Blutlos und plump, aber wenigstens auf unterhaltsame Weise bescheuert
Jaws (Der weiße Hai) ist kein komplexer Charakter. Er ist ein großer, künstlicher Hai, der in einer 36 Jahre alten Filmserie lebt, in dunklen Gewässern lauert und Menschen frisst. Wenn er jedoch in Videospiele übertragen wird, gerät er immer in absurde Situationen und bekommt es mit bösen Unternehmen, übermütigen Tiefseetauchern und riesigen Unterwassermonstern zu tun. Und die für Teenager geeignete, über weite Strecken blutlose Wii-Version von Jaws: Ultimate Predator mag die bisher albernste Situation sein, in die er geraten ist.
Oben: Schleich- und Luftangriffe erfordern, dass Sie einen Pfeil auf einer anzeige stoppen, also genau wie in „Der weiße Hai“
Während die 3DS-Version von Jaws: Ultimate Predator eine relativ realistische, blutige Haisimulation ist, in der der Titelheld Schwimmer und Fischer verspeist, schlägt die Wii-Version den entgegengesetzten Weg ein und präsentiert sich als lineares, bizarres Abenteuer mit echter Story. Anstatt einfach an Schwimmern zu knabbern, liefert sich der weiße Hai hier Kämpfe mit im Wasser lebenden Feinden wie See-Elefanten, anderen Haien und (gelegentlich) Tauchern, aber auch mit Unterwasserrobotern, mutierten Meeresungeheuern und (vermutlich geklonten) Dinosauriern. Das Spiel kommt nicht an den Open-World-Wahnsinn von Jaws Unleashed aus dem Jahre 2006 heran (Sie müssen zum Beispiel nicht irgendeinen Wissenschafter an einem Kartenlesegerät vorbeiziehen) und ist enttäuschend blutarm und gänzlich linear. Aber es ist dennoch ein durch und durch albernes Spiel.
Irgendwo gibt es ein alternatives Universum, in dem Der weiße Hai in einen Samstagmorgen-Cartoon verwandelt wurde. Es muss eines geben. Wie sonst ließe sich die cel-shaded Verrücktheit erklären, mit der wir es hier zu tun haben.
Zuerst wäre da der weiße Hai selbst, ein riesiger grauer Schrecken, dem die Kamera mit viel zu geringem abstand folgt und der seine Feinde mit freischaltbaren Biss- und Schwanzflossenschlag-Combos attackiert. Dazu kann sein Aussehen mit neuen und härteren Flossen und Zähnen sowie mit anderen Texturen ständig verbessert und verändert werden. Seine Angriffe beginnen glaubwürdig genug, denn er schlägt zunächst wild um sich oder schleicht sich an Taucher heran, um sie blitzartig totzubeißen, aber je mehr Attacken Sie freischalten (Mit Hilfe von Punkten, die Sie für Kills und eingesammelte Haizähne erhalten), desto unrealistischer werden sie – er windet sich, schlägt Salti und schwimmt engste Achter, etc. Falls Sie nach einer „seriösen“ Haisimulation suchen, werden Sie hier nicht fündig.
Seine Angriffe laufen übrigens fast ohne Blutvergießen ab (das rote Zeug erscheint nur in kleinen, kaum wahrnehmbaren Spritzern auf dem Bildschirm) und sind so gestaltet, dass man den Eindruck gewinnen muss, er würde seine Feinde und Opfer nicht wirklich auffressen (abgesehen von Schwärmen von Kaiserfischen, die er verschlingt, um seine Gesundheit aufzufüllen). Während Jaws Unleashed neue Standards in Sachen Unterwasserblutvergießen setzte, treiben besiegte Gegner hier nur davon (und zwar intakt) und verschwinden. Selbst wenn der weiße Hai fest zubeißt und sie zu Tode schüttelt, ist das Resultat nichts Brutaleres als eine Wolke von Bläschen.
Oben: Dies mag wie Blut aussehen, aber lassen Sie sich nicht zum Narren halten. Es ist ein Kamerafilter, der auftaucht, wenn er eine Power-up-Qualle frisst.
