In den späten 1990-ern war der Name James Bond ebenso gleichbedeutend mit First-Person-Shootern wie Marios Name mit Platforming. Aber die Zeiten haben sich stark gewandelt, seit 007 an der Spitze des Genres stand, denn nun spielen wir schon lange nicht mehr auf der N64. Heutzutage ist Activisions Call of Duty Reihe der regierende König und die alljährlichen Veröffentlichungen von 007 Spielen wirken mehr und mehr wie eine lästige Verpflichtung von Seiten des Publishers als ein ernsthafter Versuch, alte Gefühle für den Charakter neu zu entfachen. 007 Legends ist der aktuellste Versuch, die durchwachsene Videospielkarriere des Agenten wiederzubeleben. Über das Spiel verteilt finden sich interessante Ideen, aber insgesamt ist es eher Quantum of Solace als Casino Royale. Tatsächlich ist es sogar am ehesten Austin Powers in Goldmember.
Im Launch Trailer können Sie die verschiedenen Schauplätze sehen
007 Legends beginnt mit einer Szene des demnächst in die Kinos kommenden Skyfall. Daniel Craigs James Bond wird von der Kugel eines Scharfschützen getroffen, während er in einem fahrenden Zug kämpft und stürzt daraufhin über einen Abhang in einen tief unten gelegenen See. Während er in den nassen, dunklen Tiefen versinkt, blitzen seine vergangenen Abenteuer vor seinen Augen auf, was Ihnen die Gelegenheit gibt, verkürzte Höhepunkte seiner klassischen Spionagefilme durchzuspielen. Selbst Bonds Nahtoderfahrungen sind cool.
Wie nicht anders zu erwarten, verbringen Sie einen Großteil des Spiels mit der Schusswaffe in der Hand, während Sie sich als Bond durch Szenen aus Goldfinger, On Her Majesty's Secret Service, Die Another Day, License to Kill und Moonraker kämpfen, wobei Sie während der gesamten Spieldauer von rund fünf Stunden unzählige Handlanger töten. Es gibt Momente, in denen das Schießen in Legends wirklich Spaß macht einige Schießereien sind aufregend und Gangster auszuschalten, die nicht genau zielen, lässt ein echtes James-Bond-Feeling aufkommen -, aber über weite Strecken sind die großangelegten Kämpfe bemerkenswert langweilig. Jedem Film sind eigene Levels gewidmet, die demselben Grundrhythmus folgen, wobei Sie Bond steuern, während er sich von einem uninteressanten Kampf zum nächsten schießt und nur gelegentlich für frustrierende Fahrsequenzen innehält, ohne die das Spiel besser wäre, auch wenn dadurch für ein wenig Abwechslung gesorgt wird.
Manchmal erlaubt man Ihnen jedoch, mehr zu tun, als einfach nur durch Gänge zu rennen und generische Feinde mit Blei vollzupumpen. Einmal besteht Ihre Aufgabe darin, sich unter Einsatz von Bonds Gadgets durch Räume voller Wachen zu schleichen, ein anderes Mal müssen Sie einen Bereich nach Hinweisen absuchen. Diese Segmente können überraschend gut funktionieren. Sie sind noch immer nicht toll oder auch nur wirklich gut, aber sie sind zumindest brauchbar und sorgen dafür, dass sich 007 Legends für einige Momente von anderen Titeln des Genres unterscheidet.
Die gelegentliche Nahkampfsegmente fallen in dieselbe Kategorie und verdienen Punkte für Originalität, auch wenn ein wenig eintönig und simpel sind. Es ist seltsam, dass 007 Legends, das nach dem Modell der Shooter von Treyarch und Infinity Ward gestaltet ist, gerade dann versagt, wenn es darum geht, dass zu tun, was Call of Duty am besten macht, und seine besten Momente hat, wenn es versucht, den ausgetretenen Pfad zu verlassen.
