Chrissie Hynde hat verschiedene Erklärungen für ihr neuestes Album angeboten, eine Sammlung von deutlich an Jazz orientierten Coverversionen klassischer Tracks. Eine ist, dass ihr Duett mit Frank Sinatra aus dem Jahre 1994 ihr zu einer sehr verspäteten Inspiration geworden ist, eine andere ist ein neu entdecktes Verlangen, Melodien zu singen, da zu bemerken ist, dass diese in der populären Musik immer seltener werden. Oder vielleicht folgt sie nur dem Wind der Veränderung: der Frontfrau der Pretenders zufolge hat der “demise of rock” (Niedergang des Rock) zu einem Wiederaufleben des Jazz geführt, an dem sie teilhaben möchte.
Vielleicht ist Hynde so erpicht darauf, ihre Entscheidung rational zu begründen, weil ein Umstieg auf einen sanfteren, jazzigeren Pfad für einen 67-jährigen Rockstar ein ziemlich abgedroschenes Vorgehen ist. Doch Valve Bone Woe ist weder banal noch langweilig.
Stattdessen übertönt Hynde mit ihrer angeborenen sorglosen Coolness und ihrer Geringschätzung all dessen, was auch nur entfernt nach spießiger Tradition aussieht, alle Klischees (und gelegentlich auch jeden Anflug erkennbarer Melodie). Neben Jazz bezieht sie auch Dub, Psychedelia und leicht desorientierende Electronica-Zwischenspiele ein, um die Andersartigkeit ihres alternativen amerikanischen Liederbuchs zu verstärken. Sie bietet unkonventionelle, luxuriös melancholische Versionen von Jazz-Standards und stimmungsvollen Bossa-Nova-Nummern (darunter auch ein Kinks-Song, der von diesem Genre inspiriert ist). Sie verleiht Songs von den Beach Boys und Nick Drake ein fremdartiges Flair und schafft es auf wundersame Weise, eine Komposition von Rodgers und Hammerstein wie Rock’n’Roll klingen zu lassen.
Obwohl sie mehrere Songs auswählte, die von denen es berühmte Versionen von gesanglichen Allzeitgrößen gibt (Streisand, Simone, Sinatra), ist Hyndes Stimme selten die Hauptattraktion.
Diese ist viel mehr die Attitüde, die sie ausstrahlt – eine von ehrgeiziger Nonchalance, lässiger Prahlerei und subtil subversiver Einstellung -, die Valve Bone Woe so einladend und interessant macht: weniger ein Anzeichen bevorstehender Irrelevanz, sondern eher eine Erinnerung an die Nervenkitzel, die Hynde noch immer produzieren kann.
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