Wenn man ein Debüt veröffentlicht, das zu den meistverkauften Alben aller Zeiten in den USA zählt (derzeit auf Platz 26), dann hat das Recht, für den Rest der Karriere zu machen, was man will – auch wenn Norah Jones’ frühes Werk dafür sorgte, dass sie mit Dinner-Party-Jazz assoziiert wird, weshalb ihr in manchen Kreisen nicht die Beachtung zuteil wird, die sie verdient. Diese Leute lassen sich allerdings einiges entgehen, etwa das 2012 erschienene Little Broken Hearts, ein fantastisches Trennungsalbum (produziert von Danger Mouse) oder Day Breaks (2016), eine Rückkehr zu den sanften Verführungen von Come Away With Me aus dem Jahre 2002. Alle drei genannten Werke sind geradezu magische Hörerlebnisse.
Begin Again ist weniger ein Album, sondern eher eine Sammlung von einmaligen Singles, die Jones im Laufe des vergangenen Jahres veröffentlichte; es handelt sich dabei um spontane Zusammenarbeiten mit Künstlern wie Jeff Tweedy von Wilco oder Thomas Bartlett, der die beiden letzten Alben von St. Vincent produzierte. ,Manche nähern sich ihren alten traditionalistischen Stücken an, andere sind ambitionierter, doch jeder dieser sieben Songs macht deutlich, wie unbeschwert sie musiziert: die Aufnahmen intim, aus nächster Nähe, das Spiel sanft, der warne, an den Rändern leicht aufgeraute Gesang, der einen unwiderstehlich anzieht. Sie verfügt über eine Stimme, die abgedroschene Phrasen mit neuem Leben erfüllen kann: “And I knew, and I knew it was you”, wiederholt sie in „It Was You“ und macht diese Empfindung so opulent wie das Orgel-Gezwitscher und das intuitive Spiel der Blechbläser, das sie umgibt.
„It Was You“ ist am wärmeren Ende des Albums angesiedelt, neben „Wintertime“, wo Jones’ zärtliches, munteres Klavierspiel mit Textzeilen kontrastiert, die davon handeln, wie es ist, sich zu sehr auf jemanden zu verlassen. Ihr Ton ist zaghaft, als wollte sie sich jeden Moment entschuldigen, aber doch nicht verlegen, denn sie bringt zugleich ihre Zuversicht zum Ausdruck, dass die fragliche Beziehung damit fertig werden kann und immer Trost und Sicherheit geben wird. Andere Songs machen Ungewissheit zu einer Tugend: der Titeltrack ist schlicht und schwungvoll, während „Uh Oh“ mutig mit Strukturen spielt. Unheilvolle, zitternde Geigen machen einem trippigen Beat Platz; ein rollendes, auf der elektrischen Gitarre gespieltes Motiv droht, ihre Panik zu überwältigen - “what’s the point of looking for problems when solving them only sends me into space?” –, aber lässt dann nach, damit sie wieder in den Mittelpunkt rücken kann, wo sie glänzt. Diese spontane Herangehensweise passt zu ihr, und die verschiedenen Stile, die auf Begin Again zu hören sind, sollten ihren Kritikern einen Eindruck davon vermitteln, was sie sich bis jetzt entgehen ließen.
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