Berücksichtigt man noch die blecherne Version des berühmten Jaws-Themas und die Handlung des Spiels (sie wird in Standbildern mit Erzählerstimme dargeboten), in der es um den Kampf des weißen Hais gegen ein Megaunternehmen geht, das die Weltherrschaft übernehmen und sich nebenbei aus irgendeinem Grund an ihm rächen möchte, drängt sich die Frage auf: Für wen ist dieses Spiel gedacht? Wer hat sich die Jaws-Reihe angesehen und gedacht, am besten wäre es wohl, daraus ein blutloses Unterwasserkampfspiel zu machen? Es drängt sich der Eindruck auf, dass man hier die absurdesten Aspekte von Jaws Unleashed genommen und zu einem vollen Spiel ausgewalzt hat. Es ist allerdings nicht ganz verständlich, warum Majesco daraus nicht einfach „Discovery Channel Presents: Shark Adventure“ gemacht und den berühmtesten Hai der Filmgeschichte in Ruhe gelassen hat, damit er sich durch angemessenere blutige Menschenfress-Simulationen beißen kann.
Die Albernheit ist selbstverständlich nicht auf die blutlosen Kämpfe beschränkt. Die Levels, die der weiße Hai bewältigen muss, sind eine scheinbar wahllose Aneinanderreihung von Unterwasserschauplätzen, die vom Suezkanal und dem Great Barrier Reef bis hin zu einem überfluteten ägyptischen Tempel, einem untergehenden Forschungsschiff und einem abgelegenen Forschungszentrum voller gigantischer Monster und Robotertauchanzüge reichen. Die Entwickler verdienen Lob dafür, dass sie diese mit gelegentlichen geheimen Umwegen und sammelbaren Fischen gefüllt haben, aber die Levels sind einfach zu simpel, linear und albern.
Oben: Der weiße Hai verfügt auch über einen „Haisinn“, der alles grün einfärbt und Feinde, Objekte und Sichtlinien enthüllt (notwendig für heimliche Angriffe).
Die Bosskämpfe sind ebenfalls eine Erwähnung wert. Ab und zu gerät der weiße Hai in eine Auseinandersetzung mit einem riesigen Feind, etwa einem See-Elefanten mit Klauen, einem gigantischen Tintenfisch, einem Killerwal oder einem großen Tauchroboter, der von einem kleineren Tauchroboter gesteuert wird (in dem wiederum ein schwächlicher Taucher sitzt). Von der finalen Konfrontation ganz zu schwiegen, in unser Hai es mit einem Boot zu tun bekommt, dass mit unglaublich vielen Waffen ausgerüstet ist. Doch diese Kämpfe sind keine echten Herausforderungen, sondern beschränken sich auf einfache, kaum zu verlierende Quicktime-Ereignisse, in deren Verlauf Sie Wii Remote und Nunchuck in die Richtungen bewegen, die auf dem Bildschirm angezeigt werden.
Das mag zwar für hübschere(?) Bosskämpfe sorgen, aber es macht auch den fast völligen Mangel an Herausforderungen noch deutlicher. Es gibt zwar gelegentliche plumpe Schleichabschnitte, aber bis zum Schluss verbringen Sie Ihre Zeit damit, austauschbare Gruppen von Haien, Seehunden, Tauchern, Killerwalen und Alligatoren zu bekämpfen, und stoßen nur gelegentlich auf einen Gegner, der eine echte Bedrohung darstellt. Da sich die Action sehr stark wiederholt, gereicht dem Spiel seine Einfachheit zum Vorteil, da es so nicht so einer mühsamen Plackerei wird, sondern sich als unterhaltsam rasche Tollerei durch exotische Umgebungen präsentiert, in deren Verlauf man sich als Meeresbestie unbeschwert austoben kann.
Jaws: Ultimate Predator ist wahrlich kein gutes Spiel (obwohl es noch immer besser ist als die blutigere 3DS-Version). Es ist hässlich, schwerfällig, reich an Bugs und wird alle enttäuschen, die einfach nur in die Rolle eines riesigen Hais schlüpfen möchten, der Menschen frisst. Es ist jedoch ein seltsames Spektakel, dass man unbedingt einmal gesehen und gespielt haben sollte, was aufgrund seiner Kürze und Einfachheit zum Glück nicht allzu lange dauert.
PRO: Herrlich alberner Plot und seltsame Kreaturen; Levels sind überraschend abwechslungsreich; in die Rolle eines bösen Hais zu schlüpfen macht Spaß.
CONTRA: Nur wenige Auseinandersetzungen mit Menschen; die Action ist frustrierend jugendfrei und wiederholt sich stark.
Abschließende Bewertung
Spiel: 4,5
Spaßfaktor: 5,0
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