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Kim Petras: Clarity (Albumkritik)


Kim Petras


Kim Petras: Clarity (BunHead)



Die deutsche Sängerin Kim Petras „dropt“ (wie es seit einiger Zeit heißt) bereits das ganze Jahr in regelmäßigen abständen neue Songs und sorgt mit Bubblegum-Pop, der sich im Gedächtnis festsetzt, im Internet für Aufsehen. Sieben dieser Songs wurden für ihr neues Projekt Clarity zusammengefasst; es hat zwar noch keiner im Mainstream für Furore gesorgt, doch alle sieben erinnern an die Top 40 der frühen 2000er, wenn sie diese nicht direkt imitieren: der schimmernde Bop „Sweet Spot“, das basslastige „Meet the Parents“ und der köstlich tragische Emo-Pop von „All I Do is Cry“ können sich mehr als nur hören lassen. Petrras hat an den Schulen von Britney und Christina studiert und klingt wie ein Superstar aus einem Paralleluniversum, in dem fast alles wie in unserem ist und nur andere Namen hat. Doch wie Charli XCX, mit der sie bereits zwei Songs aufnahm, experimentiert sie am Rand des Mainstream-Pop, weshalb sie noch ziemlich weit davon entfernt ist, ein allgemein bekannter Popstar zu sein.

Clarity verdankt seinen Hochglanz-Sound dem Produzenten Lukasz Gottwald, wesentlich bekannter als Dr Luke, der von Kesha 2014 der Vergewaltigung und anderer Arten von Missbrauch beschuldigt wurde. (Gottwald bestreitet diese Vorwürfe und hat Kesha wegen Vertragsbruchs und Verleumdung geklagt.) Für manche wird Petras' Projekt deshalb wegen der Mitarbeit des umstrittenen Produzenten immer mit einem Makel behaftet sein. Doch der wahre Reiz dieser Songs liegt in Petras’ unbekümmertem Selbstvertrauen; dass die Pool-Party-Hooks mit Texten unter anderem über Eigenliebe vor allem bei ihrer LGBTQ-Fangemeinde sehr gut ankommen, schadet ebenfalls nicht. Sie hat keine Angst davor, sich verletzlich zu zeigen, aber es sind die pochenden Rhythmen und die Botschaften von Widerstandsfähigkeit und Spaß am Leben, die Songs wie „Blow It All“ (“Tonight, we live like we’re not gonna die”) Herz verleihen.

Popmusik ist heutzutage wieder sehr politisch, aber die besten Popsongs bieten entweder „campy“ Eskapismus oder stärkende Mantras. Es ist offensichtlich, dass Petras das weiß. Ihre unbeschwerten Hooks glänzen wie Rüstungen aus poliertem Stahl.



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