Nach kurzer Wartezeit und mit ein wenig Hilfe von Gearbox erschien der neue Shooter von 3D Realms fast unbemerkt für PC und Konsolen. Die Hauptfigur ist ein gewisser Duke Nukem, ein Mann der ACTION, des BIZEPS, der LEICHTEN MÄDCHEN und von MILLIONEN MINI-SPIELEN. Ist das Spiel ihr schwer verdientes Geld wert?
Den guten Willen kann man dem Spiel nicht absprechen. Sicher, Duke Nukem Forever stinkt nach Arroganz und Selbstbesessenheit, zu denen es keinen wirklichen Anlass gibt, aber zugleich bemüht es sich, immer neue Wege zu finden, die Spieler abzulenken und zu unterhalten: es ist klar erkennbar, dass es größer, kühner, dämlicher als alle bisherigen und zukünftigen Spiele sein möchte, ein unglaublich pompöses Spektakel. Die Geschichte seiner Entstehung wird, sollte sie je veröffentlicht werden, faszinierend sein, doch das Spiel selbst ist ein vielsagendes Dokument der dieser 12 Jahr dauernden Entwicklung.
Es ist eine Art Querschnitt der Trends und Ideen der wichtigen Actionspiele der letzten zehn Jahre, eine extrem verspätete Reaktion auf Half-Life, Half-Life 2, Halo, Gears of War und fast den kompletten Katalog von id seit Quake. Die Ideen und Features sind nicht neu, aber das Spiel bemüht sich, mehr als alle anderen zu bieten. All diese Einflüsse, diese Inspirationen – über die sich Duke Nukem Forever mit matten Gags wie einem toten Soldaten mit einer Dead Space-Maske, einer Brechstangen-Anspielung und Teilen der Rüstung des Master Chief lustig machen möchte -, aber es fehlt völlig das Verständnis dafür, warum sie Inspirationen sein sollten. Das Ganze wirkt als, habe man die glänzendsten Features der De-facto-Kollegen, –Nachfolger und -Rivalen zusammengeklaubt, und daraus ein chaotisches Durcheinander von Mini-Spielen sowie Tempo- und Tonwechseln gemacht.
Duke Nukem Forever spaltet Spieler und Kritiker in zwei Lager: di einen verdammen es, die anderen verteidigen es und überhäufen es demonstrativ mit Lob, wobei weder das eine noch das andere mit den Qualitäten des Spiels zu tun hat, sondern sich fast ausschließlich darum dreht, dass diejenigen, die es nicht mögen, humorlose Zyniker sind, die DNF dafür abstrafen möchten, dass es so lange auf sich warten ließ. Ich schließe mich weder dem einen noch dem anderen Lager an und hege auch keine besonderen Gefühle für den Charakter des Duke. Mein Urteil lässt sich am besten wie folgt zusammenfassen: „Das Spiel gefällt mir nicht.“ Es ist nicht die absolute Katastrophe, als die es manche hingestellt haben, aber ich mag es nicht.
Die Dialoge und anderen Texte sind schwülstig und langweilig und banal.
Mir gefällt das Schießen nicht, dass wenig erfolgreich versucht, die Angriffe ohne Rücksicht auf Verluste, die man aus den frühen Doom- und Duke-Spielen kennt, mit den engen Gängen und Waffenrestriktionen von Halo und Gears zu verschmelzen, und den Spieler eher frustriert als herausfordert.
Ich mag den Humor nicht, der davon auszugehen scheint, dass es nur zwei Witze gibt, die es wert sind gemacht zu werden: Die erste Variante besteht darin, dass Leute sagen, dass Duke Nukem großartig ist, die zweite Variante reduziert sich auf den Irrglauben, dass irgendwelche zufällig aneinandergereihten Wörter eine Anspielung ergeben, wenn sie nur entsprechend laut und höhnisch vorgebracht werden. Ich bin durchaus ein Fan von Anspielungen. Aber das sind keine Anspielungen. Hier schreit nur ein betrunkener Kerl alles heraus, was ihm gerade durch den Kopf geht, und fängt dann an zu kichern.
Mir gefällt die Vorliebe für Spring-Puzzles aus der Ego-Perspektive nicht, die immer wieder zwischen der nur gelegentlichen Action eingestreut werden.
Ich mag die Kontrollpunkte und das Fehlen von Quicksaves nicht, weil ich dadurch gezwungen werde, von viel zu weit hinten noch einmal zu beginnen, wenn ich irgendwo in den Tod stürze oder in einen besonders sadistischen Boss-Kampf gerate.
