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Richard Ashcroft: Natural Rebel (Albumkritik)

 

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Richard Ashcroft: Natural Rebel (BMG)

 

 

Es ist keine Schande, Musik für die Hauptsendezeit zum machen und Menschen auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause zu unterhalten. „Drive-time music“ hat eine Aufgabe zu erledigen, und ihr Erfolg oder Scheitern hängt davon ab, ob sie diese Aufgabe meistert: kann sie erfreuen, trösten und das Pendeln angenehmer machen? Kann sie die Hörer in einem endlosen Verkehrsstau beruhigen und erbaulich sein, während man Überland unterwegs ist und die Landschaft an den Scheiben vorbeigleitet? Musik, die einfach nur unaufdringlich unterhalten und einem die Zeit angenehm vertreiben möchte, wird viel zu wenig geschätzt, weil ihre Tugenden so alltäglich erscheinen. Deshalb ist es nicht als Kritik zu verstehen, wenn ich Richard Ashcrofts fünftes Soloalbum als „drive-time“ Album bezeichne: es gleitet vorüber wie ein sonnenbeschienenes Weizenfeld an den Fenstern eines Autos. Ashcroft so gut wie alle Kanten abgeschliffen; wo sein letztes Album ansatzweise in Richtung Electronia ging, hält sich dieses dicht am „roots rocker“ Ende seiner musikalischen Palette; es herrscht kein Mangel an Pedal Steels und akustischen Gitarren.

 

Die Texte sind natürlich Quatsch. “They’re dancing in a pool down from your room / A pool that my tears have formed“, bietet Ashcroft uns auf „Birds Fly“ an, wie ein 14-jähriger Schüler, der auf einem Al-inclusive-Urlaub von Lily an der Salatbar abserviert wird und Warum widerfährt mir nie irgendetwas Gutes?

 

 

Streets of Amsterdam“ ist für einen richtigen Lacher gut, und man muss hoffen, dass die Zeile lustig gemeint ist und nicht ehrfurchtsvoll: “You could be Yoko and I could be John / We’ll stay in bed and they’ll ban the bomb.” Er kommt gerade so über die Runden mit seinen Texten, was vor allem daran liegt, dass sie so gutmütig sind. Es spielt keine Rolle, dass „Surprised By the Joy“ und „That’s How Strong“ fast zum Schämen banal sind, weil ihre arglose Fröhlichkeit so mitreißend ist. Die Texte mögen leichtgewichtig sein, aber die Melodien sind es nicht: dass musikalisch nicht groß experimentiert wird, wird durch die Stärke der Songs und clevere Arrangements – etwa subtil und nur für acht Takte eingesetzte Bläser in der Mitte von „Born to Be Strangers“ - mehr als wettgemacht. Und auf diesem Album sind zwei wirklich exzellente Tracks zu finden: „All My Dreams“, der Song, mit dem es beginnt und über den man sich auf einem „Best of Tom Petty“ Album freuen würde, und „Money Money“ am Ende, eine Mischung aus Bubblegum, Glam und Punk, die wunderbar dämlich ist und an die Stooges erinnert.

 

Viele der Stars der Drive-time-Musik der 80er waren einst Underground-Musiker, und der Weg von den Piratenstationen zu den großen Kommerzsendern ist breit ausgetreten. Eric Clapton machte den Sprung von Disraeli Gears zu Behind the Sun; Ashcroft entwickelte sich von A Storm in Heaven zu diesem Album. Und was er jetzt macht, macht er gut.

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