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23.08.2019

The Murder Capital: When I Have Fears (Albumkritik)


The Murder Capital band


The Murder Capital: When I Have Fears (Human Season Records)



Post-Punk ist in den letzten Jahren ein sehr einträgliches Genre für viele junge Bands, die eine Karriere daraus machen, wie ein Faksimile von Joy Division zu klingen. Das in Dublin beheimatete Quintett The Murder Capital ist mit dieser Band sicher sehr vertraut, weshalb nicht überrascht, dass manche von Diarmuid Brennans Staccato Drum Beats perfekt auf Unknown Pleasures passen würden. Doch die Klangpalette der Gruppe ist aus Elementen aus Jahrzehnten des Genres zusammengesetzt und bedient sich ebenso bei frühen Stars wie Modern English und aktuelleren Tempomachern wie Idles; treibende Gitarren finden sich neben sanfteren Klängen von Klavier und Geige.

Als junger Tontechniker arbeitete der nunmehrige Produzent Flood an Aufnahmen von New Order, Nick Cave und The Sound mit; nun half er The Murder Capital dabei, ihre fulminanten Live-Darbietungen in ein Debüt zu kanalisieren, das verstörend und aufregend ist. Es gibt seltsame Geräusche in finsteren Ecken und Überraschungen, wenn man sie am wenigsten erwartet. Der Song „For Everything“, der dieses Werk eröffnet, entlädt sich mit elektrischen Schocks, aber zuckt vor dem Abgrund zurück, um zu etwas Elegischeren und Traurigeren zu werden. „More Is Less“ und „Feeling Fades“ sind wütend und brutal, während „Slowdance I“ und „Slowdance II“ nachdenklich sind und unter der Oberfläche brodeln. Auf „Twisted Ground“ ist ihre entwaffnend schönste Melodie zu finden: Sänger James McGovern singt sanft über Gabriel Blakes ergreifend hübscher Basslinie.

Themen wie Furcht vor dem Erwachsenwerden, Trauer, Angst und Verletzlichkeit sind wahrlich nicht revolutionär, aber hier sind sie mehr als bloße Versatzstücke. Ein Unterton existentiellen Unbehagens (momentan festgemacht, als McGovern eine “frail democracy” anspricht)vermischt sich mit rauen persönlichen Problemen. Der Selbstmord eines Freundes inspirierte den Namen der Band und bildet so etwas wie den emotionalen Rahmen des Albums. „Green & Blue“ – geschrieben nach dieser tragischen Tat – greift eindringlich nach einer Verbindung, die nicht mehr da ist.

Don’t Cling to Life“, geschrieben nach dem Tod der Mutter eines Bandmitglieds während der Aufnahmen, sinniert über die Lieblichkeit und die Kürze des Lebens (“There’s nothing on the other side”). Und trotzdem ergibt sich die Band nie ganz der Trübsal. Das erhebende, menschliche Herz dieser Songs wird von der epischen Schlussnummer „Love, Love, Love“ versinnbildlicht, denn dieser Track ist gerade zu Philip Larkins Zeile “What will survive of us is love” in musikalischer Gestalt. Dies ist ein herausragendes Debüt einer großartigen neuen Band, die spielt, als meine sie es wirklich ernst.





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