Es ist keine Seltenheit, auf Steam oder im App Store Klone und Spiele zu finden, die alles Mögliche von anderen Spielen kopieren oder „ausborgen“. In der Videospielindustrie ist „asset theft“ (Diebstahl von Designelementen, Charaktermodellen, Waffen, etc.) ein häufig zu beobachtendes Phänomen, was viele hart arbeitende Entwickler, die sich bemühen originell zu sein, sehr ärgert. Aber wie oft stößt man auf ein Spiel mit zahlreichen gestohlenen Elementen, für das von Sony aktiv geworben wird?
Solbrain: Knight of Darkness, ein neues Abenteuerspiel, das in ziemlich großem Umfang Designs und Musik aus anderen Spielen übernimmt, ohne um Erlaubnis gefragt zu haben. Das Spiel und seine diebischen Machenschaften wären weitgehend unbemerkt geblieben, wäre es nicht gleich mehrmals vom PlayStation YouTube Account präsentiert worden. Ein Gemeplay-Trailer, der im Februar auf Sonys offiziellem Kanal veröffentlicht wurde, brachte es auf mehr als 500.000 Aufrufe. Warum unterstützt Sony ein Spiel, das anscheinend einiges aus anderen Spielen kopiert, mit doch beträchtlichen Marketing-Maßnahmen?
Allen, die sich ein wenig mit Videospielen auskennen, kommen sofort Bedenken, wenn sie nur einen Blick auf Solbrains Seite im Playstation Store werfen. Das Icon scheint eine Grafik von einem nicht genannten DeviantArt Account zu verwenden. Ein Blick auf die Rüstung der Protagonistin weckt sofort Erinnerungen an die Elin Rasse im MMO TERA, das 2011 erschien.
Links: Solbrain. Rechts: TERA.
Am übelsten ist der Trailer des Spiels. Er ist auf der Seite des Store prominent platziert und scheint seine Musik direkt aus dem Indie-Spiel Ori and the Blind Forest „übernommen“ zu haben. Das fragliche Musikstück heißt “Restoring the Light, Facing the Dark” und stammt vom Komponisten Gareth Coker. Es ist so offensichtlich und unverschämt, dass Ori Director Thomas Mahler in einem NeoGAF Thread, in dem auf die Ähnlichkeit hingewiesen wurde, ungläubig kommentierte: that noticed the similarity. “Whoa, they just stole our music from Ori and the Blind Forest“.
Sonst ließ sich Mahler bisher keine Stellungnahme entlocken, er erklärte allerdings, dass sein Team mit dem Publisher des Spiels zusammenarbeitet, um diese Sache zu klären.
Solbrain scheint sich auch verschiedener Designs aus Skyrim zu bedienen. Der Schild des Hauptcharakters sieht Skyrims Dragonscale zum verwechseln ähnlich.
Links: Solbrain. Rechts: Skyrims Dragonscale Schild
Ich hatte das Pech Solbrain: Knight of Darkness zu spielen, das es für PlayStation Plus Mitglieder günstiger gibt, und rate Ihnen dringend, etwas weniger Ärgerliches zu tun. Sie könnten zum Beispiel einen Hooligan anheuern, der Sie so richtig verprügelt.
Es ist völlig unklar, wie es Solbrain: Knight of Darkness gelingen konnte, Sonys Zertifizierungsprozess für Konsolenspiele erfolgreich zu durchlaufen und dann noch dazu mit einer prominenten Platzierung auf dem PlayStation YouTube Kanal geehrt zu werden. Alle PlayStation 4 Spiele müssen einen sogenannten „compliance process“ bestehen, bei dem sie von Sonys Qualitätssicherungstestern gespielt werden, die überprüfen, ob das Spiel richtig funktioniert. Fiel dabei wirklich niemandem auf, wie viele Designelemente des Spiels aus anderen Spielen stammen?
Sony hat sich noch nicht geäußert.
Versuche, mehr über die Entwickler des Spiels zu erfahren, die sich Lighting Game Studios nennen, endeten bisher in Sackgassen. Die Entwickler scheinen ihre Facebook und YouTube Accounts und das Unity Blog gelöscht zu haben. Ihr Twitter Account scheint ebenfalls nicht allgemein aufrufbar zu sein. Bekannt ist lediglich, dass das Unternehmen mehrere Solbrain Titel für die Vita veröffentlicht hat (was auch ein Grund dafür sein könnte, dass man bei Sony das neue Spiel nicht allzu aufmerksam testete).
Nachdem ich Solbrain: Knight of Darkness ein wenig gespielt habe, frage ich ich ernsthaft, wie gut die Qualitätskontrolle bei den Spielen für den Playstation Store ist. Wenn dort nicht besser aufgepasst wird, könnten wir bald wesentlich mehr Spiele mit „ausgeborgten“ Elementen sehen, die von Sony zertifiziert werden. Diese Situation ist gut geeignet, um daraus zu lernen und Entwickler künftig vor unerlaubter Kopie von Elementen aus ihren Spielen zu schützen. Ich hoffe, dass Solbrain deutlich macht, dass es ein ernstes Problem gibt und dass einiges an Arbeit notwendig sein wird, um dieses aus der Welt zu schaffen.
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