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Die Solo-Erfahrung von Diablo 3 offenbart ein hohles Spiel

 

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Meine Begleiter folgen mir nicht länger. Meine Karte zeigt plötzlich nichts mehr an. Die Tore des Dungeons lassen sich nicht mehr öffnen. Und obwohl ich gerade einen Dungeon mit zwei Ebenen zum zweiten Mal von Feinden gesäubert habe, ist weit und breit kein Checkpoint in Sicht. Wenn ich das Spiel verlasse, um die Probleme zu beheben, wird die Karte des ganzen Areals erneut zurückgesetzt (ich verließ das spiel davor schon einmal, um herauszufinden, ob ich die Schwierigkeitsstufe erhöhen kann, wodurch ich bemerkte, dass der Dungeon keinen Checkpoint beinhaltet), weshalb eine Stunde Spiel für die Katz wäre – und, nun ja, das ist das Problem: Diablo III ist nicht brillant genug, um diese Mühe zu rechtfertigen.

Diablo III ist zunächst einmal sehr routiniert gemacht und angenehm zu spielen. Es ist ein sehr anständiges Spiel. Die ersten drei oder vier Stunden sind sehr befriedigend und es stellt sich das Gefühl ein, dass alles richtig gemacht wurde. Es ist ein Action-Rollenspiel, das auf vieljähriger Erfahrung mit dem Genre aufbaut, gestrafft und auf das Wesentliche reduziert, so dass man von fast diamantartiger Perfektion sprechen könnte. Aber wie ein perfekter Diamant hat auch das Spiel etwas von Glas an sich. Dieses alles andere an den Rand drängende Bedürfnis, immer weiter zu klicken, ist ebenso da wie das Gefühl eines ständigen, befriedigenden Fortschritts. Man ist nie nicht damit beschäftigt, die Ausrüstung und die Fähigkeiten zu verbessern. Hier wird das Konzept von Diablo – und eines Jahrzehnts der Diablo-Klone – auf die Spitze getrieben. Aber ohne etwas Neues zu bieten.

Während ich Akt II erkunde, frage ich mich noch immer, wie es so lange dauern konnte, ein Spiel zu machen, das so wenig Neues hinzufügt. Die Engine ist hübsch genug, sehr detailliert, sie erledigt den Job, aber sie ist vom Konzept her altmodisch – es gibt keinen analogen Zoom (Sie können direkt auf Ihren Charakter zoomen, was zwar für Screenshots recht nett, aber sonst nicht zu gebrauchen ist), man kann die Kamera nicht drehen, man kann auch nicht mit der Welt interagieren, während die Karte auf dem Bildschirm geöffnet ist, das Inventar verdeckt die Karte und die Tool-Tipps für Beute tauchen nach dem Zufallsprinzip auf oder auch nicht. Nein, drehbare Kameras sind nicht notwendig, aber es ist wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, wie relativ primitiv das Spiel ist, wenn man sich mit seinen Mängeln und Problemen befasst.

Und all diese Mängel und Probleme hängen direkt mit der Verpflichtung zusammen, aus DRM-Gründen immer über Internet mit den Battle.net Servern verbunden zu sein, um spielen zu können. Ja, die Leute haben dieses Thema satt. Aber deshalb kann man es noch lange nicht ignorieren. All die Dinge, die ich im ersten Absatz schildere, ereigneten sich, weil die Internetverbindung unterbrochen wurde, während ich ALLEINE spielte. Ungefähr 15 Minuten später wurde zugegeben, dass die Verbindung unterbrochen war. Ich musste also am letzten Checkpoint neu starten und den ganzen Dungeon noch einmal spielen. Und nichts –absolut nichts - liegt zwischen mir und dem Punkt, den ich zuvor schon zweimal erreicht habe.

Diese Probleme, diese Unterbrechungen durch DRM, nehmen dem Spiel den Zauber. Während Sie scheinbar endlos Fortschritte machen, Ihren Charakter endlos verbessern, endlos weitere Areale erforschen können, entsteht die Illusion, dass man hier auf Dauer enormen Spaß haben kann. Aber da man immer wieder gezwungen wird, Teile des Spiels mehrmals zu spielen, wird offenbar, wie wenig eigentlich geboten wird.

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Aber ich möchte kurz auf einige Dinge zu sprechen kommen, die mir an Diablo III wirklich gefallen. Das scheint nur fair. Ich liebe es, wie die Beute aus den Truhen hervorquillt. Das vermittelt wirklich ein Gefühl der Belohnung. Ich bin davon angetan, wie viel von der Umgebung zerstört werden kann und wie befriedigend diese zerbröselt – und vor allem auch davon, dass man dafür einen Bonus erhält. Mir gefällt, dass man die Umgebung gelegentlich – aber leider viel zu selten und wenig effektiv – in die Kämpfe einbeziehen kann. Mir gefällt, mit wie viel Aufmerksamkeit vieles davon gestaltet wurde – das hat zwar keine Auswirkung darauf, wie sich das Spiel spielt, zeigt aber, wie viel Spaß die Entwickler am Schaffen und Gestalten gehabt haben müssen.

