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DayZ Tagebuch: Der Tag, an dem ich mich entschließe, niemandem mehr zu trauen

 

dayz diary 06 01

Im letzten Tagebucheintrag erzählte ich genüsslich von meinem ersten Vorstoß in die aufregende Welt des kaltherzigen Banditentums. Aber dann passierte das Update und mein Charakter wurde zurückgesetzt. Ich finde mich also einmal mehr a Strand wieder, nur mit einem T-Shirt bekleidet, durstig, unbewaffnet und hilflos. Aber das macht mir nichts, denn einige der besten Geschichten in DayZ ergeben sich, wenn man noch ganz am Anfang der Nahrungskette steht.

Ich befinde mich in Berezino. Die Stadt wurde bereits von zahllosen Spielern ausgeplündert, so dass ich nur noch eine Axt, einen Rucksack und einige Dosen Bohnen finde. Als ich gerade den Supermarkt nach Brauchbarem durchsuche, stoße ich auf einen anderen Spieler. Er ist auch gerade erst neu (oder wieder) ins Spiel eingestiegen und hört sich über Voice Chat freundlich genug an. "Do you want to go to the north-east airfield and get some better loot?" fragt er. Ich stimme zu und wir brechen ins Landesinnere auf.

Wir machen während des Marsches ein wenig Smalltalk und tauschen Namen aus. Ich habe keinen Kompass, aber ich habe den Eindruck, dass wir in die richtige Richtung gehen. Unterwegs stecken wir unsere Köpfe in einige Gebäude, aber sie wurden ebenfalls schon ausgeräumt. Der Server ist voll, weshalb das wirklich nicht überrascht. Wir wandern ungefähr fünf Minuten dahin und kommen schließlich zu einer nicht asphaltierten Straße, als plötzlich eine Figur aus dem Gebüsch auftaucht.

"Put your hands up." (Hände hoch) Ich gehorche. Ich habe allerdings kaum eine Wahl, da ein M4 auf meinen Kopf gerichtet ist. Der Bandit legt mir Handschellen an und befiehlt mir, auf die Knie zu gehen. Ich frage mich, warum er sich nicht weiter um meinen neuen Freund kümmert, der die ganze Zeit hindurch ausgestreckt am Boden liegt. Dann verstehe ich, was vor sich geht. Sie arbeiten zusammen. "That'll teach you to trust people!" (Das wird Dich lehren, Leuten zu vertrauen!) lacht der Verräter, während er meine Axt und meinen Rucksack stiehlt. Ich bin wütend, aber auch beeindruckt. Ich bin wütdruckt.

Sie lassen mich frei, aber da ich nicht in Unterhosen nach Berezino zurückgehen möchte, bitte ich sie, mich zu töten. Mein ehemaliger Kurzzeitfreund lehnt das ab und meint, sie wären „nette Banditen“, aber sein Freund tritt an mich heran, lädt lautlos seine Pistole und drückt ab. Nun verstehe ich, warum so viele Spieler in DayZ jeden sofort töten, dem sie begegnen, selbst wenn es sich allem Anschein nach um ein harmloses Bambi handelt. In Chernarus gibt es mehr hinterhältige Bastarde als in Westeros und Deadwood zusammengenommen.

Mein Stolz hat enorm gelitten und ich bin paranoider denn je, aber ich bin noch immer nicht gewillt, jeden sofort zu töten. Für mich machen die Interaktionen mit anderen Überlebenden nämlich gut die Hälfte des Spaßes aus. Ich starte einen neuen Charakter. Nachdem ich mit einem Freund einen erfolgreichen Abstecher zum nordwestlichen Flugfeld gemacht habe, bin ich wieder halbwegs gut ausgerüstet. Ich verfüge über ein Mosin, ein gutes Zielfernrohr und eine Schachtel Munition und trage eines dieser nett aussehenden militärischen Baretts, die mit dem Update neu hinzukamen. Mein Freund steigt aus dme Spiel aus, weshalb ich allein die Südküste entlanggehe.

Während ich auf der Landstraße unterwegs bin, die Solnichny und Kamyshovo verbindet, werde ich von drei Frischlingen verfolgt. Sie fragen mich ob sie sich mir anschließen dürfen, und ich stimme zu, da ich sie keine Sekunde lang für eine Bedrohung halte. Ich habe schließlich ein Gewehr. Wir stoßen auf einen Zombie, den ich mit meiner Axt erledige, aber leider kann er einen Treffer landen, ehe er zusammenbricht. "Dude, you've been hit!" (Hey, Du wurdest getroffen) sagt einer der Frischlinge. "You better bandage up!" (Du solltest Dich verbinden). Narr, der ich bin, mache ich das. Während ich in der Animation gefangen bin, fängt der Typ an, mir auf den Kopf zu schlagen.

Ich hole meine Axt hervor. "Sorry! I just wanted your loot!" (Entschuldige! Ich wollte nur die Beute!) Ich hole aus und schlage nach ihm, aber er läuft im Kreis und trifft mich immer wieder mit den Fäusten. Dann beteiligt sich auch noch ein zweiter Frischling. In dem Durcheinander töte ich alle drei, darunter auch denjenigen, der mich nicht attackierte. „Netter Versuch, Arschloch“, fluche ich über Voice Chat. Ich blute noch immer und die Farben auf meinem Bildschirm werden immer matter. Ich verbinde meine Wunden und gehe dann weiter nach Westen, aber mit stets schussbereitem Gewehr. Wie Roger Daltrey einst sang: „I won't get fooled again“.

Dies ist der Wendepunkt für mich. Nach 75 Stunden DayZ – nach 75 Stunden fast ständiger Täuschung, des Verrats und hinterhältiger Machenschaften – habe ich entschieden, dass genug genug ist. Von jetzt an werde ich, wenn ich allein spiele, jeden töten, den ich sehe. Selbst wenn es ein Frischling im T-Shirt ist, wird er ohne Zögern sofort erschossen. Chernarus hat mich ruiniert. Ich bin Christopher Walken am Ende von The Deer Hunter: ein verstörter Schatten meines ehemaligen Selbst, mit toten Augen und völlig abgestumpft durch die Schrecken, die ich gesehen habe.

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