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Cosey Fanni Tutti: TUTTI (Albumkritik)


Cosey Fanni Tutti musician


Cosey Fanni Tutti: TUTTI (Conspiracy International)



Cosey Fanni Tutti zählt zu jenen Musikern, wie zum Beispiel auch Michael Rother oder Tony Allen, die allem Anschein nach von einer rhythmischen Energie beherrscht werden, die in ihrem Gehirn den Takt vorgibt, zu dem ihre Musik ständig zurückkehrt. Im Falle von Tutti ist dies ein 4/4-Takt mit rund 125 Beats pro Minute: ein beharrlicher Rhythmus, der sich nahe an der Grenze zu hohem Tempo bewegt und vor Spannung geradezu siedet, doch diese Spannung nie auflöst. Inmitten der lärmenden Abstraktion von Throbbing Gristle in den späten 1970ern war er immer wieder deutlich zu hören, etwa auf „Hot on the Heels of Love“; er ist in den romantischen Synthpop-Songs, die sie mit ihrem Ehemann Chris Carter kreierte, allgegenwärtig; er trieb Carter Tutti Void an, das kollaborative Dub-Techno-Album an, das das Paar 2013 mit Nik Void von Factory Floor aufnahm. Und wie das Herz eines unsterblichen Superschurken pocht dieser Puls auch auf ihrem ersten Soloalbum seit 1982, das sie ursprünglich parallel zu ihrer Autobiographie Art Sex Music schrieb.

Nach einer Trompeten-Fanfare macht sich dieser Beat gleich auf dem Titeltrack nachdrücklich bemerkbar, einem ernsten, aber trashigen „electroclash roller“. Die summende Basslinie, die von Halleffekten umrahmt wird, deutet auf einen Dub-Tack hin, der gemacht wurde, um dazu auf einem zu schnell eingestellten Laufband zu laufen – der Song ist lebhaft und gut gemacht, aber ihm fehlt eine klare Richtung. Der Beat mag zwar erbarmungslos und unablässig sein, aber er wird mit der Zeit ermüdend und verblasst schließlich zu bloßem Hintergrundlärm, wie es später auch bei „Moe“ und „Heliy“ der Fall ist. Das ist eine Schwäche, unter der fast alle ihrer sehr verschiedenen Projekte leiden, die immer dann am besten sind, wenn etwas rund um diesen entschlossenen On-Beat swingt, wie es zum Beispiel beim fast an Dancehall erinnernden Rhythmus von Chris & Coseys „Walking Through Heaven“ der Fall ist. Zum Glück bietet „Drone“, der zweite Track dieses neuen Albums, genau das, und zwar in Form eines stotternden digitalen Signals das an Ryoji Ikeda erinnert.

Doch leider überwiegen die Momente der Langeweile, die das Zuhören mitunter zu einer regelrechten Plackerei machen – das Album ist so gestaltet, dass es mehr und mehr „ambient“ wird, und am Ende verkommt es auf „En“ und „Orenda“ zu pseudo-düsterem, wenig bemerkenswertem Wabern. Doch im zentralen Abschnitt ist so etwas wie Drama spürbar, während dieser beharrliche Beat nach und nach aus der Spur kommt. „Sophic Ripple“ wartet mit einem sehr schnellen Puls auf, der durch Nebelwolken ausstrahlt, während futuristische Sirenen vorbeihuschen – eine Cyberpunk-Traulandschaft, die in dunkleren Tönen auch auf dem nächsten Track – Titel „Split“ - heraufbeschworen wird. Diese Stücke deuten darauf hin, dass ihr größtes Talent nun in räumlichem Sounddesign besteht, nicht mehr in Industrial Pop.





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