Auf ihrem dritten Album geht die berühmt introvertierte Rapperin Simbi Ajikawo aus dem Norden Londons so sehr aus sich heraus wie noch nie zuvor. Grey Area ist wunderbar selbstsicher und geerdet und wirkt voller und wesentlich besser ausgearbeitet als ihre vielen EPs und beiden vorherigen Alben. Schon auf „Offence“, dem ersten Track dieses neuen Werks, befreit sie sich von ihrer Befangenheit, wobei “I said it with my chest / and I don’t care who I offend” den Ton vorgibt.
Die Sprache der Emanzipation wurde von verschiedenen Marken zynisch vereinnahmt, doch Simz' Ruf zu den Waffen wirkt aufrichtig, instinktiv und mitreißend. “I’m a boss in a fucking dress”, erklärt sie in „Boss“, wo sie über minimalistischem Funk-Bass beinahe schreit. “They will never want to admit I’m the best here / For the mere fact that I’ve got ovaries”, rappt sie todernst auf „Venom“, das in Richtung Trip Hop geht. Grey Area wäre ziemlich eintönig, wäre Überzeugung das einzige, was Simz zu bieten hat, doch sie sinnt über ihre Dämonen nach, kritisiert ihre Ambitionen (“People are dying / Who gives a fuck about making hits?”) und wägt das Für und Wider des Besuchs einem Therapeuten ab. Doch während sie ihre Zweifel thematisiert, untermauern ihr mutiger Vortrag und ihr präziser Flow ihr gesteigertes Selbstvertrauen. Die Gastbeiträge - Michael Kiwanuka, Cleo Sol singen den zärtlichen Refrain von „Selfish“, um nur ein Beispiel zu nennen – sind hübsche Ausschmückungen, die Simz’ härtere Töne ebenso ergänzen wie die gelungene Produktion, für die ihr alter Freund Inflo verantwortlich zeichnet, der verzerrte Gitarren und orchestrale Verzierungen mit abgespecktem Soul kombiniert. Grey Area ist zugleich sanft und hart, feurig und verletzlich und zeigt, wie Little Simz in ihrem Facettenreichtum aufblüht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen