Keane werden wohl für immer nahezu ausschließlich mit ihrem Riesenhit „Somewhere Only We Know“ assoziiert werden, einem fast unerträglich niedlichen und süßen Rausch bukolischer Sentimentalität, der ihnen einen Ruf als ängstliche Coldplay einbrachte. Doch das erste Album des Quartetts aus East Sussex seit sieben Jahren macht deutlich, dass sie nicht länger der Inbegriff von Nettigkeit sind, der sie einst zu sein schienen. Cause and Effect zeigt, dass die Band den Übergang von Unschuld zu Erfahrung abgeschlossen hat, denn hier werden Mid-Life-Geschichten geboten, die einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.
Klanglich behält die Gruppe allerdings den beruhigenden, seichten Stil bei, der für sie seit Anbeginn charakteristisch ist – verwässerter, höflich fröhliche Indie-Klänge mit Refrains, die unwiderstehlich mit unspezifischer Emotion anschwellen, während der ewig engelsgleiche Frontmann Tom Chaplin zwischen mitreißendem Brüllen in mittleren Lagen und schneidendem Falsett hin und her wechselt. Doch textlich ist dies eine völlig andere Sache: Cause and Effect ist ein ungeschöntes Dokument des Endes einer langen Liebesbeziehung. Die Schilderungen der Einsamkeit, des Bedauerns und des Schocks, der mit dem Verlassen des Familienheims verbunden ist, sind oft wie Schläge in den Bauch, doch mitunter dient die brutale Ehrlichkeit dazu, eine gewisse Distanz zu schaffen oder gar zu verstören – etwa auf „Stupid Things“, das das rücksichtslose Verhalten, die ehelichen Täuschungen und die Vernachlässigung der väterlichen Pflichten des Helden schildert. Das Album endet dank einer neuen Liebe auf einer positiven Note, doch es fällt schwer, sich darüber zu freuen. Es mag kein ungezwungenes Hörvergnügen sein, aber, Cause and Effect beweist zumindest, dass Keane in der Lage sind, Emotionen zu wecken und zu schildern, die komplexer und fesselnder sind als jene ihrer seichten frühen Erfolge.
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