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Leben und Tod von Skyrims Lydia

 

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Lassen Sie mich gleich zu Beginn feststellen, dass dies kein Spoiler ist. Dies ist ein zufälliges Sandbox-Ereignis, das ausschließlich durch meine Aktionen im Spiel ausgelöst wurde und nicht so im Spiel festgeschrieben ist. Ihre Lydia könnte ewig leben. Also…

Ich gebe gerne zu, dass Lydia rein technisch nichts Besonderes an sich hat, das sie von all den anderen Charakteren unterscheiden würde, die Sie im Spiel als Begleiter anheuern können. Auch der gruselige langhaarige Sonderling mit hoher Stirn und der Typ, der Sie wissen lässt, das Sie ein guter Freund sind, nachdem Sie ihn im Faustkampf besiegt haben, werden Türen blockieren, mitten in Kochgeschirr hineinlaufen, während Sie etwas stehlen möchten, oder ganz gezielt alle Fallen auslösen, während Sie sich im Gefahrenbereich aufhalten. Das machen Begleiter in Skyrim nun einmal.

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Aber Lydia ist doch einzigartig. Einerseits wird sie Ihnen offiziell vom Jarl zugeteilt, andererseits ist sie ziemlich hübsch. Und dazu kommt noch ihr passiv-aggressiver Sarkasmus. Was immer es ist, ich konnte in Skyrim nirgends ohne sie hingehen. Was vor allem auch daran lag, dass ich oft getötet wurde. Aber auch daran, dass es Spaß machte, sie um mich zu haben.

Man kann wohl schwerlich behaupten, dass Momente wie dieser das Spiel nicht besser machen:

Und so kam es, dass Lydia und ich aus den Dungeons von Volskygge in der Nähe des Pineforest Tower auftauchten. Ein Shout stand an die Wand geschrieben. Als ich ihn in mein Wesen aufnahm, sprang ein in der Nähe stehender Sarg auf und gab den Blick auf den schrecklichen Volsung frei.

Das war ein schwerer Kampf. Ich starb etliche Male, zumeist dank Lydias entschlossener Bemühungen, wenn möglich immer zwischen mir und dem Feind zu stehen. Aber mit viel Ehrgeiz, dem Einsatz von Tränken und auch ein wenig Geschick konnte er schließlich getötet werden, worauf ziemlich beeindruckend sowohl einen Haufen Asche am Gipfel des Berges als auch sein Leichnam am Fuß desselben zurückblieb, wobei beide seine Besitztümer enthielten.

„Lydia!“ rief ich vermutlich aus. „Wir haben es geschafft!“

„Lydia?“

Begleiter in Skyrim können allein nicht sterben. (Eigentlich schon, aber das ist dann eher ein Unfall, denn Feinde ignorieren sie einfach, sobald sie sich zusammenkauern.) Wenn sie im Kampf ernsthaft verletzt werden, nehmen sie die Nackter-Arnold-Pose ein, bis sie genügend Gesundheit zusammenkratzen können, um sich wieder in den Kampf zu stürzen. Außer sie werden von Ihnen getötet. Sie können Ihre Begleiter töten, entweder mit voller Ansicht oder durch tödlichen Zufall. Und da sie mit solcher Begeisterung vor Ihren Waffen herum- und in Ihre Angriffe hineinlaufen, kommt das gar nicht so selten vor.

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Lydia starb schon zuvor. Ziemlich oft. Und obwohl sie im Spiel nicht wirklich von Nutzen ist, fühlte ich mich immer veranlasst, den letzten Spielstand zu laden, den Kampf von vorne zu beginnen und sicherzustellen, dass sie ihn überlebt. Das lag wohl daran, dass sie durch meine Hand starb und ich deshalb Gewissensbisse hatte.

Aber Begleiter neigen auch oft dazu, einfach zu verschwinden. Sie fallen irgendwo hinunter oder bleiben an einem Felsen hängen, aber letztlich tauchen sie immer wieder auf. Und nachdem ich mich kurz nach einem Leichnam umgesehen hatte, nahm ich an, dass dies auch hier passiert sein musste. Und speicherte.

