Saints Row: The Third - Der Spaß und Spiele Test

 

Eine ständig besser werdende Open-World-Serie ergibt sich der Geschmacklosigkeit – mit durchschlagendem Erfolg

Nicht viele Spieleserien bringen es zuwege, in nur drei Folgen von einer reinen Kopie eines supererfolgreichen Titels zu einem respektierten Kollegen desselben zu werden. Aber die Saints Row-Reihe, die als Grand Theft Auto-Klon begann, da Volition ausnützen wollte, dass Rockstar keine Eile hatte, seine Serie auf die HD-Konsolen der neuen Generation zu bringen, hat ich zu etwas völlig anderem gewandelt du ist zu dem Spiel geworden, von dem sich viele wünschen, es wäre GTA.

Ich möchte keineswegs über GTA IV herziehen – es ist nach wie vor eines meiner Lieblingsspiele -, aber Rockstar entschloss sich ganz bewusst, dieses Spiel zu einer Plattform für eine bessere Handlung und die Welt mehr zu einer interaktiven Bühne als zu einem Sandkasten voller Raketenwerfer zu machen. Das Problem ist nur, dass ein Sandkasten voller Raketenwerfer sehr viel Spaß verspricht. Die Spielegestalter bei Volition scheinen das begriffen und die Entwicklung der Saints Row-Reihe unter das Motto „Wie können wir die Spieler ein Höchstmaß an Spaß haben lassen?“ gestellt zu haben.

Statt wie GTA düsterer zu werden, wurde Saints Row greller und alberner. Indem es sich selbst nicht zu ernst nimmt, kommt es auch mit vulgären Momenten durch. Es bleibt ihm eigentlich auch nicht viel anderes übrig – wie sonst sollte man es rechtfertigen, dass man mit 100 Sachen über den Gehsteig brettert und dabei Fußgänger niedermäht, als führe man mit einem Mähdrescher auf einem Weizenfeld herum, ohne irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen? Saints Row weiß ganz genau, was es ist: ein Spiel, nicht mehr und nicht weniger.

Diese Selbsterkenntnis mutiert bisweilen zur cleveren Satire. Ich war schon immer der Ansicht, dass Saints Row irgendwo zwischen GTA und Postal anzusiedeln ist. Zu Beginn von Saints Row: The Third werden wir in eine surreale Welt eingeführt, in der die Saints gefeierte Berühmtheiten sind, denn die Popkultur hat aus unerfindlichen Gründen Gefallen an brutalen Straßenbanden gefunden, die sich in aller Öffentlichkeit auf Schießereien einlassen und rücksichtslos in gestohlenen Autos durch die Stadt rasen, und behandelt sie wie Rockstars. Es gibt sogar gewisse Passanten, die Sie photographieren wollen. Mehr als einmal posierte ich vor den ausgebrannten Wracks von Polizeiautos und Panzern, die ich selbst zerstört hatte.

Es sind Momente wie diese, die Saints Row: The Third zur ultimativen Sandkasten-Erfahrung machen, die manche Spieler bevorzugen, aber sicherlich alle genießen können. Vergleichen Sie diese Erfahrung nur einmal mit der Einzelspielerkampagne eines der großen militärischen Shooter dieses Jahres. Sie können über Ihre Erfahrung mit letzteren nicht mit Ihren Freunden reden und davon ausgehen, dass sie einzigartig ist. Zwei Spieler, die über einen Abschnitt von Battlefield 3 sprechen, werden nahezu dasselbe erlebt haben. Zwei Spieler, die Saints Row: The Third spielen, werden auf zahllose Details stoßen, die ihnen nicht gemeinsam sind.

Das beginnt schon mit dem Charaktererstellungswerkzeug. Es sollte nicht unterschätzt werden, wie demokratisch dieses Feature ist; Sie können sein, wer immer Sie sein wollen. Der Umstand, dass der von Ihnen kreierte Charakter in den filmischen Zwischensequenzen vorkommt, macht die Erfahrung eines jeden Spielers einmalig und gibt Ihnen das Gefühl, am Design des Spiels mitgewirkt zu haben. Das ist ein ziemlich cooles Konzept, das auch in Aktion gut wirkt.

Die Entwicklung des Charakters, als der Sie im Spiel unterwegs sind – er oder sie wird nur als „Der Protoagonist“ bezeichnet -, hört damit noch lange nicht auf. Saints Row: The Third ist praktisch ein Rollenspiel, zumindest in Bezug auf die umfangreichen Möglichkeiten die Ihnen an die Hand gegeben sind, Ihren Charakter durch persönliche Upgrades zu verbessern, ganz zu schweigen von dem System zum Upgrade Ihrer Waffen und Autos. Zwar sorgt die offene Welt für viel Abwechslung im Gameplay, aber die Möglichkeiten der Individualisierung sind auch nicht zu verachten und bereichert die Spielerfahrung um eine weitere Ebene.

