Gestern Früh stand ich auf und widmete mich dem frisch erweiterten World of Warcraft, wobei ich einen brandneuen Pandaren-Charakter spielte. Ich bin noch immer kein wirklich großer Fan des Designs von WoW – ich war es nie, aber das hängt mit meinen persönlichen Vorlieben zusammen -, aber ich muss zugeben, dass der kräftige blaue Streifen im Zopf meiner Pandaren ein niedlicher Einfall ist. Auch wenn mir nicht gerade gefällt, wie sie läuft, kann ich mich doch daran gewöhnen, und die kräftigen Farben der Landschaften, durch die sie sich fröhlich ihren Weg bahnt, wobei sie so manchen Feind unschädlich macht, weiß ich zu schätzen. Die Erweiterung ist durchaus unterhaltsam, auch wenn sich die Handlung zunächst etwas langsam entwickelt.
Nach ungefähr einer halben Stunde beging ich meinen ersten Fehler: Ich versuchte, einen Dolch zu werden, während ich auf mein Ziel zu rannte. Eine rote Fehlermeldung erschien auf dem Bildschirm und erinnerte mich freundlicherweise daran, dass ich keine Zauber wirken kann, während ich mich bewege. Ich hielt also inne und warf meinen Dolch noch einmal, wobei ich hoffte, dass mein Gegner dann auf mich zukommen würde. Ich wartete geduldig, bis er mir nahe genug kam, damit ich meine anderen Kampfkünste anwenden konnte.
Mein zweiter Fehler bestand darin, ernsthaft zu versuchen, denn Tritten des Geistes eines Pandaren-Mönchs auszuweichen. Ich rannte herum und sah wie ein Narr aus, als ich versucht, die richtige Position zu finden, um den Tritten und Schlägen zu entkommen, aber es gibt keine Möglichkeit, dem Angriff einer Meute auszuweichen, wenn diese einen ins Visier genommen hat. Ich konnte mich nicht ducken und auch nicht zur Seite abrollen und ich konnte nicht angreifen, während ich in Bewegung war.
Mein dritter Fehler bestand darin, mit dem Cursor über neuen Waffen und Rüstungen in meinem Inventar und im Charakterschirm zu schweben, wobei ich verzweifelt erreichen wollte, dass mir Tipps gezeigt würden, die es mir erlauben, die Werte meiner derzeitigen Ausrüstung mit denen der neu erworbenen Gegenständen in meinen Taschen zu vergleichen. Doch leider wurde nichts angezeigt.
Nach einer Stunde intensiven Spielens und einer hilfreichen Tasse Kaffee ging mir endlich auf, dass all diese albernen Fehler, die mir da unterliefen, darauf zurückzuführen waren, dass ich in letzter Zeit moderne MMORPGs wie Guild Wars 2 und The Secret World gespielt habe.
World of Warcraft verhält sich leider ganz anders als Guild Wars 2; es verhält sich eben genau wie World of Warcraft. Hätte ich nicht so früh am Morgen gespielt, hätte ich mich vermutlich komplett zum Narren gemacht, indem ich jemandes Kill oder Gegenstand gestohlen hätte, ohne es zu beabsichtigen. Ich wäre ein fieser Spieler gewesen, aber nicht aus Bosheit, sondern weil ich dieses doch schon in die Jahre gekommene Gameplay nicht mehr gewöhnt war. Neuere Spiele haben mich gelehrt, nicht zu warten, bis die Reihe an mir ist, sondern mich gleich ins Geschehen zu stürzen und zu helfen.
Das generelle Feeling, dass sich bei mir während meiner ersten intensiveren Beschäftigung mit den Inhalten von Mists of Pandaria am gestrigen Tag einstellte, ist, dass World of Warcraft selbst mit seiner neuesten Erweiterung ein Produkt seiner Zeit bleibt — einer Zeit, die jetzt schon archaisch wirkt. Mit WoW wurde das MMORPG zwar nicht erfunden, aber als das Spiel 2004 erschien, entwickelte es das Genre auf eine Weise weiter, die dafür sorgte, dass es in der Folge zu einem enormen Boom kam. Seit damals muss ich jedes neue MMORPG den Vorwurf gefallen lassen, ein WoW Klon zu sein.
Für einen Spieler, der nie ein großer World of Warcraft Fanatiker war, streichen die kleinen Veränderungen, die das Genre und die Videospielindustrie insgesamt in den letzten acht Jahren erfahren haben mehr als deutlich heraus, wie hohl diese Anschuldigung klingt. Der statische Kampf der WoW Ära wurde in neueren Spielen durch dynamischere, flüssigere Bewegungen ersetzt.
In Guild Wars 2 setzt man nicht mehr darauf, sich auf isolierte, klanartige Weise möglichst schnell durch die Welt zu bewegen, sondern man gibt den Spielern die Möglichkeit, in der Spielwelt viel mehr zu erleben und zu erkunden. Einhundert Spieler könnten auf der Wandering Isle von Pandaria nebeneinander stehen, doch jeder wäre nur mit seinem eigenen Quest Log beschäftigt. Wenn ich überhaupt auf andere Spieler achte, dann nur, weil sie mir in die Quere kommen; das Spiel bietet, zumindest in den niedrigen Levels, keine Mechanik, die es ermöglichen würde, einander zu helfen.
Ich kann in Pandaria die ausgetretenen Pfade verlassen, aber es gibt keinen Grund, dies zu tun. Ich werden keine Aussichtspunkte finden, die mir einen Blick auf die wunderbar gestalteten Landschaften ermöglichen, und ich werde unter dem Laub auch keine Beute und keine Bücher, die die Geschichte der Welt ausführlicher darlegen, finden. Wenn ich hier von der Straße abkomme, stolpere ich hier nicht in neue und aufregende Abenteuer; es bedeutet nur, dass ich meinen Weg zurück finden muss, während mich nervende Affen zwicken.
Nach einem Monat in Guild Wars 2 wirkt Mists of Pandaria wie eine Zeitmaschine, die mir vor Auigen führt, wie weit sich das MMORPG-Genre in den vergangenen acht Jahren entwickelt hat – und wie alt die Neuerungen wirken, mit denen World of Warcraft einst zu begeistern wusste. Der König aller Online-Spiele ist mittlerweile so alt geworden, dass er gut daran täte, sich ein wenig von seinen jüngeren Geschwistern inspirieren zu lassen.
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