Lily Allen: No Shame (Regal/Parlophone)
Es ist alles andere als leicht, sich von negativen Kritiken, die wie Schläge auf einen niederprasseln, zu erholen. Lily Allens 2014 erschienenes Album Sheezus, dessen sture und zum Teil recht aggressive Haltung nur wenige überzeugen konnte, wurde von manchen Kritikern regelrecht in der Luft zerrissen und brachte ihr reichlich Hohn ein. Nachdem sie sich öffentlich von dieser “identity crisis” distanzierte, kann es nicht überraschen, dass ihr viertes Album eine radikale Kurskorrektur darstellt – sie verabschiedete sich dafür auch von ihrem langjährigen Produzenten Greg Kurstin – , dem für sie typischen Pop mit Dancehall-Einschlag einen leichteren, frischeren, moderneren Glanz verleiht, über dem Allens Stimme federleicht schwebt.
Das ist eine weise Entscheidung für Songs, die gut in eine Ära der schwermütigen, alles enthüllenden Memoiren passen. „Come on Then“, der erste Song des neuen Albums, widerlegt seinen kampflustigen Titel mit der Offenbarung, dass “every night I’m crying”, während „Family Man“, eine dramatische Piano-Ballade, das Ende ihrer Ehe und ihre Schuldgefühle, weil sie sich Zeit für Tourneen und das Schreiben neuer Songs nahm, thematisiert. Letztere Sorge wird auch in „Three“ angesprochen, das aus der Sicht eines verwirrten Kindes geschrieben ist. Der schwerste Schlag ist jedoch „Everything to Feel Something“, Selbsthass sublimiert in eine lieblich ätherische Gefühllosigkeit. Unter all der luftigen Konfektion und den Enthüllungen sind auch Hooks zu finden, die einen nicht loslassen, doch dieser unablässig nach innen gerichtete Blick wird über 14 Tracks, die besser nur 11 geworden wären, doch ermüdend. „Cake“, der Schlusssong, eine verträumte, sommerliche R&B-Nummer, die ein wenig Licht hereinlässt und die Hörer auffordert, sich etwas von “that patriarchy pie” zu gönnen. No Shame wirkt letztlich mehr wie ein Übergang als eine Neuerfindung, doch es ist schön zu sehen, dass Allen sich nicht entmutigen lässt.
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