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Rae Morris: Someone Out There (Albumkritik)

 

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Rae Morris: Someone Out There (Atlantic)

 

 

In so gut wie jeder Rezension obskurer experimenteller Musik wird sich ein Hinweis auf ihr „intuitives Gespür für Pop“ finden – er ist fast immer lachhaft, vor allem wenn man bedenkt, dass die unkonventionelleren Künstler, die versuchen, Pop zu machen, selten über die alchemistischen Fähigkeiten verfügen, glitzernde Hooks in echte Hits zu verwandeln. Doch mit ihrer spartanischen und exzentrischen Ästhetik – ungewöhnlich für einen Pop Act auf einem großen Label - ist Rae Morris das Umgekehrte gelungen: gemeinsam mit ihrem Produktionspartner Fryars hat sie ein Popalbum mit einer innewohnenden experimentellen Empfindsamkeit

gemacht.

 

 

Morris’ 2015 erschienenes Debütalbum Unguarded wirkte mit viel Klavier und schwergewichtigem Drama kitschig. Zum Glück wurde dieser frustrierte Songwriterin vor Someone Out There in die Wüste geschickt und stattdessen auf lockeren Electropop gesetzt, der Morris' brillanten Gesang in den Vordergrund rückt. Es ist schwer, eine zweite Popsängerin zu nennen, die ihr aktuell ähnelt. Was den Ton anbelangt, erinnert sie an Björk, und ihr Vortrag ist elegant ausgelassen und sprunghaft, aber dabei stets auch souverän. Auf Songs wie „Do It“ präsentiert sie einen Sinneswandel als vernünftige Entscheidung und nicht, wie es die meisten ihrer Kolleginnen tun würden, als einen Balanceakt über einem Abgrund. Das sorgt dafür, dass ihre Wünsche und Sehnsüchte erreichbar erscheinen – ihre Befriedigung steht auf „Dip My Toe“, einem Song, in dem es darum geht, zum ersten Mal mit einem Partner zu schlafen, nicht einmal zur Debatte.

 

Dies ist ein extrem selbstbewusstes Album. Morris und Fryars bevorzugen ununterbrochene Crescendos, etwa das grollende „Push Me to My Limit“, während „Do It“, der eingängigste Song mit den besten Hooks, trügerisch intim ist. Und wenn sie sonderbar werden, gehen die originellen Einfälle nie auf Kosten der Emotion: die Verzerrungen auf „Rose Garden“, anscheinend über Panikattacken, spiegeln den frustrierenden Kampf zwischen Körper und Geist wider. Zwangsläufig gibt es auch einen schwächeren Abschnitt, darunter „Lower the Tone“, das eine freche Einladung, auf den Smalltalk zu verzichten,für einen formlosen Trauergesang vergeudet, und der Titelsong, eine Hommage an die Einsamen. Morris’ Gefühle kommen auf „Dancing With Character“, einem ehrlich ehrfürchtigen Tribut an einen allein tanzenden Witwer, viel besser zum Ausdruck.

 

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