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Red Dead Redemption – Hirnlose Wichserei

 

Red-Dead-Redemption-Cover Ich bin kein Spielsüchtiger. Zwar verbringe ich gerne den einen oder anderen Abend mit Controller und Cola auf der Couch, aber wenn die Daumen die ersten Blasen bekommen und die Augen zu tränen beginnen, begebe ich mich schleunigst zurück in die reale Welt.

Dennoch ergreift die kindisch-kindliche Freude auch von mir immer wieder Besitz, wenn sich die Möglichkeit ergibt, in die Rolle eines Cowboys/Piraten/Zombie/Space Marine/etc. zu schlüpfen.

Man muss nur einmal auf eine durchschnittliche Junggesellenparty gehen, um erwachsene Männer zu erleben, die sich angeheitert als ihr Lieblingsheld verkleiden und gut gelaunt herumalbern.

Das dürfte auch der Grund sein, warum Rockstar Games auf die geniale Idee verfallen ist, der äußerst populären GTA-Serie einen Stetson aufzusetzen. JEDER echte Mann liebt die Vorstellung, Clint Eastwood beim Duell über den Haufen zu schießen und einen Saloon voller Banditen in Angst und Schrecken zu versetzen.

Die Idee ist einfach, leicht umzusetzen und man kann dabei nichts falsch machen. Oder etwa doch? Man nehme das Grundgerüst der unverschämt erfolgreichen GTA-Serie und verpflanze das Ganze in den Wilden Westen. Dann füge man noch actionreiches Gameplay und die Persönlichkeit ruinierende Rollenspielelemente hinzu - fertig ist der neue Spielehit!

Mein Cousin war unter den ersten, die sich „Red Dead Redemption“ beschafft haben, und er hat mir angeboten, mich damit spielen zu lassen, wenn ich ihm dafür ein wenig Taschengeld gebe. Natürlich wollte ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Und das bedauere ich nun.

Wie ich schon eingangs erwähnte, bin ich kein Hardcore-Gamer. Ich konnte mich nie so recht mit der GTA-Serie anfreunden. Deshalb hatte ich zu Beginn auch ein paar Probleme mit der Steuerung. Gehen, Schießen und das Anschauen der Zwischensequenzen bereiten natürlich keine Schwierigkeiten, aber wenn ich mehr als eines zugleich tun muss, dann komme ich ins Straucheln. Die Third-Person-Perspektive mit der hinter der Spielfigur einher fliegenden Kamera macht die Sache auch nicht einfacher, die Zoomfunktion sorgt für zusätzliche Verwirrung und ist besonders während der Feuergefechte nur störend. Bisweilen hat man das Gefühl, dass die Kamera regelrecht am Hinterteil des Pferdes klebt.

Es gibt aber auch noch weitere Kritikpunkte, etwa das ärgerlich lange Menü für die Waffenwahl, das ständige Knöpfedrücken, um John Marston dazu zu kriegen, sich ein wenig flinker zu bewegen, und der Umstand, dass man nicht wirklich gezielt zuschlagen kann.

Über diese Fehler könnte hinweggesehen werden, wenn das Spiel nur eine ansatzweise originelle Handlung hätte. Diese wird in ständig auftauchenden Zwischensequenzen und Gesprächen vermittelt, aber auf so langweilige Art und Weise, dass sie garantiert von den meisten Spielern übersprungen werden. Diese Erklärungen mögen zwar wichtig sein, um die Beweggründe der Figuren verstehen zu können, sie sind aber dafür verantwortlich, dass kein rechter Spielfluss und keine Westernatmosphäre aufkommen.

Also scheiß drauf, machen wir es wie echte Outlaws. Pfeifen wir auf die Regeln, die Geschichte und die Hinweise. Vielleicht lässt sich ja doch etwas finden, dass richtig Spaß macht.

Man kann schon einiges tun, aber es scheint kein Sinn dahinter zu stecken. Man kann zum Beispiel den KI Charakteren helfen, man kann sie aber auch erschießen oder bestechen, und man kann alle Pferde töten. Das bringt dann die Werte für Ruhm und Ehre völlig durcheinander. Was aber keinerlei Auswirkungen hat. Es werden einem dennoch jede Menge wenig lohnender, schmählich einfacher Minimissionen übertragen – ohne dass man wüsste, wo sich der gesuchte Bösewicht aufhält. Und ich weiß noch immer nicht, was es mit dem Titel des Spiels auf sich hat.

Soviel ich eruieren konnte, wurden John Mastons Frau und Kind entführt, allerdings nicht, wie zunächst angenommen, von Bill Williamson, seinem früheren Partner, sondern von der Regierung, die ihn zwingt, den ehemaligen Kumpan zu jagen. Eine typische Westerngeschichte eben.

Seltsamerweise bringt John Maston selbst die Geschichte nie zur Sprache. Er wird sich wohl damit abgefunden haben und scheint es zu genießen, durch die Landschaft zu streifen, unschuldige Kreaturen abzuknallen und die Bewohner der Stadt mit Lassos einzufangen. Ein übergeordneter Sinn seines Treibens ist nicht zu erkennen.

Mittlerweile lockt das reale Leben wieder. Das Starren auf Mastons Hinterhaupt langweilt mich so sehr, dass ich mich entschließe aufzuhören, und ich stelle fest, dass ich viel länger gespielt habe als angenommen. Stunden - vielleicht sogar Tage - sind vergangen. Ich habe beim Spielen nicht wirklich etwas erreicht, aber es besteht die Gefahr, süchtig zu werden. Auf eine schizophrene „Being John Malkovich“-artige Weise.

„Red Dead Redemption“ ist Eskapismus in Reinkultur. Es ist kein Spiel, es ist eine Phantasie. Rockstar Games lässt Ihnen genug Freiheiten, um daraus zu machen, was Sie wollen. Sie können gut, böse oder eine Mischung aus beidem sein. Aber egal was Sie sind oder tun, am ende werden Sie dennoch einem animierten Typen zuhören, der irgendwas vor sich hin faselt.

 

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