Sex, Seelen und Schwerter ergeben ein aufregendes und abwechslungsreiches Kampfspiel
Dies ist das beste SoulCalibur bisher. Der fünfte (eigentlich der sechste) Teil der Hauptserie vermeidet die Fehltritte seiner beiden Vorgänger, während er die gelungenen Aspekte beibehält und einige neue interessante Features hinzufügt. Allerdings bedeutet „das beste SoulCalibur bisher“ nicht mehr das, was es einst bedeutete. Mittlerweile bekommen wir das seit mehr als einem Jahrzehnt zu hören. Wie geschmeidig und glänzend der neue Anstrich auch sein mag, wir haben das Spielchen schon erlebt.
Die Liste der Kämpfer ist lang und abwechslungsreich wie eh und je. Das echte, ernstzunehmende Online-Spiel das mit dieser Ausgabe hinzugefügt wird, ist seit langem überfällig. SoulCalibur V bringt all das mit, was man sich heutzutage von einer Kampfspiel-Fortsetzung erwartet, aber noch wichtiger ist, dass sich keine Fehler eingeschlichen haben. Nichts hat sich zurückentwickelt, wenn man einmal davon absieht, dass einige meiner Lieblingsmoves verändert oder entfernt wurden. Aber das ist unvermeidbar, da es schließlich um eine Serie geht, in die ich mehrere hundert Spielstunden gesteckt habe.
Alle, die die Entwicklung von SoulCalibur V verfolgt haben, wissen, dass der neueste Titel 17 Jahre nach den Ereignissen von SoulCalibur IV spielt. Wenn es etwas gibt, das diese Serie immer schon besser gemacht hat als die anderen Kampfspiele, dann ist es das Erdenken von Umständen und Gründen - mögen sie auch noch so gewunden sein -, die über das übliche Turnierszenario hinausgehen, um die Kämpfer zusammenzuführen und aufeinander einprügeln zu lassen.
SoulCalibur V ließ sich offenbar von Mortal Kombat inspirieren und bietet eine fokussiertere und prägnantere Geschichte, die ohne die verwirrenden zahlreichen Handlungsstränge auskommt, die man in den meisten Kampfspielen findet. Diesmal geht es in erster Linie um die Beziehung zwischen Patroklos und Pyrrha Alexandra (Kinder der in der Serie tief verwurzelten Sophitia) und die Konflikte, mit denen sie fertigwerden müssen, als Soul Blade und Soul Edge versuchen, mehr als nur ihre Familie auseinanderzureißen. Es dauert zwar nur einige wenige Stunden, diese Reise zum Abschluss zu bringen, die durch filmische Zwischensequenzen und mit der Hand gezeichnete Skizzen aufgewertet wird, aber das Ganze ist sehr gut gemacht und fesselt einen, bis der letzte Schlag sein Ziel gefunden hat.
So gut die Story auch sein mag, sie ist dennoch der Schwachpunkt des Spiels. Project Soul gebührt Lob dafür, dass man sich die Mühe gemacht hat, etwas zu bieten, dass Gewicht hat, aber es ist ein wenig enttäuschend, dass nur einige wenige Kämpfer für die Ereignisse wirklich von Bedeutung sind.
Das wäre nicht weiter störend, wenn es daneben individuelle Geschichten für jeden Kämpfer im Arcade Modus des Spiels gäbe. Leider ist dies nicht der Fall: Charaktere wie Mitsurugi, Hilde und der besondere Gaststar Ezio Auditore aus Assassin’s Creed sind nur da, um die Liste der Kämpfer aufzufüllen. Mich persönlich stört dies weniger, da es ziemlich mühsam sein kann, ein Spiel immer wieder durchzuspielen, bis man alle Charaktere freigeschaltet hat – SoulCalibur V beschränkt dies auf ein Minimum, da 21 der 27 Kämpfer schon von Beginn an verfügbar sind -, aber Spieler, die sich eine umfassendere Einzelspielererfahrung wünschen, werden wohl ein wenig enttäuscht sein.
Neben der Hauptstory und dem Arcade Modus – indem man die Kämpfer nach in Europa beziehungsweise in Asien geborenen unterteilen kann – gibt es auch noch einen Quick Battle und einen Legendary Souls Modus. Im Quick Battle Modus werden wohl die meisten Spieler ihre Offline-Zeit verbringen – neben dem exzellenten Trainingsmodus -, denn er ermöglicht es, sich auf unkomplizierte Weise mit unterschiedlich starken AI-Gegnern zu messen und neue Titel zu sammeln, mit denen man online prahlen kann. Legendary Souls hingegen ist für masochistisch veranlagte Kampfspielfans gedacht, denn dieser Modus ist extrem schwierig und verzeiht nicht den kleinsten Fehler. Obwohl ich diesen Modus bis jetzt noch nicht bewältigt habe, muss ich sagen, dass die AI wirklich beeindruckend ist. Die Gegner greifen mit Combos an, die sehr großen Schaden verursachen. Leider verfüge ich nicht über die Fähigkeiten, diesen regelmäßig auszuweichen, aber der Modus animiert mich dazu, ein besserer Kämpfer werden zu wollen.
