Seit dem letzten Update hängt eine dunkle Wolke der Schwermut über Chernarus. Auf den meisten Servern, auf denen ich zu spielen versuche, regnet es unablässig und das hat die Atmosphäre des Spiels komplett verändert. Die unheilschwangeren grauen Himmel, der trommelnde Regen und der krachende Donner sind viel post-apokalyptischer als diese wolkenlosen, sonnigen Tage. Jetzt ist alles so verdammt filmhaft, ob es sich nun um eine Schießerei auf einem Flugfeld oder das Erkunden einer verlassenen Stadt handelt.
“Are you French?” (Bist Du Franzose?) Ich befinde mich ein paar Meilen nördlich von Kamyshovo und zwei Spieler in militärischer Aufmachung und mit Cownsmasken über den Gesichtern nähern sich mir. Ich trage ganz gewöhnliche zivile Kleidung, doch mein Jagdrucksack und das modifizierte M4 Gewehr auf meinem Rücken lassen erkennen, dass ich relativ gut ausgerüstet bin. “No”, antworte ich und hebe meine Hände. Ich habe mittlerweile akzeptiert, dass ich sterben werde, da heutzutage nur zwei Arten von Leuten die Payday Masken tragen: neue Spieler, die es noch nicht besser wissen, und absolute Arschlöcher.
Diese Typen, stellt sich schnell heraus, sind letzteres. “Where are you from?” (Wo kommt Du her?), fragen sie. “Germany“, antworte ich und frage mich kurz, ob es besser gewesen wäre, sie anzulügen und mit französischem Akzent zu sprechen. Aber bevor ich einen auf ‘Allo ‘Allo! Machen kann, schießen sie mir in den Kopf. Es ist die schlimmste Art von DayZ Tod: brutal, sinnlos und verursacht durch die Waffen zweier dämlicher Banditen, die über keinerlei Geist und Phantasie verfügen. Fesselt mich wenigstens mit Handschellen und zwingt mich Desinfektionsmittel zu schlucken oder irgendwas. Verdammt. Während in der Ferne Donner grollt, höre ich, wie Sie sich die besten Stücke aus meinem sorgfältig organisierten Inventar holen.
als ich das nächste Mal spiele, ist es eine viel angenehmere Erfahrung. Ein Freund und ich – wir tragen die gleichen Cowboyhüte – machen einen Beutezug durch den mittleren Teil der Karte, wobei wir Green Mountain, Stary Sobo einigen Kleinstädten und einer Militärbasis einen Besuch abstatten. Ich bin mit einem SKS mit einer ordentlichen Menge Munition bewaffnet und Tobias hat eine Pistole mit einer einzigen Patrone in der Kammer, weshalb wir uns entschließen, zum nordwestlichen Flugfeld aufzubrechen, einem berüchtigt gefährlichen PvP Hotspot, wo man immer hochwertiges militärisches Gerät finden kann – sofern die Server-Springer noch nicht alles geplündert haben.
Wir gehen um die riesigen Betonlandebahnen des Flugfelds herum, wobei wir, so gut es geht, im Gebüsch bleiben, und suchen die Umgebung nach anderen Spielern ab, die vielleicht auf dieselbe Idee gekommen sind wie wir selbst. Ich entdecke auf der anderen Seite der Landebahn etwas, das wie ein im Gras liegender Spieler aussieht. „Es ist ein Scharfschütze!“ rufe ich Tobias zu. Wir bewegen uns vorsichtig durchs Gebüsch und behalten dabei den Spieler stets im Auge, bis es uns gelungen ist, ihn zu umgehen und ihm in den Rücken zu fallen, wobei wir plötzlich erkennen müssen, dass es sich um einen... Baumstamm handelt. Die Anspannung und die Paranoia, die ich verspüre, wann immer ich mich in der Welt von DayZ bewege, spielen mir immer wieder solche Streiche. Einmal hielt ich einen Busch in der Ferne für einen Spieler, der mit dem Gewehr auf mich zielt, und streckte meine Hände in die Höhe.
Wir gehen zu den Hangars. Das Flugfeld sieht verlassen aus, weshalb wir uns auf den Weg zur Feuerwache machen, als ich plötzlich einen anderen Spieler entdecke. Diesmal einen echten. Wir beobachten ihn eine Weile, aber er scheint zu verschwinden. Deshalb machen wir uns wie Narren daran, die Feuerwache, den AT Turm und die anderen Gebäude nach beute abzusuchen. Als ich gerade oben auf dem Turm bin, höre ich den verräterischen Knall eines Mosin. „Jemand schießt auf mich!“ sagt Tobias, der über die Landebahn läuft, verfolgt von einem bewaffneten Spieler.
Ich gerate in Panik und feuere alle sechs Schuss meiner Magnum in die generelle Richtung des feindlichen Typen ab, treffe aber selbstverständlich nicht. Ich greife zu meinem SKS und ziele genau, nur um zu erkennen, dass er mit seinem Gewehr auf mich zielt. Ich schaffe es, den ersten Schuss abzufeuern und er geht zu Boden. Mein Herz pocht wie verrückt.Tobias und ich bringen über Voice Chat unsere Erleichterung darüber zum Ausdruck, dass wir noch leben, was wirklich verwunderlich ist. Wenn man Orte wie das nordwestliche Flugfeld aufsucht, akzeptiert man die Tatsache, dass irgendjemand auf einen schießen und man selbst vermutlich sterben wird, weshalb es immer eine angenehme Überraschung ist, wenn das nicht passiert.
Während wir den Leichnam plündern – hey , er schoss zuerst auf uns, weshalb das erlaubt ist – bemerken wir einen anderen Spieler, der lang hingestreckt daliegt und in unsere Richtung rollt. Wir zücken unsere Waffen und zielen auf ihn. “Woah, what are you doing, buddy?” fragt Tobias. Der Mann antwortet auf Russisch, aber kann zum Glück genügend Englsich, um uns mitzuteilen, dass er sich beide Beine gebrochen hat und möchte, dass wir ihn töten. Ich komme seinem Wunsch nach und jage ihm eine Kugel in den Kopf. Ein düsterer Moment, aber einer, der durch den Regen und den krachenden Donner rund um uns noch düsterer wird.
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