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StarCraft II: Heart of the Swarm: Kerrigan ist eine unsympathische Heldin

 

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WARNUNG: Zahlreiche Story-Spoiler folgen!

In meiner Rezession dieser Erweiterung für StarCraft II merkte ich an, dass die Story der schwächste Aspekt des Spiels ist. Mein Hauptproblem mit dem Handlungsverlauf von Heart of the Swarm ist der Umstand, dass Kerrigan jene entscheidende Qualität fehlt, über die ein Protagonist unbedingt verfügen muss: Er – oder in diesem Fall sie – muss ein sympathischer Charakter sein.

Ein sympathischer Charakter ist einer, mit dem sich das Publikum identifizieren kann und mit dem es mitfühlen kann. Leider war es mir unmöglich, der Logik ihrer Handlungen zu folgen oder Interesse dafür zu entwickeln, ob sie ihre Ziele erreichen wird oder nicht.

Das hat nichts mit der moralischen Einstellung des Charakters zu tun. Ich bin ein großer Fan aller möglichen Grauschattierungen und echter Antihelden. Doch auch Antihelden müssen über die eine oder andere versöhnliche Eigenschaft verfügen, damit sie das Publikum auf ihre Seite ziehen können.

Was sind Kerrigans Eigenschaften in Heart of the Swarm? Lassen Sie uns diese aufzählen:

  • Sie ist unglaublich mächtig und stark
  • Sie ist eine physisch attraktive Frau in hautengen Outfits und High Heels

Das ist eine sehr kurze Liste. In Wahrheit wird sie gleich noch kürzer: Sobald die gute Dame wieder zur Queen of Blades (Königin der Klingen) wird, ist sie soviel stärker als alle anderen Einheiten, dass es wahrlich keine positive Eigenschaft mehr ist. Ihre Interaktionen mit Menschen kann man eigentlich nur als Bullying bezeichnen. Das bedeutet, dass Blizzard einzig und allein auf optische Anreize vertraut, um dafür zu sorgen, dass Kerrigan bei den männlichen Spielern gut ankommt. Tut mir leid – damit gab ich mich 1996 bei Lara Croft nicht zufrieden und heute lasse ich mich damit noch weniger abspeisen.

Nun, was sind Kerrigans Schwächen in Heart of the Swarm?

  • Sie trifft irrationale Entscheidungen
  • Sie wird von Rache verzehrt
  • Sie ist entweder naiv oder dumm oder blind vor Emotion
  • Sie schwankt, was ihre Einstellung zum Wert des Lebens anbelangt
  • Sie gibt fürchterliche Ratschläge in Sachen Leadership

Raynor setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um Kerrigans Menschlichkeit wiederherzustellen, und sie wirft dieses Geschenk weg, um… Raynor zu rächen. Gut gemacht! Ich bin mir sicher, dass er genau das gewollt hätte.

Es verblüfft mich, dass Kerrigan überhaupt glauben konnte, dass Raynor tot war – denn ich hielt das keinen Moment lang für möglich. Kerrigan kannte Mengsk besser als irgendjemand sonst. Sie wusste, dass er eine Propaganda speiende Spinne ist und nie und nimmer eine Schachfigur vom Spielfeld nehmen würde, solange er sie manipulieren kann. Der Umstand, dass Sie Mengsks Bericht von Raynors Tod ohne auch nur einen Anflug von Zweifel akzeptierte, ist grotesk und lässt sie wie eine Geistesschwache wirken.

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Manche werden vielleicht argumentieren, dass Kerrigan emotional geschwächt war. Anstelle einer Antwort frage ich: Kennen Sie diese Szene, die in fast jedem Horrorfilm vorkommt, in der einer der Charaktere vorschlägt, dass man sich doch aufteilen sollte, um herauszufinden, was da vor sich geht? Ja, in diesem Moment kommt nie jemand mit dem „emotional geschwächt oder angespannt“ Argument – das Publikum kann diesen Charakter sofort nicht leiden und hofft, dass er bald stirbt. Charaktere, die nicht mit einem Mindestmaß an Intelligenz agieren, können beim Publikum keine Sympathiepunkte sammeln.

Nicht annähernd so vernichtend, aber doch irgendwie das Sahnehäubchen auf einem verdorbenen Fruchtkuchen sind Kerrigans wenig hilfreiche Ratschläge für ihre Untergebenen und ihre wankelmütige Haltung zu der Frage, ob dem Leben von Zergs Wert beizumessen ist oder nicht. Sie erläutert die Vorteile, die es mit sich bringt „Vision“ zu haben, aber erklärt dabei nie genau, was Sie damit meint. Sie wirft den Protoss vor, Milliarden von Zerg getötet zu haben, erklärt dann aber, dass sie keine Bedenken hat, Millionen Zerg in den Tod zu schicken.

Aber nun gleiten wir auf das Gebiet der Moral ab. Wenn es um Antihelden geht, fügen Autoren oft „pet the dog” (Hundestreicheln) Momente ein, die belegen, dass der Charakter im Grunde doch ein herzensguter Typ ist. Im Zusammenhang mit Kerrigan fällt mir nur ein einziger solcher Moment ein, nämlich das eine Mal, als Sie sich entschied, Zivilisten zu verschonen und so auf einen großen taktischen Vorteil zu verzichten. Manche werden vielleicht die Szene mit General als zweites Beispiel anführen. Damit lägen Sie falsch. Kerrigans Entscheidung, Warfields verwundete Soldaten, die keine Bedrohung für sie darstellten, zu verschonen, ist kein Zeichen moralischer Überlegenheit. Hätte Sie diese getötet, wäre sie zur Bösen geworden. Sich nicht für die dunkle Seite zu entscheiden, beschert ihr keine Pluspunkte.

Außerdem tötete Sie Warfield, einen lebensgefährlich verwundeten Amputierten, der nur seine Leute beschützen wollte. Falls Sie einwerfen möchten, dass dies nur ein Akt der Gnade war, dann empfehle ich Ihnen, sich diese Szene noch einmal genau anzusehen. Da ist keine Spur von Gnade oder Mitleid in ihren Augen zu erkennen – das ist Zorn. Der einzige sympathische Charakter in dieser Szene ist Warfield.

Die große Schande ist, dass man Kerrigan zu einem sympathischen Charakter hätte machen können. Sie musste in der Vergangenheit einiges erleiden. Aber diese ihre grauenvolle Vorgeschichte wird in Heart of the Swarm nicht verdeutlicht und es wird nicht darauf aufgebaut. Wings of Liberty zeigte eine filmische Szene, in der Kerrigan von Mengsk im Stich gelassen und von den Zerg gefangen genommen wurde. Das war eine extrem bewegende Szene. In Heart of the Swarm hätte es einiger ebensolcher Szenen bedurft, um uns daran zu erinnern, warum Mengsk den Tod so sehr verdient und warum Kerrigans Durst nach Rache so stark ist, Stattdessen verlässt sich die Erweiterung ganz auf eine kitschige und unausgegorene Geschichte um verlorene Liebe, um den Plot voranzubringen.

Statt uns eine facettenreiche Protagonistin voller innerer Konflikte zu präsentieren, die gezwungen ist, mit ihren neugewonnenen menschlichen Schwächen zurande zu kommen, und so eine Persönlichkeitsentwicklung durchmacht, entschloss man sich bei Blizzard, uns mit einer Pappfigur abzuspeisen. Statt einer Geschichte, die Kerrigans Charakter erforscht, erhielten wir Einstellungen von Kerrigans Hintern in hautenger Kleidung.

Ich komme mir betrogen vor.

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