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14.09.2019
The Highwomen: The Highwomen (Albumkritik)
The Highwomen: The Highwomen (Low Country Sound/Elektra)
1985 musste Johnny Cash mit ernster Mine den wohl albernsten Text seiner Karriere singen. Es war an ihm, die letzte Strophe von Jimmy Webbs „Highwayman“ darzubieten. Dieses Lied diente der Supergruppe, der Cash damals angehörte, als Titelsong. Also trat er ans Mikrophon und intonierte: “I fly a starship / Across the universe divide.” Brandi Carlile und Amanda Shires schrieben diesen Song nun für ihre eigene Supergruppe, zu der auch noch Maren Morris und Natalie Hemby gehören, um und verzichteten dabei auf die schwellenden Muskeln der Rollen des Originals (neben dem Raumschiff-Kapitän gab es einen Straßenräuber, einen Matrosen und einen Bauarbeiter, der einen Damm errichtet) und warten stattdessen mit einem Flüchtling, einer Ärztin, die in Salem als Hexe getötet wurde, einer Freiheitskämpferin und einer Predigerin auf. Das Resultat ist noch immer rührselig, aber als Entgegnung zu dem Männer-in-Schwarz-Outlaw-Konzept der Highwaymen erfüllt es seinen Zweck und fügt das, was folgt, entschieden in die lange Tradition der Countrymusik ein, aber macht auch klar, dass die Highwomen wenig von alten Klischees halten: “Rosie the riveter with renovations”, wie es „Redesigning Women“, der zweite Track formuliert.
Wie es bei Supergruppen so oft der Fall ist, ist das Projekt nicht immer ein voller Erfolg. Dass alle vier Künstlerinnen möglichst gleichberechtigt zu hören sein müssen, ist verständlich und fair, aber wenn sie sich in einem Song beim Leadgesang abwechseln, etwa in „Redesigning Women“, verwässert dies die Wirkung und lässt nie recht das Gefühl aufkommen, die Texte wären persönlich. Manche Songs wurden gemeinsam mit hochkarätigen Songwriters geschrieben (Lori McKenna, Ray LaMontagne und Shires’ Ehemann Jason Isbell), aber sie benötigen diese Unterstützung nicht wirklich: das von Carlile-Shires-Hemby gemeinsam geschriebene „My Name Can’t Be Mama“ tobt vergnügt vor sich hin. Das Highlight und zugleich die mutigste Nummer ist die fabelhafte Ballade „If She Ever Leaves Me“, die von Shires und Isbell zusammen mit Chris Tompkins verfasst wurde, , ein homoxexuelles Liebeslied, das einen männlichen Verehrer warnt: “If she ever leaves / It’s gonna be / For a woman with more time / Who’s not afraid to let her dreams come true.”
Vier Stimmen sind nicht immer stärker als eine, und die kollegiale Natur des Albums lässt den Wunsch nach mehr Zielstrebigkeit und einer klareren, persönlicheren künstlerischen Note aufkommen. Aber allen, die zum Beispiel Margo Prices All American Made mögen, wird hier allerhand geboten.
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