Diese offene Welt von Steelport hat jedoch ihre eigenen Probleme. Sie ermöglicht Ihnen sehr viele Aktivitäten, die Ihnen Geld und Respekt einbringen, und wartet mit zahlreichen unterschiedlichen Geschäften auf, in denen Sie einkaufen oder die Sie erwerben können (Sie erhalten jedoch nur in Shops, die Ihnen gehören, Ermäßigungen), aber das Layout insgesamt lässt zu wünschen übrig. Sie ist geografisch nicht annähernd so interessant wie Stillwater aus dem vorangegangenen Spiel. Steelport erinnert viel mehr an eine stark vereinfachte Version von GTA IVs Liberty City, was die Stadt zu einer supervereinfachten Version von Manhattan und seiner umliegenden Bezirke macht. Ich weiß nicht, ob das von den Designern so beabsichtigt war, aber die Welt von Steelport sprach mich nicht annähernd so an wie die vorangegangenen Spiele der Serie und ich verspürte eigentlich nie das Bedürfnis, herumzufahren und einfach nur die Stadt zu genießen.

Mein anderes großes Problem mit dem Spiel ist von wichtigerer Natur und auch für den Durchschnittsspieler leicht zu erkennen. Wenn man Saints Row: The Third mit dem ersten Spiel der Serie vergleicht – natürlich auf derselben Hardware -, ist leicht zu erkennen, dass das der neuere Titel grafisch um einiges ausgereifter ist. Allerdings kann Das Spiel mit anderen Titeln seines Jahrganges kaum mithalten, sondern wirkt im Vergleich eher retrograd. Dazu kommt noch, dass die Framerate ganz schön ins Stottern gerät, wenn auf dem Bildschirm vieles zugleich passiert. Die Glitches sind nicht schlimmer, als man von einem Open-World-Spiel erwarten würde (in dem Genre sind sie weit verbreitet), aber die Performance insgesamt lässt häufig zu wünschen übrig.

Doch letztlich fällt das kaum ins Gewicht. Saints Row: The Third sorgt mit seinen komisch-absurden Situationen für so viele Momente reiner, unverfälschter Freude, dass kaum etwas in der Lage wäre, das Vergnügen zu trüben. Das Spiel wartet sogar mit einer lächerlichen, aber durchaus befriedigenden Handlung auf, noch dazu mit sich verzweigenden Pfaden, die umso verrückter und intensiver werden, je weiter das Spiel fortschreitet. Die zwei Enden des Spiels sind wie zwei völlig verschiedene Kapitel eines Buches und dieser Umstand ermöglicht Ihnen, diese Mission noch einmal aus der Sicht der anderen Seite zu spielen. Danach können Sie in die offene Welt zurückkehren.

Ich schäme mich nicht dafür, dass ich Saints Row: The Third mag. Es ist kindisch, gelegentlich anstößig (es tut mir leid, ich schieße nicht gerne auf Bikinimodels, selbst wenn diese versuchen, mich umzubringen), und manchmal habe ich das Bedürfnis, nach dem Spielen zu duschen. Aber ich kann mich nicht erinnern, in letzter Zeit ein Spiel gespielt zu haben, das so sehr darauf ausgelegt war, den Spieler so viel Spaß als irgend möglich haben zu lassen, und zwar auf welche Weise er auch immer will. Saints Row: The Third ist wie eine riesige Party, die nie aufhören soll.

PRO: Unterhaltsames, flexibles Gameplay mit vielen riesigen Explosionen; einige wirklich erinnernswerte Charaktere, darunter ein Zuhälter mit Auto-Tune-Stimme; coole Fahrzeuge und Waffen mit vielen individuellen Anpassungsmöglichkeiten; Burt Reynolds.

CONTRA: Technische Probleme wie Abstürze der Framerate und graphische Glitches zeugen von einem Mangel an technischem Feinschliff; einige seltsame Designentscheidungen – ich nahm Mitglieder meiner eigenen Gang als Geisel, während ich mein Haus betreten wollte, weil beide auf demselben Button waren; die Karte ist nicht wirklich berauschend – einige Gegenden werden viel zu wenig genutzt.

Abschließende Bewertung

Spiel: 8,0

Spaßfaktor: 9,0