Fat White Family: Serfs up! (Domino)
Fat White Family sind eine Band, die allem Anschein nach stets mehr daran interessiert ist, für Aufsehen zu sorgen und berühmt-berüchtigt zu sein, als große musikalische Statements zu machen. Nachdem dem 2016 erschienenen, geradezu um Kontroversen bettelnden (Goebbels! Shipman! Auschwitz!), aber ziemlich enttäuschenden Songs for Our Mothers schien der kreative Kern in zwei Teile zersprungen zu sein, denn Gitarrist Saul Adamczewski gründete Insecure Men, während Frontmann Lias Saoudi wieder bei The Moonlandingz mitmachte. Deshalb ist Serfs Up! in doppelter Hinsicht eine Überraschung: weil es überhaupt existiert und weil es wirklich gut ist.
Während ihre früheren Ausflüge in Lo-Fi-Art-Rock allzu sehr unter dem Einfluss von Throbbing Gristle standen, erfreuen Songs wie die vor kurzem veröffentlichte Single „Feet“ und „I Believe in Something Better“ mit einem bis dato verborgenen Gespür für Melodien, wobei ersterer ein Epos von Wolkenkratzer-Dimension ist, der sorgfältig und unwiderstehlich Schicht für Schicht aufgebaut wurde, während letzterer stark an den Synthpop erinnert, der Anfang der 80er aus Sheffield kam. An anderen Stellen verschmelzen sie mutig Genres: „Fringe Runner“ ist „White Lines“ eingebettet in Dröhnen; „Tastes Good With the Money“ geht von Gregorianischem Gesang in Glam-Boogie im Stil von T. Rex über, wobei Baxter Dury ganz sachlich vor “a mushroom cloud for the middle classes” warnt. Doch nicht alles funktioniert. „Kim’s Sunsets“ gelingt es trotz seiner provokativen Sichtweise – Mitgefühl für Kim Jong-un, der über all diese mächtigen Waffen verfügt, aber dazu verdammt ist, sie nie einsetzen zu können – nicht, sich über seine wie betäubte Reggae-Begleitung zu erheben. Insgesamt wirkt Serfs Up! aber wie ein großer Sprung vorwärts.
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