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Sie würde wieder auftauchen. Ich wanderte herum, suchte in er Umgebung nach interessanten Dingen und wartete auf das vertraute Geklapper von umgeworfenen Gegenständen und ausgelösten Fallen. Aber es war nichts zu hören. Also versuchte ich es mit schnellem Reisen – jener genialen Technik, die dafür sorgt, das Pferde und Begleiter auf magische Weise neben einem erscheinen. Aber keine Spur von Lydia.

Ich kehrte nach Whiterun zurück, betrat mein Haus und ging in ihr Zimmer, aber Lydia war nicht da. Ich begab mich nach Dragonsreach, wo sie sich oft im Speisesaal aufhielt, als ich noch kein eigenes Haus hatte. Aber auch dort war sie nicht anzutreffen. Ein leerer Stuhl. Es sah schlecht aus.

Ich heuerte Jenassa, die Elfenlady mit dem eigenartigen Gesicht wieder an, weil ich mich einsam fühlte und noch immer nicht gut kämpfen konnte. Aber es war nicht dasselbe. Sie war nicht Lydia. Ich wollte Lydia! Aber vielleicht, nur vielleicht, bestand noch eine Chance, dass sie am Leben war. Denn falls sie nicht mehr am Leben war, dann hatte ich sie getötet und einfach weitergemacht. Das konnte, durfte nicht sein.

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Ich kehrte zum Schauplatz des Kampfes zurück, einem sehr steilen Abhang mit je einer Ruine oben und unten. Der Kampf hatte oben begonnen, aber es war davon auszugehen, dass Lydia irgendwo weiter unten sein musste. Jenassa konnte in ihrem tatsächlich-noch-weniger-brauchbar-als-Lydia Zustand nicht einmal einen weg von der unteren Ruine zum Abhang finden, weshalb ich bei der Suche weitgehend auf mich allein gestellt war. Und da stellte ich fest, dass ich mir wirklich Sorgen machte. Was albern war.

Nun, zum Schauplatz eines Kampfes, in dessen Verlauf möglicherweise eine alles andere als hilfreiche Begleiterin ums Leben kam, zurückzukehren, um ihre Leiche zu finden, war verdammt albern. Als ich eine Leiche entdeckte und hinrannte, lief mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Aber es war nur ein toter Bandit. Sie können sich meine Erleichterung kaum vorstellen. Das fand ich gar nicht seltsam. Wenn man sich einmal so in ein Spiel hineingesteigert hat, kommt einem gar nichts mehr seltsam vor.

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Mitten in meiner Suche wurde ich von einigen Banditen mit Punkhaaren attackiert, die den feierlichen Ernst der Situation nicht erkennen wollten und nur die Zahl der falschen Leichen erhöhten. Ich schluckte, rannte hin, war erleichtert und hatte jedes Mal das Gefühl, dass sie noch leben könnte. Ist das…? Nein, es ist okay. Ist das…?

Ich entdeckte noch einen weiteren Banditenleichnam, ging hin, um nachzusehen, und OhmeinGott.

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Da war sie also. Tot. Am Fuße des Abhangs. Ich hatte sie getötet.

Nachdem ich alle wertvollen Gegenstände, die ich ihr zum Tragen gegeben hatte, wieder an mich genommen und ihre Rüstung an Jenassa weitergegeben hatte, hielt ich inne, um zu trauern. Und dann kam ich auf den Gedanken, dass ich Sie „anständig begraben“ müsste.

Es schien nur angemessen, sie auf den Gipfel des Hügels zu schaffen und im leeren Sarg ihres Killers zu bestatten. (Ja, ich bezeichne Volsung als ihren Killer – er fügte ihr den meisten Schaden zu, ich hatte nur das Pech, sie mit ein wenig Magie endgültig zu erledigen. Vor Gericht käme ich mit dieser Argumentation sicher durch.) Ja, es mag seltsam wirken, sie im Sarg ihres Mörders zu bestatten, aber ich habe gerade zehn Minuten damit zugebracht, nach einer toten NPC-Begleiterin zu suchen, die ich nun begraben möchte, weshalb seltsam relativ ist. Und, nun ja, Leichen bleiben in Skyrim für immer liegen! Sie würde für den Rest des Spiels seltsam verdreht bei den Felsen liegen. Und ich wüsste es.

