Mickey Mouse ist nicht Super Mario. Er ist der Star eines ziemlich ungewöhnlichen Spiels für Nintendo Wii, eines Spiels, das recht dürftig beginnt, aber als eine der besten Heldengeschichten des Jahres endet.
Mickeys neueste Gelegenheit für eine Hauptrolle ist Disney Micky Epic. Das Spiel ist exklusiv für die Wii erhältlich und schickt Mickey in ein Fantasieland vergessener Disney-Charaktere namens Wasteland. Unser Held ist mit einem Pinsel, Farben und Verdünner ausgestattet und kann so Teile der Welt neu malen oder auslöschen. Auf den ersten Blick könnte man das Spiel lediglich für einen weitern Mario-Klon halten, ein Abenteuer, bei dem es nur darum geht, von Ebene zu Ebene zu springen und Bösewichte zu verprügeln. Aber im Laufe der Zeit entpuppt sich das Spiel, sofern man einige nicht so schöne, peinliche Momente zu ertragen bereit ist, als subtile Erforschung von Mickey, seinem Charakter, seiner Welt und seinem Daseinszweck.
Ideale Spieler
Leute, die Disney-Geschichten lieben, und, glauben Sie es oder nicht, Spieler, die Videospielabenteuer wie Fable und Mass Effect mögen, die es ihnen erlauben, ihren Spielcharakter den einen oder den anderen moralischen Pfad zu wählen.
Warum Sie sich für dieses Spiel interessieren sollten
Es könnte schwer sein, Sie davon zu überzeugen, dass dieses Spiel die Popularität von Mickey Mouse als Aufhänger für eine sehr interessante Handlung nützt, weshalb Sie bedenken sollten, dass Disney Micky Epic eine Rarität ist: Ein exklusiv für die Wii erhältliches Spiel, das von einem amerikanischen Top-Entwickler kreiert wurde.
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Wie sah der erste Entwurf dieses Testberichts aus? Nach ungefähr zwei Stunden Spielzeit, in denen von Spielspaß wenig zu merken war, schrieb ich: „Disney Micky Epic ist die Art Spiel, die von einem verlangt, einen Knopf zu drücken, um eine Tür zu öffnen, und dann verlangt, denselben Knopf noch einmal zu drücken, wenn man sich wirklich sicher ist.“
Aber es wurde besser? Zu Beginn wirkt Disney Micky Epic (warum nur wurde im deutschen Sprachraum der Originaltitel Disney Epic Mickey nicht beibehalten??) wie ein ziemliches Durcheinander. Mickey selbst sieht großartig aus, eine der am besten animierten Hauptfiguren eines Spieles in diesem Jahr. Aber er beginnt sein Abenteuer in einer Welt von trüben Farben und scharfen Kanten, in der er herumhüpft und seinen Pinsel mit weniger erfreulichen Resultaten einsetzt, als wir von dem Wassersprüh-Gameplay von Super Mario Sunshine aus dem Jahre 2002 gewöhnt sind. Mickeys neue Welt ist angefüllt mit Geld, Schatzkästchen, Anstecknadeln und anderen Lappalien, die als Auszeichnung für Leistungen dienen. Mickeys Körper zieht Lichtkörperchen an wie ein schwitzender Mann Fliegen. Diese Lichter sind ein mehr oder weniger relevanter Hinweis darauf, ob Mickey mehr malt, als er auslöscht, oder mehr auslöscht, als er malt. Aber warum das Ganze?
Und? Wurde es besser oder nicht? Hat man erst einmal zwei oder drei Stunden gespielt, fängt alles an, sinn zu machen. Mickey hat die ersten ziemlich unnötigen Level hinter sich gelassen und gelangt auf die Mean Street, einen Knotenpunkt, von dem aus er wunderbar verzerrte Versionen klassischer Disney-Szenarien erforscht, darunter eine grandiose Piratenzone in Ventureland, in der ein äußerst ungewöhnlicher Peter Pan zu finden ist. In diesen Gegenden malt er Gebäude, verspritzt Verdünner, um Feinde auszulöschen, und erfüllt Auftrag um Auftrag für die dutzenden Nebencharaktere. Was an diesem Spiel so besonders ist,
merkt man erstmals, als Mickey einen Berg aus Mickey-Memorabilia erklimmt, von denen manche so ein Mist sind, dass man sich fragt, ob nicht so etwas wie leise Kritik an Mickey Mouse in diesem Spiel verborgen ist, und bald erkennt, dass das ganze Spiel Kritik ist.
