Trippie Redd: ! (Caroline)
Die Stimme von Trippie Redd – AKA der 20-jährige Rapper Michael White aus Ohio – ist sehr wandelbar. Mitunter bedient er sich eines eigenwilligen, sehr melodischen schmachtenden Gesangs, der zugleich reich und angestrengt, gefühlvoll und platt klingt. An anderen Stellen setzt er auf ein sanft kehliges Gurgeln oder ein görenhaftes Jammern. Diese schwer fassbare Identität erstreckt sich auch auf seine Botschaft, die verwirrend und widersprüchlich wirkt. “Say no to suicide”, murmelt er melancholisch (und allem Anschein nach ernsthaft) auf „Snake Skin“, ehe er spöttelt, dass er seine Rivalen so so einschüchtert, dass sie “gon’ kill theyselves they see me stuntin’”. „Be Yourself“ wiederum wirkt zunächst wie eine Selbstakzeptanz-Hymne, ehe er vom Adressaten verlangt, zu “change” und “kill yourself”.
Dieses Gefühl der Instabilität zieht sich durch Whites zweites Album und lässt die Hörer verzweifelt nach einem roten Faden suchen. In der Musik ist er nicht zu finden. „!“ beginnt mit schmerzhaft aggressiver, von Diplo produzierter EDM, entwickelt sich weiter zu harmonischem, wogendem Trap und dann Produktion im Stil von Kanye, wobei auch ein Barry White Sample nicht fehlen darf. „Throw It Away“ bewegt sich aufregend von 90er-Jahre-R&B zu einem akustischen Riff im Stil von Oasis. „Riot“ erfreut mit Gitarren-Rückkoppelungen, über dem zombieartiger Gesang ertönt. Zu den Gaststars zählen Playboi Carti mit seinem Streifenhörnchen-Lallen (auf dem unwiderstehlichen „They Afraid of You“) und The Game mit seinem West-Coast-Krächzen alter Schule. Als Teil der klanglich esoterischen, aber kommerziell aktuell verdammt erfolgreichen Emo-Rap-Brigade weiß White, wie man die Grenzen des Hip-Hop verwischt und seine Grundfesten erschüttert.
! mag unvorhersehbar und von wechselhafter Qualität sein, aber es ist ohne Zweifel Teil des Marsches in die Zukunft des Genres – es drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass White um des Fortschritts willen eine in sich geschlossene, schlüssige künstlerische Identität geopfert hat.
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