Zu diesem Zeitpunkt ziehe ich also einen nackten Leichnam einen Hügel hinauf. Und der Hügel ist zu steil, als dass man ihn normal hinaufgehen könnte.

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Alle, die schon seit einiger Zeit Videospiele spielen, ist sicher die Technik bekannt, wie man Hänge hinaufkommt, die so steil sind, dass der Spielcharakter nicht hinaufgehen kann. Wenn man World of Warcraft, aber auch andere Spiele, gründlich erforschen möchte, muss man auf den einen oder anderen Berg klettern, was das Ausnützen von Glitches und die Anwendung von Trick erfordert, die es erlauben, Felsspalten hinaufzurutschen, an Hängen entlangzurutschen und jedes Mal, wenn man festen Boden unter den Füßen hat, kräftig abzuspringen, um einige Meter an Höhe zu gewinnen. Ich mache davon bei der Erforschung von Skyrim immer wieder Gebrauch, aber ich hatte nie überlegt, wie viel schwieriger dies mit einem Leichnam im Schlepptau sein würde. Das Halten von Objekten ist in Skyrim unzuverlässig genug (Umschalt + Benützen, für alle, die den Befehl noch nicht entdeckt haben) und wenn man einen Leichnam zieht, ist es schon schwierig, in gerader Linie zu gehen. Vom Erklimmen eines Abhangs ganz zu schweigen.

Man kann nicht springen, wenn man eine nackte tote Lydia halten muss. Und um hinaufzukommen, muss man springen. Ich musste also eine neue Technik entwickeln, die darin bestand, Lydia hinaufzuwerfen, dann zu springen und zu versuchen, sie aufzufangen.

Beim ersten Mal gelang mir dies nicht. Auch beim dritten Mal nicht.

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Plötzlich klingelt das Telefon. Ich schrecke auf und lasse Lydia los. Sie rutscht den ganzen Berg hinunter und kracht einmal mehr unten gegen die Felsen.

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Letztlich gelingt es mir doch, sie hinaufzuschaffen. Meine Versuche, sie in den Sarg zu legen, sind nicht schön mitanzusehen. Ihre Arme und Beine so zu arrangieren, dass sie nicht seltsam verdreht vor den nordischen Göttern erscheint, ist eine komplizierte Angelegenheit. Aber es gelingt mir. Nun liegt sie also schön ausgestreckt in dem Sarg vor der beeindruckenden Wand, auf der der Shout zu finden ist. Der Ausblick auf die verschneite Landschaft ist wunderschön. Ihr würde das gefallen. Wäre sie eine Person und nicht nur eine verdammte AI.

Und dann fiel mir ein, dass ich über einen Zauber zur Wiederbelebung von Leichen verfüge.

Sie würden es auch tun.

Ich bin mir nicht sicher, was ich erwartet hatte. Der Zauber sorgt dafür, dass ein Leichnam für 60 Sekunden zu einem den Spieler unterstützenden Zombie wird. Könnte ich ihn einmal pro Minute anwenden und so tun, als wäre sie noch am Leben? Das wäre gar nicht eigenartig. Ich könnte sie so zumindest nach Hause bringen und ihren Leichnam in meinem Haus haben, wie es jede normale Person tun würde.

Aber es funktionierte nicht. Der Zauber war nicht stark genug. Oder Lydia war zu stark für ihn, wie mich das Spiel wissen ließ. Und ich brachte es endlich über mich, sie ruhen zu lassen und weiterzumachen.

Bis ich einen stärkeren Wiederbelebungszauber fand und kaufte. Einen, der stärkere Tote zurückbringen konnte. Also vielleicht? Ich kehrte an den Ort zurück, an dem ihr nackter Leichnam im offenen Sarg lag, vermutlich von der Kälte frisch erhalten. Und versuchte es noch einmal.

Sie ist weg. Und ich finde mich langsam damit ab. Ich spiele weiter. Ich schreie nun Janessa an und behaupte unfairerweise, dass „Lydia das nie getan hätte“, obwohl ich genau weiß, dass sie es selbstverständlich getan hätte.

1 Kommentar:

  1. auch ich finde diesen text gut - so gut dass ich ihn gerne in meine kurzgeschichtensammlung aufnehmen würde. Meldest du dich mal bei mir?

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