Broken Age ist so gut geschrieben, weshalb ich gar nicht weiß, wie ich zum Ausdruck bringen kann, wie gut es ist. Und das sollte eine gute Nachricht für alle jene sein, die hofften, dass dieses Spiel die triumphale Rückkehr von Spieldesigner Tim Schafer zum Point ‘n Click Genre bedeuten würde. Zum Glück ist Broken Age aber nicht nur für Leute gemacht, die sich nach PC-Spielen aus der Mitte der 90-er Jahre sehnen. Seine Rätsel (puzzles) mögen zwar nicht die besten sein, die das Genre zu bieten hat, aber seine erfrischende Story wird die Spieler so sehr faszinieren, dass sie sich durch den ersten Akt der Geschichte „pointen“ und „klicken“.
Der erste Akt von Broken Age folgt zwei Charakteren: Vella und Shay. Die Geschichten der beiden laufen unabhängig voneinander ab und Sie können jederzeit von der einen zur anderen und wieder zurück wechseln (auch wenn es vergnüglicher ist, die jeweilige individuelle Story ohne Unterbrechung zu erleben). Vella ist nicht so ganz damit einverstanden, einem riesigen Monster geopfert zu werden, während Shay in einem goldenen Käfig gefangen ist, dem er schon seit Jahren entwachsen ist. Ihre Storys meiden de üblichen „Rette das Universum“ oder Rache-Klischees und befassen sich lieber auf aufschlussreiche und lustige Weise mit den Themen Individualismus und Gefahren des Gruppendenkens.
Wesentlich weniger clever sind die traditionellen Point ’n Click Abenteuerrätsel. Sie werden auf der Suche nach Gegenständen, die Sie später als nicht immer logische Lösung für ein Rätsel benötigen werden, jeden Quadratzentimeter von Broken Age anklicken. Manche Antworten sind offensichtlich, aber andere sind ein wenig zu vage. Ich fand zum Beispiel nur heraus, dass ein Charakter einen Eimer Baumsaft haben wollte, weil ich versuchte, diesen auf gut Glück irgendwelchen Leuten zu verkaufen, weil ich irgendwie in der Story vorankommen wollte. In Broken Age geht es nicht darum, Geheimnisse zu entschlüsseln. Die Rätsel sind nur ein Pfad aus Brotkrümeln, der Sie durch die Geschichte führen soll.
Und wenn Sie an einigen der zu vagen Rätsel fast verzweifeln, wird das herausragende (und verdammt lustige) Skript dafür sorgen, dass Sie weiterklicken. Ich suchte jeden noch so winzigen Winkel eines Abschnitts nach Gegenständen ab, die mir helfen konnten, ein Rätsel zu lösen, aber ich ich zog es vor mit den zahlreichen Charakteren zu reden, nur um sicher zu sein, dass ich wirklich jeden Schnipsel Dialog gehört habe. Humor ist etwas, das Spiele nur selten richtig hinbekommen, aber Double Fine scheint das spielerisch von der Hand zu gehen.
Es zahlt sich aus, mit jedem Charakter zu sprechen, von den Hauptfiguren bis hin zu den unbedeutendsten Nebenfiguren, und die Wohnungen dieser liebevoll gestalteten und durchaus interessanten Figuren wirken bewohnt. Wären diese eigenartigen Umgebungen bloß nicht so beengt, so zusammengepresst. Die meisten Schauplätze sind nur einige wenige Bildschirmbreiten groß und Broken Age zwingt Sie, immer wieder zurückzugehen und jeden Winkel nach Hinweisen abzusuchen, weshalb Ihnen letztlich sehr deutlich vor Augen geführt wird, wie wenige Orte Sie zu erkunden haben. Die Levels sind abwechslungsreich und haben einiges zu bieten, aber es ist schade, dass sie nicht zahlreicher und größer sind.
Broken Age doch sehr begrenzte Welt ist flächenmäßig bescheiden, aber grafische Gestaltung und Musikdesign sorgen dafür, dass dieser enge Raum exquisit gefüllt ist. Die farbenfrohen Pinselstriche und der Bilderbuchlook verleihen dem Spiel ein zeitloses Aussehen, das vielseitig genug ist, um sowohl in Sci-Fi- als auch in Fantasy-Settings zu funktionieren. Dasselbe gilt für den orchestralen Soundtrack, der dem Geschehen noch mehr Gewicht verleiht. Selbst wenn die Rätsel schwächeln oder frustrierend werden, sorgt die Welt um sie herum dafür, dass ich das Interesse nicht verliere.
Als erster Akt eines größeren Abenteuers ist Broken Age nur ungefähr vier Stunden lang, aber es sind vier großartige Stunden, die wie im Flug vergehen und mit einem befriedigenden Cliffhanger enden. Broken Age ist letztlich eine Liebeserklärung an die Vergangenheit, die auch Spielern, die nicht direkt zur Zielgruppe gehören, einiges zu bieten hat. Das Gameplay und die Rätsel sind nicht gut genug, um zu beweisen, dass Point ’n Click verdient, wieder ein wichtiges Genre zu sein, aber das Spiel zeigt, dass Tim Schafer noch immer ein Abenteuer kreieren kann, das Spieler anspricht, die noch nicht alt genug waren, um lesen zu können, als seine ersten Spiele herauskamen.
PRO: Extrem unterhaltsames Skript; Charaktere und Welten, die in Erinnerung bleiben; clevere Wendungen, die einen Anreiz bieten, das Spiel nochmals durchzuspielen.
CONTRA: Einige Rätsel sind ziemlich vage und frustrierend; die wunderbar gestalten Umgebungen wirken ein wenig beengt.
Abschließende Bewertung
Spiel: 8,0
Spaßfaktor: 7,5
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