Mir gefällt das Design der Karten nicht, das einem durch willkürliche Navigationsbeschränkungen und den Zwang, Wegstrecken zurückzugehen, wesentlich größeren Umfang vorgaukeln.
Ich mag nicht, dass ich so viel Zeit mit Warten zubringen muss, während mich irgendein NPC mit Exposition, veralteten Popkulturanspielungen und drittklassigen Witzen vollquatscht oder einige geskriptete Filmchen ablaufen, ehe eine Tür aufgeht und den Weg in das nächste kleine, abgeschlossene Areal voller Pop-up-Monster freigibt.
Mir gefällt das nicht. Es ist mir egal, ob es sich dabei um ein Duke Nukem-Spiel oder ein Half Life-Spiel oder ein Call of Duty-Spiel oder ein John McGun-Spiel handelt. Ich mag es einfach nicht. Es ist ein furchtbares Durcheinander, und die besten Absichten können daran nichts ändern.
Alles in allem ist ein wenig Verzweiflung auszumachen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass jedes Mal, wenn ein neues Spiel erschien, das nach Meinung eines Beteiligten gewisse Erwartungen weckte, neue Features auf den Haufen halb verwirklichter Ideen geworfen wurden. Dass man nur zwei Waffen mit sich führen kann und dass die Gesundheit nach und nach wiederhergestellt wird, scheint eine Verneigung vor den Konventionen von CoD und Halo zu sein, obwohl die Kämpfe selbst mehr mit frühen id-Titeln gemein haben. ständig wird man mit Feinden konfrontiert, die sehr viel Schaden wegstecken können, doch werden einem der Platz, das Waffenarsenal und die Deckung vorenthalten, die Dukes relativ geringe Trefferpunkte ausgleichen könnten. Ein noch längeres Entwicklungsstadium hätte vielleicht zu einem Gears of War-artigen Deckungssystem geführt.
Beträchtliche Liebe zum Charakter könnte, meine ich, über diese gravierenden Mängel teilweise überdecken. Falls dieser Balsam für Sie funktioniert, gut. Der König ist zurück, allerdings in grob überzeichneter Form, und hat nicht mehr viel mit der Parodie der Actionfilmhelden zu tun, die wir aus Duke Nukem 3D kennen. Er ist zu einem sexbesessenen Proleten verkommen, der nur noch über Hoden und Fäkalien reden kann.
Am meisten stört mich, dass das Spiel so zusammengeschustert wirkt. Es entsteht der Eindruck, dass diese Ideen, Features und Mini-Spielen ohne übergelagertes Konzept zusammengetragen wurden. „Wir brauchen eine Fahrsequenz, wir brauchen spielbare Pool-Billard-Tische, wir brauchen ein Puzzle mit beweglichen Kränen, wir brauchen einen Abschnitt wie in Aliens, wir brauchen einen Abschnitt mit Loren, wir brauchen eine Abrissbirne...“ Diese Attraktionen mögen für sich ja ganz nett sein, aber sie sind in eine sehr unsichere, lockere Struktur eingebunden.
Selbstverständlich ist „großer, muskulöser Kerl rettet die Welt“ eine Geschichte, die sich selbst erzählt, weshalb eine clevere, an Wendungen reiche Story nicht vonnöten ist, aber das hier Gebotene gleicht mehr dem Herumschlendern in einem Vergnügungspark als einem spannenden Abenteuer. Warteschlangen inklusive. Der Spielablauf besteht darin, dass man einen Raum betritt, feststellt, dass alle Ausgänge verriegelt sind, dann alle Feinde niedermacht und schließlich durch eine Tür, die sich inzwischen magisch geöffnet hat, weitergeht. Selbst das Öffnen besagter Tür verkommt oft zu einem lästigen Mini-Spiel, das im mehrmaligen Drücken der Leertaste besteht, mit dem man Duke dazu bringt, diese mit seinen starken Armen aufzubrechen. Duke Nukem Forever bietet durchaus Unterhaltung und fröhlich überzogenes Spektakel, aber man muss dafür ziemlich viel lästige Arbeit verrichten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Spiel selbst nicht mitbekommt, wie langweilig und nervig es ist, und es ist auch nachvollziehbar, wie es so selbstvergessen werden konnte. Die Grafik ist ganz in Ordnung – sie gehört sicher nicht zum Besten, was man 2011 zu sehen bekommt, aber mit den Spielen der zweiten und dritten Kategorie kann sie durchaus mithalten, von den unterirdisch schlechten Lauf- und Sprunganimationen einmal abgesehen. Es gibt viele Waffen, wenn auch die meisten altbekannt sind, und viele Feinde, ebenfalls zumeist altbekannt. Die Schauplätze sind auf ehrgeizige Weise unterschiedlich – ein Casino, eine Stadt, unterirdische Schleimtunnel, eine Wüste…aber sie sind verbunden mit linearen Finden-Sie-die-Tür-Aufgaben, durchsetzt mit einigen Gefechtsturmabschnitten und ärgerlichen, sich lange hinziehenden Boss-Kämpfen. Duke Nukem Forever bringt das Kunststück zustande, sich ständig zu wiederholen und zugleich abwechslungsreich zu sein – das Spiel ist entschlossen, den Spieler zu unterhalten, wenn auch vergessen zu haben scheint, wie man unterhält.