Man kann zwar einige Inhalte offline spielen, doch Namcos aktueller Titel entwickelt die rollenspielartigen Modi, für die die Serie bekannt ist, überhaupt nicht weiter. SoulCalibur IV bot die Turm-Herausforderung, bei der die Spieler einzigartige und mitunter ziemlich schwierige Kämpfe meistern mussten. Im Falle des Erfolges wurden sie mit Gegenständen für den Character Creator des Spiels belohnt. SoulCalibur V hingegen belohnt die Spieler unabhängig vom Modus mit einem übergreifenden Spielerlevel.
Wenn die Spieler auf einen höheren Level aufsteigen, werden automatisch neue Ausrüstungsgegenstände für den stark verbesserten Character Creator freigeschaltet. Das Fehlen eines neuen Herausforderungsmodus ist zwar überraschend, aber da man durch das Spielen jedes beliebigen Modus zu neuen Ausrüstungsgegenständen kommen kann, stört dies nicht weiter. Bei Kampfspielen sollte sich alles um das Kämpfen drehen, am besten mit lebenden, atmenden Gegnern. Je weniger Zeit ich in anderen Modi zubringen muss, umso besser.
Manche werden die Defizite des Einzelspielerangebots darauf zurückführen, dass dafür zu wenig Entwicklungszeit zur Verfügung stand (was auch stimmen mag, da der Veröffentlichungstermin schon vor einem Jahr festgesetzt wurde). Letztlich ist dies jedoch irrelevant, da das Spiel das beste Gameplay bietet, das man seit SoulCalibur II im Rahmen der Serie gesehen hat. Und das ist allemal wichtiger als alle Einzelspielermodi zusammengenommen.
Die Geschwindigkeit war einer der Hauptgründe dafür, dass meinen Freunden und mir der zweite Teil so gut gefiel, und SoulCalibur V hat die Essenz davon perfekt eingefangen und um einige toll ausgearbeitete Neuerungen ergänzt. Quick Step, Just Guard und Guard Impact bieten dem defensiv ausgerichteten Spieler viele Optionen, während die neuen Brave und Critical Edge Attacks (Spezialangriffe) zusätzliche Strategien für das Zufügen großen Schadens eröffnen. Es dauert nicht lange, sich mit diesen neuen Features vertraut zu machen, weshalb Veteranen wie Neueinsteiger diese Fähigkeiten sehr bald in den Kämpfen einsetzen werden.
Den Mangel an Offline-Modi macht SoulCalibur V mit den soliden Online-Angeboten mehr als wett. Alle Standards wie Spielen nach Ranglisten und eine Sechs-Spieler-Lobby sind vorhanden. Das Lobby-System mit seinem Live-Stream-artigen Setup funktioniert ausgesprochen gut. Wartende Spieler können alle gerade stattfindenden Matches in einem Fenstermodus mitverfolgen und nebenbei mit andern chatten, die über kein Mikrophon verfügen, oder sich die Matches im Vollbildmodus ansehen, um nichts von der Action zu verpassen. Kleine Dinge wie diese tragen maßgeblich dazu bei, die Spielerfahrung persönlicher zu machen. Dass das Gameplay sehr zuverlässig und größtenteils verzögerungsfrei funktioniert, ist natürlich auch nicht schlecht.
Das einzigartigste Online-Feature ist der Global Colosseo Modus. In diesem Modus werden die Lobbys zunächst nach Regionen unterteilt (Nordamerika, Südamerika, Europa, Asien, etc.) und dann nach Zonen gegliedert. Sobald eine Lobby ausgewählt ist, können die Spieler an Turnieren teilnehmen, sich Lobbys zufällig zuteilen lassen, mit Spielern chatten, die weiter Lobbys eröffnen möchten oder einfach nur neue Freunde und/oder Gegner finden. Die Umsetzung des Ganzen ist simpel gehalten, aber die Spieler erhalten so mehr Möglichkeiten, zum Teil einer Kampfgemeinschaft zu werden, anstatt den ganzen Tag lang nur von einem Zufallsmatch zum nächsten zu hüpfen.
SoulCalibur V ist das SoulCalibur der nächsten Generation, auf das viele Fans sehnlich gewartet haben. Zwar leidet der Einzelspielerteil unter dem Fehlen einiger Modi, die die Serie zu dem machten, was sie heute ist, aber der wichtigste Aspekt – gut ausbalanciertes Gameplay – übertrifft alle Erwartungen. Wenn Namco Bandai jetzt noch ein DLC mit allen Kämpfern aus SoulCalibur II veröffentlicht, bleiben kaum Wünsche offen…
PRO: Fantastisch flüssiges Gameplay; tolle Grafik; sehr brauchbare Online-Modi; ständiges Festhalten von Statistiken und Fortschritten; verbesserter Character Creator; interessante neue Kampffeatures; exzellenter Trainingsmodus.
CONTRA: Einzelspielern wird nicht allzu viel geboten; die schlechten Sprüche sind noch zahlreicher geworden; Story nicht gerade berauschend.
Abschließende Bewertung
Spiel: 8,5
Spaßfaktor: 8,75
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