Es fällt mir schwer, mich an Dead Space 3 zu erinnern.
Das liegt nicht daran, dass ich seit kurzem unter Amnesie oder ähnlichem leiden würde. Es ist nur so, dass ich dieses Spiel nicht übermäßig erinnernswert finden. Das liegt vor allem daran, dass der dritte Teil einer der bis dato besseren Sci-Fi-Horrorserien für meinen Geschmack zu sehr Shooter und insgesamt zu durchschnittlich ist.
Ich kann ihnen Szenen aus dem ersten Dead Space und seiner Fortsetzung bis ins Detail schildern, da sie seinerzeit so großen Eindruck auf mich machten. Es waren wirklich gruselige Szenen, die beim Spielen ein echtes Gefühl von Angst aufkommen ließen, vor allem wenn man nachts spielte. In Erinnerung blieben mir etwa das erste Mal, als ich in Schwerelosigkeit herumschwebte oder auch die berüchtigte Augapfelszene, aber auch der neuerliche Besuch bei Ishimura oder die Vorstellung des Baby-Necromorph. Dies sind Erinnerungen, die mich begleiten, seit ich die ersten beiden Dead Space Titel spielte.
Neben anderen Dingen ließ Dead Space 3 vor allem ähnlich erinnernswerte Momente vermissen. Es war aber vor allem das Fehlen gruseliger Spannung, das ich an Visceral Games’ neuestem Teil der Horrorserie eigenartig fand. Wo waren die Halluzinationen? Wo waren die Wendungen und die erschreckende, kultistische Attitüde?
Die sparte man sich anscheinend für Awakened auf.
Dabei beginnt Awakened eigentlich ziemlich schwach. Die neuen Inhalte setzen dort fort, wo das Hauptspiel endete, wobei Isaac und Carver irgendwie am Leben bleiben und auf Tau Volantis gestrandet sind. Ihre anfängliche Mission besteht darin, einen Weg zu finden, den Planeten zu verlassen und sicher nach Hause zurückzukehren. Okay, so weit, so langweilig. Aber das heldenhafte Duo stößt bald auf eine Sekte der Church of Unitology, also auf Leute, die verrückter sind als alle Gläubigen/Anhänger, denen Sie bisher begegnet sind. Sie verletzen sich selbst und flüstern ihre Ängste niemand bestimmtem zu, immer und immer wieder. So hätte ich mir schon das Hauptspiel gewünscht.
Es dauert nicht lange, bis sich dies auf Isaac und Carver auszuwirken beginnt. Sie leiden unter regelmäßigen und scheinbar schmerzhaften Halluzinationen. Zugegeben, die meisten dieser Halluzinationen sind dasselbe Bild, das sich in unterschiedlichen Abständen in Ihren Bildschirm brennt. In manchen Fällen haben sie auch mit Kämpfen gegen die neu verstümmelten Feinde zu tun. Werden Sie angegriffen? Wurden Sie von Ihrem Kameraden getrennt? Wer weiß. Sie schießen einfach und beten und hoffen, dass Sie noch das eine oder andere Aspirin haben, um die Kopfschmerzen (im Spiel und beim Spielen) zu mildern.
Die Halluzinationen setzen den beiden Helden immer mehr zu und werden zu einem Streitpunkt zwischen ihnen, was für interessante Spannungen in der Story sorgt. Ja! Endlich, sage ich laut zu meinem Co-op-Partner. Das ist es, was ich mir gewünscht habe. Endlich ein Grund, mich den Personen, mit denen/als die ich spiele, verbunden zu fühlen. Dead Space 3 war leider mit Charakteren gefüllt, die einem im Grunde egal waren. Ich belauschte das Drama einer bizarren romantischen Dreiecksbeziehung, statt tief in die psychologischen Auswirkungen einzudringen, die diese Schrecken auf Isaac – und womöglich auch andere Leute- haben. Aber Awakened ignoriert all dieses kitschige Filmfutter und bietet echtes Drama, das in der Entwicklung von Isaac und Carvers Beziehung im Laufe der Handlung seinen Ausdruck findet.
Isaacs ungesunder Drang, das Universum von Necromorphs zu säubern, wird glasklar, und zwar umso mehr, als er Carvers „No Bullshit“ Einstellung gegenübergestellt wird. Carver stellt ein Gegengewicht zu Isaac dar und versetzt ihm einen Klaps aufs Hinterhaupt, wenn er einen braucht, manchmal buchstäblich, manchmal im übertragenen Sinn.
Ich habe schon mehrmals erwähnt, dass Dead Space 3 mehr Spaß macht, wenn man mit einem Freund zusammen spielt. Das gilt auch für Awakened. Auf das gruselige Zwischenspiel folgen interessante kooperative Elemente, die überraschend viel Spaß machen. Visceral spielt in der zweiten Hälfte dieses DLC mit einigen guten Ideen. Es geht nicht nur darum, seinem Gefährten im Kampf den Rücken freizuhalten. Sie arbeiten zusammen, um aufgaben zu erledigen. Sie werden auf eine Weise interagieren, wie Sie sie in diesem Spiel noch nicht gekannt haben.
Die neuen herunterladbaren Inhalte mögen nicht perfekt sein. Das Tempo und der Rhythmus sind irgendwie seltsam und die Seite der Bösen in der Story wirkt abgedroschen, obwohl sie das Potenzial besitzt, einzigartig zu sein. Der Hauptbösewicht könnte ein faszinierender Charakter sein, aber er geht zumeist unter, da sich die Handlung überwiegend auf andere Aspekte konzentriert, etwa Isaac und Carver und ihre Flucht vom Planeten. Es mag auch „zu wenig, zu spät“ sein, was Dead Space 3 insgesamt anbelangt. Aber die neuen Inhalte sind eine willkommene Ergänzung zu einem Horrorspiel, dem es entschieden an Horror mangelte. Und die unterhaltsamen kooperativen Elemente? Nun, die sind eine perfekte Entschuldigung, um einen Freund dazu zu bringen, mit mir zu spielen.
PRO: Gruselige, verstümmelte Kultisten; die psychologische Spannung der Halluzinationen; unterhaltsame kooperative Elemente.
CONTRA: Langweiliger Anfang; nicht gerade überzeugende Story, die es verabsäumt, ihre Stärken, vor allem die Bösen, zu betonen.
Mein Rat
Kaufen, da hier endlich der Horror geboten wird, den sich die meisten schon vom Hauptspiel erwarteten.
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