„Es macht Spaß!“ ist die am häufigsten zu hörende Verteidigung. Vielleicht stimmt das auch, denn es ist ein reißender Strom von Absurditäten, Gewalt und entstelltem Schweinkram. Ich kann nachvollziehen, warum manche Leute meinen, es handle sich um eine seit langem überfällige Verneigung vor einem verlorengeglaubten Gaming-Ethos. Gott weiß, ich stimme allen voll und ganz zu, die die Ansicht vertreten, die meisten der heutigen Actionspiele würden sich selbst und ihre Plots viel zu ernst nehmen, aber das macht Duke Nukem Forever noch lange nicht gut genug.
Es ist ein Fehlschlag als Duke Nukem-Spiel. Es ist ein Fehlschlag als First-Person Shooter und es ist ganz gewiss ein Fehlschlag als ein legendäres Spiel, auf das wir mehr al ein Jahrzehnt gewartet haben. Ich stimme auch allen zu, die meinen, Duke Nukem Forever konnte dem Hype und seinem Vorruhm gar nicht gerecht werden, aber das ist kein Freibrief, ein so uneinheitliches und dünnes Spiel auf den Markt zu bringen.
Das Spiel meint es zweifellos gut. Es möchte geliebt werden, es möchte uns zum Lachen bringen, es möchte uns große Dinge, die explodieren, zeigen, es möchte uns unterhalten und keine Langeweile aufkommen lassen, es möchte, dass wir „Spaß“ haben.
Leider hängt zu viel davon ab, dass man die Gegenwart von Duke Nukem für sich allein genommen lustig und unterhaltsam findet. Doch was bleibt übrig, wenn man ihn (oder zumindest die vage, an Fan-Fiction erinnernde Version, die uns hier geboten wird) abzieht? Die Trailer von rund 30 verschiedenen Spielen aus den Jahren 1997 – 2011, die recht unbeholfen aneinandergereiht und ein wenig interaktiv gestaltet wurden, jedoch ohne Sinn und Zweck. Duke Nukem Forevers Vermächtnis ist ein durchaus passendes – das Spiel ist ein fadenscheiniges Dokument des Spieledesigns, der Spieletrends und –werte der letzten eineinhalb Jahrzehnte. Es war immer klar, dass Duke Nukem Forever Geschichte machen würde – und nun ist es Geschichte geworden.
PRO: Etliche Verneigungen vor Duke Nukem 3D; recht umfangreiche Einzelspielerkampagne; die interaktiven Umgebungen sind unterhaltsam.
CONTRA: Sehr durchschnittliche Grafik; altbackenes Gameplay und Design; behäbige Steuerung; regelmäßige und lange Ladezeiten; wenig Abwechslung; Fäkalhumor.
Abschließende Wertung
Spiel: 4,25/10
Spaßfaktor: 5,0 (für Durchschnittsspieler), 8,0 (für eingefleischte Duke Nukem-Fans)
Also ich kann deine Kritikpunkte ja durchaus nachvollziehen, vor allem die vielen Dinge die im Gegensatz zum Vorgaenger unnoetigerweise dazu gekommen sind. Aber...
AntwortenLöschen...ich hab das Spiel nach drei Jahren wieder angefasst und konnte mich dann reinspielen. Englische Sprachausgabe machts schon launiger und auch sonst: Groesstenteils hat es mir Spass gemacht. Vor allem auch das DLC "The Doctor Who Cloned Me".
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