Bulletstorm richtet sich mit seinem Gekicher, den Schwanzwitzen und ähnlichem Pennälerquatsch an geistig Elfjährige. Das Spiel ist niveaulos, aber nicht dumm.
Von Grayson Hunt, dem Protagonisten von Bulletstorm, dürfen Sie sich keine Geistesblitze erwarten. Er ist ein stereotyper Weltraumpirat, ein vulgärer Trunkenbold mit einem Herz aus Gold. Sein Mangel an Impulskontrolle ist aber nicht hauptverantwortlich für jedes Unheil im Verlauf der Story. Bulletstorms verrücktes Genie steckt in der Struktur des Spiels, was Sie spätestens bemerken werden, wenn Ihnen die Munition ausgeht und Sie, um Hunt zu zitieren, rufen: „Son of a dick!“
Warum Sie sich für dieses Spiel interessieren sollten
Bulletstorm ist ein Shooter, der sich selbst nicht ganz ernst nimmt, ohne dabei jedoch vorsätzlich geschmacklos zu sein, und in dem sich alles um übertriebene Action dreht. Das Spiel ist im Wesentlichen eine Essensschlacht mit Schusswaffen und Sprengstoff, an der jeder Gefallen finden kann.
Was mir gefiel
Ein Shooter für Strategen und Denker: Trotz all der Prahlerei und des Draufgängertums werden Sie nicht nur wenig Spaß an Bulletstorm haben, wenn sie mit einer Friss-Blei-Mentalität ans Werk gehen, sondern auch kaum in der Lage sein, das Spiel auf Schwierigkeitsstufe Normal komplett durchzuspielen. Bulletstorm verlangt vom Spieler, über die Eigenschaften der Gegner nachzudenken und die Umgebung zu berücksichtigen, um die Feinde möglichst effektiv niedermachen zu können. Das ist jedoch nicht optional, sondern wird dadurch erzwungen, dass man seine Munition kaufen muss (Feinde lassen zwar welche fallen, aber das ist nie genug). Eine ganz normale Tötung bringt so wenig XP, dass man, selbst wenn man einen ganzen Raum auf konventionelle Weise von Gegnern säubert, kaum genug Geld zusammenbringt, um Munition für den nächsten Kampf zu kaufen. XP „Preise“ für Munition und Upgrades steigen mit der Schwierigkeitsstufe, weshalb die schwierigeren Settings vom Spieler verlangen, jede Tötung zu optimieren. Dies mag zwar relativ subtil erscheinen, aber hierin unterscheidet sich Bulletstorm am meisten vom herkömmlichen Shooter-Modus.
Waffenbalance: Es ist – wider die Intuition – ein Vorteil, dass die Standardwaffe, das Sturmgewehr, eher schwach ist. Sie tun gut daran, so bald als möglich auf eine der entzückend konstruierten Alternativwaffen umzusteigen. Allerdings kann man sich nur mit zwei davon ausrüsten. Dazu kommt noch, dass Nachschubstationen sind möglicherweise außer Reichweite sind, falls Sie nicht genug Munition für den nächsten Kampf erworben haben. zum Glück wird jedoch in Bulletstorm - im Gegensatz zu den meisten anderen Shootern - der Nahkampf nicht vernachlässigt, er ist sogar regelrecht erforderlich (es gibt auch eine interessante Waffe dafür), weshalb Sie bei geschicktem und mutigem Vorgehen Munition sparen können.
Die Szenerie: Das Setdesign ist genial. Bulletstorm spielt auf Stygia, einer üppigen Urlaubswelt, die dem Untergang geweiht ist. Das Spiel hat grafisch einiges zu bieten: Beeindruckende Rundblicke von einem Damm oder von Klippen, beengte unterirdische Innenräume, die Ruinen der Vergnügungsstadt Elysium, und so weiter. Das Beste ist jedoch, dass die Grafik nicht Selbstzweck ist, sondern die Atmosphäre und die Handlung maßgeblich unterstützt. Die Art und Weise, wie Dinge zerstört wurden, macht Sinn und unterstreicht das Alles-ist-möglich-Gefühl, das sich einstellt, wenn man sich in einer verlassenen Stadt befindet, die von einer riesigen Katastrophe heimgesucht wurde.
Das Skript: Bulletstorm ist die größtenteils konventionelle Geschichte von Piraten, die unter feindlich gesinnten Einheimischen im stich gelassen werden, nur diesmal im Weltall. Das Skript hat wegen seiner unflätigen Sprache für viel Aufsehen gesorgt, doch das überschattet leider den bemerkenswerten Buddy-Film-artigen Schlagabtausch zwischen den Hauptfiguren, die ansonsten möglicherweise mühseligen Feuergefechte oder langweiligen Übergänge auflockern. General Sarrano hat das mit Abstand vulgärste Vokabular, obwohl seine Provokationen in Richtung Hunt nicht den gewünschten Effekt haben und gegen ende des Spiels schon reichlich bemüht wirken. Dennoch sorgte Rick Remender für ein Skript, dem man anhört, dass er beim Schreiben Spaß hatte. Es macht auch großen Spaß, seine dialoge im spiel zu vernehmen.
