert Sie dazu, Ihre Fähigkeiten ausgiebig zu nützen, denn es gibt ein Leveling System und neue „Dark Knight Challenges", die Sie mit Erfahrung und Fähigkeiten belohnen, wenn Sie Mini-Herausforderungen erfolgreich meistern – aber s ist ein wenig zu viel des Guten. Sie werden sich schließlich daran gewöhnen und sich folglich wie... nun ja, wie Batman fühlen, aber es dauert eine ganze Weile, bis Sie an diesem Punkt angelangt sind.
Das ist schade, denn Warner Bros. hatte eine gute Entschuldigung an der Hand, in Origins die Action ein wenig zurückzuschrauben. Sie schlüpfen in die Rolle eines wesentlich jüngeren Dark Knight als in den bisherigen Arkham Spielen, eines jungen Mannes, der erst seit wenigen Jahren Bumerangs aus Metall kauft. Das ist interessant und funktioniert gut und hätte verwendet werden können, um ein konzentrierteres Spielerlebnis zu kreieren. Dieser Bruce Wayne ist ein weniger erfahrener Kämpfer für recht und Ordnung, wodurch sich Roger Craig Smith – er ist Batmans neue Stimme - die Gelegenheit bietet, etwas Neues auszuprobieren. Das macht er nicht. Stattdessen bietet er uns eine Verschmelzung von Christian Bales "SWEAR TO ME!" und der klassischen Interpretation des Charakters von Kevin Conroy.
Smiths Batman klingt wie Ihr Freund, der eine wirklich gute Batman Stimme drauf hat. Das ist in Ordnung, aber er schafft es nie, über die Imitation hinauszukommen – und er schafft es nicht annähernd so gut, die Rolle mit Leben zu erfüllen, wie es Troy Baker mit der doch dankbareren Rolle des Joker gelingt. Bakers verrückter Clown ist absolut spektakulär und ähnelt Mark Hamills Interpretation klanglich hinreichend, um sofort erkennbar zu sein, ohne jedoch derivativ zu wirken. Das ist wirklich beeindruckend und hilft, die ohnehin schon überraschend gute Story auf eine noch höhere Ebene zu heben, auch wenn einige Gelegenheiten für echte Größe in der Story ausgelassen werden, weil Origins versucht, zu viel zu sein.
Und das ist das größte Problem von Arkham Origins. Können Sie sich noch an Batman Begins erinnern? Natürlich können Sie das – der Film war phänomenal und Sie haben ihn so ungefähr zwölf Mal gesehen. Ganz am Ende des Films sprechen Batman und Gordon auf dem Dach darüber, was des Dark Knights Bestimmung für die kriminellen Elemente von Gotham bedeutet. Er benützt ein einziges Wort, um seine Befürchtung zu beschreiben: Eskalation. Arkham City war groß und Arkham Origins droht, weil es versucht, an diese Größe heranzukommen, unter dem Druck einzubrechen, weshalb letztlich nur eine extrem unterhaltsame, mangelhafte Reise in ein leeres Gotham herauskommt.
PRO:Überraschend interessante Story; ausgefeiltes Gameplay und sehr unterhaltsame Kämpfe; dutzende Stunden Inhalt, was Ihnen reichlich Gelegenheit gibt, Gegner zu schlagen.
CONTRA: Batmans neue Stimme ist langweilig; Gotham wirkt seltsam leer; manche Abschnitte sind schlecht gestaltet.
Abschließende Bewertung
Spiel: 7,5
Spaßfaktor: 8,0
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