Diese gelegentlichen Momente ambitionierten Gameplays haben keinerlei Auswirkung auf die Story, die zusammenhanglos von Handlungsstrang zu Handlungsstrang joggt, ohne auch nur die geringste Absicht zu haben, eine geschlossene Spielerfahrung zu bieten. Die Story wirkt unzusammenhängend und schnell zusammengestöpselt, da kein Versuch unternommen wird, diese Momente aus verschiedenen Spielen irgendwie miteinander zu verknüpfen oder auch nur zu erklären, warum sich James Bond ausgerechnet an diese speziellen Abenteuer erinnert. Außerdem fehlt der Kontext: Bond-Fans werden wissen, warum eine mit Gold bemalte nackte Frau am Beginn des Goldfinger Levels herumliegt, aber alle, die die alten Abenteuer von Doppelnullsieben nicht kennen, werden nicht wissen, was es mit der Dame auf sich hat.
Selbst eingefleischte Fans werden trotz der ständigen Anspielungen auf klassische Szenen vermutlich das eine oder andere Problem mit der Art und Weise haben, wie Geschichte erzählt wird. Alle Filme werden in moderne Settings gezwungen, auch wenn das nicht immer viel Sinn macht. Deshalb hat dieses Spiel mit demselben Problem zu kämpfen wie das Goldeneye Remake: Dem allmächtigen Smartphone wird zu große Bedeutung beigemessen, wodurch ein Bond geschaffen wird, der weniger geschmeidig und gerissen wirkt als je zuvor. Aber wesentlich schlimmer ist, dass wunderbare Bond-Bösewichte und Nebencharaktere auf kurze Zitate reduziert werden und nur hereingerollt werden, um ihre Texte vor einem gelangweilten Daniel Craig aufzusagen, worauf sie wieder in der Versenkung verschwinden, bis die Zeit für einen weiteren Nahkampf gekommen ist. Man könnte das Ganze einfach als „Fan Service“ abtun, aber das wäre nur eine schwache Ausrede.
Und obwohl das alles ziemlich problematisch ist, ist es noch wesentlich verstörender, dass die Story überhaupt kein Ende hat. Sobald der Moonraker Level (sehr abrupt) endet, beginnt der Abspann, der kostenlose herunterladbare Skyfall Inhalte für Anfang November verspricht. Dieses DLC Pack ist nicht einfach nur eine weitere Mission – es ist das eigentliche Ende des Spiels. Der Umstand, dass 007 Legends in den kommenden Wochen weitere Inhalte erhält, ist nicht das Problem (es ist sogar eine kluge Methode, den kommenden Film zu integrieren, ohne an den Veröffentlichungstermin desselben gebunden zu sein), doch wenn die wichtige Rahmenhandlung, die im Spiel beginnt, nicht im Spiel selbst abgeschlossen wird, ist das unverzeihlich.
Sehen Sie, wie sich Bond in 007 Legends im Nahkampf schlägt
Sobald Sie die kurze Kampagne ohne Ende abgeschlossen haben, gibt es eigentlich nichts mehr zu tun, als auf das Skyfall DLC Pack zu warten. Der Multiplayer-Teil ist reich an Substanz, bietet aber leider nichts wirklich Aufregendes – und das wird durch leere Server und Gameplay mit Zeitverzögerungen nur verschlimmert. Es gibt sogar einen Challenge (Herausforderungs) Modus, der häppchenweise einige der interessantesten Ideen des Spiels präsentiert. Aber auch er ist nicht wirklich unterhaltsam und man muss sich zwingen, eine Entschuldigung zu finden, sein Score in einem Level zu verbessern, den man schon gespielt hat.
Bonds neuester Shooter ist während der fünf Stunden langen Kampagne mehrmals daran, abzusaufen, was daran liegt, dass er zwar mit guten Ideen aufwartet, diese aber unter so altbackenen und langweiligen Konzepten begraben sind, dass es einem schwer fällt, sich dafür zu begeistern. Das Spiel ist voller gelegentlicher Höhen und regelmäßiger Tiefen – und sie werden zwischen diesen Extremen so schnell hin und her geworfen, dass Sie schon ein wenig Glück haben müssen, wenn Sie 007 Legends ohne Peitschenschlagsyndrom beenden möchten.
PRO: Fan Sevice und Hommagen; Nahkampf- und Schleichsequenzen sind interessant; sehr unterschiedliche Levels.
CONTRA: Das Hauptspiel hat kein Ende; langweilige Schießereien und wenig inspiriertes Leveldesign; ernsthaft, das Spiel wird ohne Ende ausgeliefert.
Abschließende Bewertung
Spiel: 4,0
Spaßfaktor: 4,5
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