Das Spiel macht also Spaß? Das Malen und Verdünnen klingt nicht gerade toll und nicht jeder ist daran interessiert, die Seele eines Disney-Maskottchens zu erforschen. Das Gameplay ist in Ordnung. In manchen Abschnitten bereitet das Verdünnen des Bodens und anschließende Entdecken einer darunter befindlichen Höhle die Art von Vergnügen, die normalerweise nur in Metroid-Spielen versteckt ist. Die Mechanik für das Malen und Verdünnen ist okay und baut auf ein Hinzeigen-und-Schießen-System mit der Remote-Control der Wii. Allerdings leidet die Steuerung beträchtlich unter der schlechten Kamera des Spiels. Die Kamera kann nur in einigen wenigen Fällen vom Spieler justiert werden und zeigt selten dorthin, wo sie hinzeigen sollte.
OK. Das Gameplay ist sehr durchschnittlich, aber das Kritik-an-Mickey-Dings ist gut? Das klingt eigenartig. Ziemlich am Anfang des Spiels trifft Mickey auf Oswald the Lucky Rabbit (Oswald, den glücklichen Hasen), den Herrscher von Wasteland. Oswald ist ein echter Disney-Charakter, doch Disney verlor die Rechte an ihm für mehr als 80 Jahre. In dieser Zeit kreierte er die weltbekannte Maus. Oswald ist verständlicherweise verärgert und eifersüchtig auf den Erfolg der Maus. Er sitzt auf seinem Thron auf der Spitze des Mickey-Mülls und auf der Lehne seines Thrones ist der „Steamboat Willy“-Cartoon zu sehen, der Mickey den Durchbruch bescherte. Oswald begegnet Mickey mit Misstrauen, der getreu seiner boshaften Natur das Geheimnis mit sich herumträgt, dass er die Ursache dafür ist, dass Oswalds Wasteland von Monstern überrannt wird. Mickey ist die rücksichtslose Berühmtheit, deren bloße Existenz dem vergessenen älteren Bruder Schmerz bereitet. Es ist eine seltsame Rolle, die man in diesem Videospiel spielt, und eine, die all die Entscheidungen darüber, wie boshaft man im Spiel sein möchte – etwa welche Gebäude man verschwinden lässt -, so viel bedeutsamer macht. Plötzlich wirken die grünen Lichter, die einen boshaften Mickey umgeben (ist er hilfsberiet sind die Lichter blau), wie ein riesiger Umhang aus Schuld an, den man ablegen kann, wenn man so spielen möchte.
Wie wirkt sich dieses Charakter-Zeugs aus? Ist es so wie in Deus Ex? Disney Micky Epic wirkt - mehr als Screenshots und Trailer erahnen lassen - wie ein Abkömmling von Deus Ex, der wohl berühmtesten Kreation von Warren Spector, dem Creative Director von Micky Epic. In dem PC-Klassiker wie in Micky Epic hat man das Gefühl, als wären die Entscheidungen des Helden wirklich von Bedeutung. Je genauer Sie bei Micky Epic aufpassen, desto mehr wird Ihnen auffallen, dass sich viele der über 100 Aufgaben des Spiels – hilf diesem Charakter, rette jenes Dorf, etc. – auf verschiedene Arten bewältigen lassen. Das ist genau die Gestaltbarkeit, die Fans von Spectors früherem Werk zu schätzen wissen.
Und es wird alles gut? Nun ja, eigentlich wirkt Disney Micky Epic in den letzten Stunden eher wie ein Prince of Persia-Spiel, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Disney Micky Epic in Aktion
Fazit
Micky Epic ist ein interessanteres und intellektuell ansprechenderes Spiel als man zu Beginn glauben möchte. Der Verdacht, es hier mit Super Mickey Bros. zu tun zu haben, verfliegt schnell. Hätten Mickys Designer eine weniger frustrierende Kamera programmiert und einen Weg gefunden, Mickeys Welt ähnlich reizvoll zu zeichnen wie den Helden selbst, hätte dieses nur langsam in die Gänge kommende Spiel großartig werden können. Dennoch ist es eine intelligente Kuriosität. Das Spiel belohnt engagierte Spieler, die alle geheimen Durchgänge erforschen und unermüdlich einen heroischen Pfad beschreitet, der so anders – und so viel interessanter – wirkt als diejenigen, die man in den meisten Videospielen spielen kann.
Disney Micky Epic wurde von Junction Point entwickelt und von Disney Interactive Studios am 25. November für Nintendo Wii veröffentlicht. Erfüllte mehr als 100 Aufträge der Einzelspieler-Kampagne innerhalb von 15 Stunden. Und ja, liebes Videospiel, ich bin mir sicher, dass ich die Tür öffnen will. Ich habe bereits den Knopf gedrückt, der besagt, dass ich es will. Mach mich nicht wütend.
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