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Aber was fügt Diablo III zu der Serie – und zu dem Genre, das sie begründete – hinzu? Die Fähigkeiten (Skills) wurden vereinfacht, aber das führte dazu, dass man sich jetzt durch das System eingeschränkt fühlt. Wenn man diese Beschränkungen abschaltet, scheint sich das Ganze nur zu verwirren. Das Inventar sorgt für weniger Tetris-Frustration, aber hier bedeutet das nur, dass Sie das Portal benützen, um zu Ihrer Basis zu gelangen, wo Sie den ganzen Krempel verkaufen, um dann zurückzukehren und weiterzumachen. Dem Inventar kommt also keine große Bedeutung zu. (Und die Basis im 2. Akt ist verdammt schlecht angelegt, was bedeutet, dass der Weg zum einzigen Händler langweilig und in die nahegelegene Stadt mühsam ist.)

Monster attackieren nicht auf neue interessante Art. Fast alle wünschten sich eine Klick-Orgie, aber es wäre doch schön gewesen, hätte man sich einen wirklichen Grund für die neuen Fähigkeiten ausgedacht. Ich vergesse, dass sie überhaupt da sind, bis ich auf die stärksten Bosse stoße – und dann verwende ich die Fähigkeiten einfach auf gut Glück. Ich glaube, ich bin bis jetzt beim Solospiel vier Mal gestorben, aber ich kann, so sehr ich mich auch bemühe, keine Möglichkeit entdecken, die Schwierigkeit so weit zu erhöhen, dass es interessant wird. Ich habe derzeit 87 Gesundheitstränke in meinem Inventar – wofür gibt es die überhaupt? Das Spiel lässt in jedem Kampf so viel Gesundheit fallen, dass es eigentlich gar nicht möglich ist, ernsthaft verletzt zu werden.

Die einzigen neuen Feindattacken, die ich bemerkt habe, sind diese wespenartigen Libellendinger, die einfach von einem wegfliegen, was bedeutet, dass sie, sofern man kein Fernkampfcharakter ist, lästige und ermüdende Gegner sind. Und dann sind da noch diese Biester, die Ihrem Charakter Furcht einjagen können und Ihnen so die Kontrolle über Ihren Helden nehmen, was in keinem einzigen Spiel Spaß machte.

Das andere Problem sind Beute und Händler. Ich habe bis jetzt so gut wie nichts von den Händlern gekauft, weil deren Waren immer um einiges schlechter sind als alles, was ich erbeut habe. Und die fallengelassenen Waffen sind ohne Bedeutung, seit mir der Händler, dem ich im ersten Akt aus der Patsche half, Waffen verkaufte, die doppelt so mächtig sind wie alle, die ich seither gefunden habe. Die Balance ist hier schrecklich misslungen, was wirklich schade ist, denn diesen Aspekt sollten Action-Rollenspiele unbedingt richtig hinkriegen.

Selbstverständlich werden viele Leute einwenden, dass es nicht sonderlich sinnvoll ist Diablo allein zu spielen. Zwei Antworten auf diesen Einwand. Erstens, das Spiel bietet eine Solo-Option und wurde gestaltet, um so gespielt zu werden, weshalb es absolut notwendig ist, dass hierbei die Balance stimmt und so das Ganze spielenswert ist. Und zweitens, und vielleicht noch wichtiger, ist der Umstand, dass der Soloaspekt nur Auswirkungen auf die Schwierigkeitsstufen hat – der Rest ist problematisch, ganz egal wie man spielt. Oh, und falls Sie keine Serverprobleme gehabt haben, schätzen Sie sich glücklich, denn andere hatten sie, weshalb Serverprobleme nicht okay sind – das sollte man nicht vergessen.

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Und über all diese Probleme hätte ich vermutlich hinweggesehen und munter immer weiter geklickt, wäre das Spiel nicht durch die DRM-Maßnahmen so jämmerlich und vorsätzlich kaputt. Es ist faszinierend zu erkennen, wie wichtig dieser besondere Zauber für Diablo ist und wie sehr es dem Spielerlebnis schadet, wenn er durchbrochen wird. Dadurch wird ein hohles Spiel enthüllt, das die Lücken mit dem abgrundtief schlechten Dialogen und dem Skript nicht ansatzweise schließen kann. Von den drei Begleitern ist keiner zu ertragen – und mein Mönch ist ein scheinheiliger Trottel. Meine NPC-Begleiter wiederholen ihre lustlosen Textzeilen voller Nichtigkeiten mit der Traurigkeit eines Demenzkranken. Noch dazu reden sie die gut die Hälfte der Zeit, während ich gerade ein Buch lese. Und während ich mich daran mache, dieselbe verdammte Karte ein drittes Mal zu durchforsten, und mitansehe, wie meine Charaktere mit bedenklicher Verzögerung herummarschieren, obwohl die Internetverbindung leistungsstark und stabil ist, beginne ich, über Torchlight II und Grim Dawn nachzudenken und darüber, was sie wohl zu dem Genre beitragen werden. Denn soviel ich erkennen kann, hat Diablo III, obwohl es großen Spaß macht, solange der Zauber anhält, wenig mehr als mutwillig dämliches DRM hinzugefügt.

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