Was mir nicht gefiel
Die AI der Teamkollegen: Wenn diese völlig verblödeten Gehirnschüssler die am besten ausgebildeten Soldaten in der Space Army sind, dann haben wir es mit einer Galaxie voller Schwachsinniger zu tun, die von den Bewohnern von Melmac in einem Tag erobert werden könnte. Das ist wirklich verdammt schlechte Teamkollegen-AI. Bulletstorm stattet Ihre Feinde mit einer aggressiven, nicht vorhersehbaren Strategie aus; das ist gut. Ihre Klingeling-Teamkollegen reagieren darauf, indem sie ständig ihre Positionen wechseln und Ihnen das Schussfeld verstellen. Ich kann nicht effektive Unterstützung tolerieren, solange sie mich nicht beim Erreichend er Ziele behindert. Aber dass Ishi Sato einem immer wieder in die Quere kommt, wenn man gerade die durchschlagskräftigsten Waffen zum Einsatz bringen will, verdirbt einem ganz gehörig den Spaß.
Der Plot: Die Dialoge sind ein echtes Plus; sobald die Geschichte von Stygia und den dortigen Vorkommnissen beendet ist, gleitet der Plot in die übelsten Klischees ab. Das wäre verzeihlich, wenn Bulletstorm ein bisschen ironischer mit dem Umstand umginge, dass die Plotwendungen und -lösungen gar so typisch sind, doch gerade in dieser Beziehung nimmt sich das Spiel leider viel zu ernst. Ich kann noch immer nicht verstehen, warum jeder Science-Fiction-Autor, obwohl doch ein ganzes Universum als Schauplatz zur Verfügung steht, die Beziehungen zwischen den Charakteren so inzestuös wie in einem abgeschiedenen Alpental macht.
Zu viele Versatzstücke: Letztes Jahr sagte Produzentin Tanya Jessen, dass viele Shooter ein Grauen nach dem Motto „Oh nein, Bösewichte, wie komme ich nur an denen vorbei?“ auslösen. Bulletstorm möchte das in „Super! Bösewichte! Wie komme ich nur an denen vorbei?“ ändern. Während der Feuergefechte gelingt das dem Spiel sehr gut. Andererseits empfand ich auch immer wieder „Oh nein, Versatzstücke, wie komme ich nur an denen vorbei“. Die Anweisungen sind bei all dem audiovisuellen Lärm oft nur schwer zu verstehen und das Fehlen einer Minikarte hilft auch nicht gerade, wenn man sich im Wettlauf gegen die Zeit in Sicherheit bringen muss. Bulletstorm wartet mit Unmengen an hier-um-das-zu-tun Ereignissen auf, die ein Spiel, das in seinen Kampfsequenzen annehmbar linear ist, dazwischen sehr starr erscheinen lassen.
Ich habe bis jetzt den Multiplayer und den „Echoes“ Replay-Modus noch nicht erwähnt, die ich weder mochte noch nicht mochte, sondern einfach nur spielte. Der Mehrspieler-Teil ist auf einen Co-op-Modus für vier Spieler über sechs Karten beschränkt, bei dem gegen Wellen von Bösewichten kämpfen muss und nur weiterkommt, wenn man einen bestimmten Punktestand erreicht, der von kreativen Tötungen abhängig ist. Obwohl die Karten relativ klein sind, schien ich immer zu weit von dem Punkt entfernt zu sein, an dem sich die Bösewichte materialisieren.
Echoes bietet Sololäufe gegen die Uhr durch die Kapitel der Kampagne (ohne Zwischensequenzen und Dialoge) und macht etwas mehr Spaß. Ihre Erfahrungspunkte werden mit der Zeit, die Sie für ein Level benötigten, kombiniert und in ein Leaderboard eingetragen. Echoes eignet sich perfekt für kurze Spielchen zwischendurch.
Fazit
Bulletstorm macht ein wenig auf dumme Blondine; das Spiel zwinkert einem mit blutigen Tötungen, Plot-Klischees und jeder Menge obszönen Sprüchen zu. Doch dahinter verbirgt sich ein wesentlich intelligenterer Shooter, als das Marketing vermuten lassen würde, was vor allem einem ökonomischen System zu verdanken ist, in dem Munition sehr teuer erkauft werden muss. Bulletstorm ist ein Spiel, das ich erst beim zweiten Durchspielen wirklich zu schätzen begann, was vielleicht auch bei Ihnen der Fall sein wird. es ist jedoch ein Spiel, bei dem sich mehrmaliges Durchspielen lohnt.
Bulletstorm wurde von Epic Games und People Can Fly entwickelt und von Electronic Arts am 3. März 2011 für Windows PC, Xbox 360 und PlayStation 3 veröffentlicht. Beendete den Hauptkampagnen-Modus, spielte den Online-Multiplayer- und den „Echoes“ Replay-Modus (alles auf der Xbox 360). Tötete ihre „Dicks“ und roch am Ende wie ein an der Sonne getrocknetes Arschloch.
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