Heutzutage finden Boybands, die in den 90ern große Erfolge feierten, Mittel und Wege, sich reibungslos in Manbands zu verwandeln, was gut ist, denn die meisten von ihnen haben die magische 4-0 bereits überschritten. Dieser Wandel gelingt ihnen vor allem dadurch, dass sie die sehr hohen Noten meiden und sicherstellen, dass der eine oder andere von ihnen immer eine Weste trägt. In Kombination mit dem Sprudeln der Nostalgie bedeutet diese Formel, dass die Backstreet Boys 80 Abende in Las Vegas gastieren konnten, was ungefähr $34 Millionen in die Kassen spülte, und sich nun auf ihre größte Welttournee seit zwei Jahrzehnten vorbereiten.
Es wäre für eine Gruppe, die für so zuckersüße Hits wie „I Want It That Way“ bekannt ist, wie Peter Pans zu erscheinen, die im unerbittlichen Bernstein des Pop gefangen sind, aber mit ihrem neuen Album positionieren sie sich als Familienmenschen, die gerne bereit sind, einem akustisch den Hintern zu versohlen, wenn man nicht brav ist. Und deshalb bieten sie uns etwa „No Place“, in dem sie zu einer Fünf-Mann-Version von Charlie Puth werden und die Stars in einem sentimentalen Video mit ihren Ehefrauen und Kindern sind. Und dann gibt es da auch die pseudo-Fifty Shades-Soundtrack-Jams wie „New Love“, die unsensibel wirken, wenn man bedenkt, dass im vergangenen Jahr Vergewaltigungsvorwürfe gegen Nick Carter erhoben wurden, bei denen es um einen Vorfall aus dem Jahre 2003 geht. Er bestritt die Vorwürfe und der Fall wurde zu den Akten gelegt. Aber man fragt sich, warum dies nicht auch mit einem Song gemacht wurde, der Zeilen wie “Who are you, the sex police? / My sex ain’t got no rules” enthält.
„Don’t Go Breaking My Heart“ erinnert an den Selbsthass-R&B von The Weeknd, während „Is It Just Me“ nicht mehr ist als Justin Bieber in der Purpose-Ära, was daran liegt, dass der Song von Josh Gudwin stammt, der auch viel für Bieber schreibt (das Ganze ist noch seltsamer, wenn man bedenkt dass Nick Carter in den 90ern der Proto-Bieber war). Das ist das, was de Band zufolge in der neuen DNA der Backstreet Boys steckt: sorgfältig manikürte Musik, die sich unverhohlen bei zeitgenössischem Chart-Material bedient und dieses mit perfektem Harmoniegesang aufwertet. Sind sie originell? Nicht mehr, aber die Weltherrschaft ist dennoch in Reichweite.
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