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Ein Witcher 3 Tagebuch, Tag 5: Strom



Fortsetzung eines Tagebuchs meiner Abenteuer in The Witcher 3. Diesmal gibt es keine Spoiler.
Es ist in den Bäumen. Es kommt. Ich bin unterwegs. Ein angegrauter Blitzstrahl, laufender Zorn und Hunger, ein Ziel im Sinn, aber mehr als gewillt, mich unterwegs von allem und jedem ablenken zu lassen. Blumen pflücken, über Zäune springen, laufen und angreifen, ständig auf der Suche nach Ärger und einem guten Kampf, einen richtigen Kampf herbeisehnend.

Mit unheimlicher Konzentration verzerrt sich die Welt, die Geräusche von Tieren oder Menschen als Geplätscher in einiger Ferne. Ziele. Kampf. Belohnung. Durchs Gehölz preschen, um eine Gruppe von Männern zu attackieren. Einer ist halbnackt. Ein anderer hat einen Schild. Sie sind Banditen und damit Feinde. Ich denke kurz “Woher wissen wir, dass wir einander hassen?“, aber für mehr bleibt keine Zeit. Schwerter heraus, magisches Feuer, so viel Tod. Sie schneiden in mein Fleisch, bringen mich zum bluten, aber sie können nicht gewinnen; sie werden in Stücke gehauen, blutige Fetzen, glitzernd, freigelegte Lebern und verlockende Beute. Macht mich das zu einem Helden? Waren sie meine Feinde? Ich weiß, das sie meine Belohnung waren, und das ist alles, was zählt.



Weiterlaufen, die endlose Jagd. Ich habe ein Ziel im Sinn, aber ich weiß nicht, wonach ich suche. Ich sehne mich nach Ablenkung, ich möchte kämpfen, nur um zu kämpfen, ich möchte glauben, dass es von Bedeutung ist. Kurz zerrt mich mein Verstand aus der Spielwelt in die Realität zurück, zu mir hier und jetzt, und wirft die Frage auf, warum ich das tue, warum ich auf diesem Bildschirm laufe und kämpfe, anstatt irgendetwas anderes zu tun, doch das kitzelnde Adrenalin sorgt dafür, dass ich wieder in die brutale Fantasy-Welt eintauche, ehe der Gedanke allzu konkret werden kann.

Ich laufe. Ich könnte stattdessen reiten, die Option steht immer zur Verfügung, aber das Reiten wirkt wie eine Unterbrechung, wie etwas zu Durchdachtes und Schwerfälliges, das diesem Adrenalinrausch von Stiefeln am Boden in die Quere kommt, diesem Eilen und Hoffen auf Ärger und der Möglichkeit, sofort zu reagieren. Das Pferd ist schneller, aber es macht mich langsamer: ich verschmähe das Tier, ich möchte, dass jeder Schritt mein eigener ist, nicht der eines anderen.



Was passiert als nächstes? Drowners, blaue Wassermänner, denen das Böse ins Gesicht gemalt ist, so dass sich mein Gewissen überhaupt nicht bemerkbar macht. Ich setze ihnen mit Feuer und Silber zu, während sie versuchen, mich zu schlagen. Es gelingt ihnen fast mich zu töten, aber mein Schwung sorgt dafür, dass ich letztlich siegreich bleibe. Jetzt zu verlieren, wäre eins schwerer Schlag; der Verlust des Lebens würde mich nicht sonderlich stören, aber ich möchte mich unbedingt weiterbewegen. Zwingt mich nicht zu stoppen.

Was passiert als nächstes? Ein Feld und dann eine Stadt, Leute, ein Wechsel des Rhythmus, zugleich Ärger darüber, dass niemand mit mir sprechen möchte, und Erleichterung, da mir dies die Freiheit gibt, nach Lust und Laune die spärlichen Shops aufzusuchen, wo ich ungeduldig nach besserer Ausrüstung suche und alles loswerde, was nicht so gut ist. Ich bin ständig auf der Suche nach noch so kleinen Verbesserungen, die mir helfen meinen mörderischen Schwung beizubehalten, sobald ich da draußen bin, in den Wäldern, auf den Feldern, an den Stränden, grimmig tanzend, weil es wie ein Zweck, ein Ziel wirkt.



Ein Fragezeichen. Ich laufe blindlings auf es zu, es ist mir egal was ich finden werden, es spielt keine Rolle, ob es tödlich ist, denn ich brauche nur das Hoch, den Schwung, den Impuls: was immer dort ist, soll mein Blut in den Adern pochen lassen, damit ich weiter glauben kann, ein Held zu sein, mehr zu sein, als ein Staubsauger für Markierungen auf der Karte. Mitunter kommt es zu einem Gespräche. Ich versuche aufzupassen; sie sehen traurig aus oder sie lügen mich fast offen an, aber ich weiß, dass es auf jeden Fall einen Kampf zur Folge hat, weshalb ich es kaum erwarten kann, zu diesem Kampf zu eilen. Ich kann es kaum erwarten, zur nächsten gefährlichen Situation zu laufen. Was sind diese Kreaturen? Ghouls? Muss ich mehr tun, als ein Schwert zu schwingen, mit Feuer zu werfen, schnell ein paar heilende Tränke hinunterzustürzen? Nein? Gut. Erledigt.

Aber ich halte kurz inne, nachdem der Kampf vorüber ist. Fast jeder Gegner lässt etwas zurück – und diese Dinge muss ich einfach haben, ob es nun ein Schwert ist oder Gehirnmasse. Ich stopfe meine Taschen mit den grauenhaftesten Andenken und dem wertlosesten Metall voll, da alles davon irgendwie zu dem beträchtlichen verfügbaren Reichtum beitragen wird, dessen einziger Zweck darin besteht, mich stärker und widerstandsfähiger zu machen, damit ich noch besser kämpfen und zu immer weiteren Kämpfen laufen kann.



Ich laufe und ich kämpfe und ich laufe. Nicht ununterbrochen, auch wenn ich das gerne könnte. Ich werfe schnell einen Blick auf die Karte, da ich wissen muss, ob diese Richtung mich irgendwohin führen wird oder ob ich dabei bin, in meinen eigenen blutigen Spuren zurückzugehen. Und ich möchte sicherstellen, dass ich auf nichts stoße, dass versuchen wird, mir vorzuschreiben, wie ich meine Zeit zu verbringen habe. Ich möchte nur anhalten und eine Weile lauschen, wenn ich dazu bereit bin – und das ist nicht oft der Fall. Ich sehne mich nach dem großen und endlosen Wald und den weiten und endlosen Ebenen, um sie zu durchqueren und ein Leben gewalttätiger Leichtigkeit zu führen. Etwas zu fühlen. Das Gefühl zu haben, etwas zu tun. Mich wie ein Held zu fühlen.

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