Anders Behring Breivik musste am Montag lächeln, als die Anklage ein Bild seines World of Warcraft Charakters Andersnordic zeigte.
Der norwegische Massenmörder, der gestand, im vergangen Jahr 77 Menschen getötet zu haben, muss ein nostalgisches Vergnügen dabei empfunden haben, als er an Blizzards MMORPG erinnert wurde. Breivik sagte aus, dass er das Spiel fast ununterbrochen spielte, um seine angebliche World of Warcraft Sucht als Deckmantel für die Planung seiner tödlichen Anschläge zu benützen.
Er verbrachte wirklich viel Zeit mit dem MMORPG. Ein Jahr lang spielte er es fast rund um die Uhr. The New York Times berichtet:
Mr. Breivik said he had taken the year beginning in December 2006 as a "sabbatical," during which he spent 16 hours a day playing the video game World of Warcraft.
"I know it is important to you and the media that I played this for a year," he told the court in response to Mr. Holden's questions. "But it has nothing to do with July 22. It is not a world you are engulfed by. It is quite simply a hobby."
World of Warcraft war ein „Hobby“, aber das Spiel war auch Breiviks virtuelles Leben, sein Alter Ego. Es war nicht nur für seine Opfer von Bedeutung. Und die Überbleibsel davon kann man überall im Netz finden.
Breiviks Videospiel-Alter-Egos
Andersnordic, oben zu sehen, war einer von Breiviks ersten World of Warcraft Charakteren. Er war ein Magier mit Level 77 und dem Titel Justicar. Das ist nur mit sehr viel Zeitaufwand (und durch das Töten von vielen Spielcharakteren) zu erreichen.
Der Website WarcraftRealms.com zufolge war Breivik 2006 – 2007 auf dem europäischen Nordrassil Server als Andersnordic unterwegs. Er trat in verschiedene Gilden ein und leitete diese auch, darunter Virtue (Tugend), Unit und, später, Nevermore. Alle drei Gilden waren „hardcore“ – das heißt, sie legten großen Wert darauf, als erste auf ihrem Server die massiven Raid-Bosse des Spiels zu besiegen.
Irgendwann wechselten Breivik und viele seiner Gildenkollegen auf den europäischen Silvermoon Server, wo er zwei Charaktere spielte, eine menschliche Magierin namens Conservatism und eine Tauren-Druidin namens Conservative – Namen, die möglicherweise signalisierten, wie wichtig Breiviks politische Ideologie für seine Identität war (und wohl noch immer ist).
Im Mai 2011 veröffentlichte Breivik in den World of Warcraft Foren einige Beiträge, die zum Teil noch immer nachgelesen werden können.
Mitunter hatte er freundliche Worte für Mitspieler und Gildenkollegen übrig. Er gratulierte andern Leuten auf seinem Server und gab Strategietipps.
Er ließ aber auch immer wieder jenen Radikalismus aufblitzen, der ihn letztlich dazu veranlassen sollte, seine terroristischen Pläne in die Tat umzusetzen.
Einmal diskutierte er in einem Thread über den schwedischen „Cyberbully“ Erik Walfridsson. Eine schwedische Website schilderte Walfridsson als jemanden, der Spaß daran hatte, anonym über andere Leute herzuziehen, und Breivik ließ es sich nicht nehmen, diesen Mann zu verteidigen.
„Hillarious! Poor woman with the dead dog:))“ schrieb Breivik. „Basically, according to the article; he likes to take the piss out of ppl he sees as pathetic, stupid and/or incompetent attention seekers.“
Als ein anderer Nutzer Walfridsson als „Idiot“ bezeichnete, verteidigte Breivik den Schweden.
„So why exactly do you think hes an idiot? Because he works against the Islamisation of Sweden?“ meinte er.
Erinnerungen seiner Mitspieler
In einem Thread im Forum für die World of Warcraft Gilde Last Legion auf dem Silvermoon Server, fanden etliche von Breiviks früheren Gildenkameraden zusammen, um über die Zeit zu diskutieren, die sie an seiner Seite mit dem Aufleveln und Töten von Bossen verbrachten.
„This is surrealistic, as an Norwegian it is hard to even comprehend what he has done and even harder to fathom his motives“, meinte Oda, einer seiner alten Gildenkameraden. „The killer portraited in our news papers and on television seems so far out that it is easiest to judge him as a rabbit psychotic. To know that i have been guilded and chated with him for over a year in Virtue, at least back then he seemed pretty normal, makes this even more uncomprehensible." [sic]
Breivik hatte die Gilde, die einst Virtue (Tugend) hieß, nach dem Abgang eines Spielers namens Skil übernommen. Dieser kehrte im vergangenen August in die Foren zurück, um sich darüber zu beklagen, was passiert war.
„Back in Virtue“, schrieb Breiviks früherer World of Warcraft Gildenkamerad, „at the time I valued his 'edginess' and constant desire to get things done but we agreed it was best to leave the people management to me, especially when he often aggravated people with his words without even realising.“
Skil sagte, Breivik habe die Gilde schlecht gemanagt. „I knew there was always that hardcore side to him to push progression raids, but manageable (with a lot of effort) from a guild perspective while I was around. When I returned from the break, I was disappointed with what was left behind."
Andere Spieler schrieben im vergangen Jahr, dass ihnen Breivik harmlos erschien.
Blizzard scheint Threads und Konversationen über Breivik, die in den World of Warcraft Foren auftauchen, sofort zu löschen. Ein Thread, in dem gefragt wurde, ob je irgendjemand mit Breivik interagiert hatte, wurde binnen Sekunden gelöscht.
Obwohl der Massenmörder vermutlich lange Jahre hinter Gittern verbringen wird, hat sein virtueller Fußabdruck allem Anschein nach etliche europäische World of Warcraft Spieler beeinflusst. Erst gestern meinte der Spieler Dumli, es „mache ihn krank“, wenn er an die langen Chats denkt, die er mit Breivik führte, als sie gemeinsam spielten.
Und eine Spieler namens Cherub schrieb: „It's very shocking though to know that we all spent many hours in the company of someone with that potential.“
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