RIHANNA
Loud (Universal)
Rihanna sagte auf ihrem letzten Album Rated R nicht nur ihrem Ex-Freund Chris Brown, von dem sie geschlagen wurde, auf köstlich öffentliche Weise gehörig die Meinung, sie zeigte auch eine Bereitschaft zum Risiko, die man vom durchschnittlichen einnamigen Popsternchen nicht gewöhnt ist.
Der dunkle, fast als Gothic zu bezeichnende Sound des Albums kam nicht bei allen gut an und Rihannas Pose als hartes Mädchen wirkte zuweilen allzu gewollt, aber Rated R war bestimmt nicht der „sichere“ Nachfolger des unauslöschlichen Songs „Umbrella“ und des supererfolgreichen Albums Good Girl Gone Bad (2007), den die meisten erwartet haben. Und zu dem Zeitpunkt da Rihanna Fenty in „Cold Case Love“, der wohl besten Nummer des Albums, den Tod der Liebesbeziehung direkt thematisierte, wobei sie zugleich ermattet, erleichtert und resigniert klang, hatte man erstaunlich viel Einblick in die Seele und die Persönlichkeit einer jungen Frau erhalten, die man sehr leicht mit lediglich einem weiteren anonymen Chartspüppchen verwechseln könnte.
Ärgerlicherweise machte sie auf ihrem nunmehr fünften Album einen großen Schritt zurück in die Anonymität und hat darüber hinaus nicht einmal eine so starke Nummer wie „Umbrella“ oder „Shut Up and Drive“ in ihrem musikalischen Arsenal, um dies zu kompensieren. Am ehesten geht noch „Cheers (Drink to That)“ in diese Richtung, ein überraschend flegelhafter Partysong der aus Barbados stammenden Schönheit, der – obwohl in einer Unheil verkündenden Molltonart gesungen und mit sinnlosen Samples einer „yeah, yeah“ kläffenden Avril Lavigne (aus dem Song „I´M With You“) durchsetzt – College-Studenten noch viele Jahre zu übermäßigem Alkoholgenuss verleiten wird. Es ist sicher nicht der beste oder originellste Song der Welt, aber er animiert zum Tanzen und verfügt über unleugbare Qualitäten, was wahrlich nicht von jeder Nummer auf Loud gesagt werden kann. „What´s My Name“, das nichtssagende Duett mit Drake, ist so dünn wie Pisse auf einem Teller und „S&M“ und „Skin“ sind ungefähr mit ihrer zahmen Unanständigkeit ungefähr so einfallsreich, wie ihre Titel vermuten lassen. Es steht außer Zweifel, dass Rihanna eine gute Sängerin ist, aber ihre zahllosen Songschreiber haben ihr nicht viel zur Verfügung gestellt, womit sie glänzen kann.
Vielleicht war Rated R ja auch nur eine Verirrung. Schwer zu sagen, denn auf Loud scheint immer wieder kurz ein einzigartiger künstlerischer Stil durch. Man wird zum Beispiel nie hören, dass eine Britney Spears zu dem Heulen von Sirenen und Dance-Beats ihre Entscheidung, einen Mann zu erschießen, beklagt, wie es Rihanna in „Man Down“ tut. Der erdbebenartige Tiefbass von „Raining Men“ belebt den späteren Teil des Albums und verleiht ihm Inselfeeling; der Song lässt einen wünschen, man würde dieser jungen Frau mehr Material zur Verfügung stellen, dass nicht von jedem gesungen werden kann. Eines der dieser wenigen Highlights ist auch der letzte Track mit dem Titel „I Love The Way You Lie (Part II)“, der Rihanna wieder mit Eminem vereint. Die beiden Künstler bieten eine Reprise ihrer Saga über häusliche Gewalt, in der - im Gegensatz zu den anderen Nummern des Albums – echte Emotionen spürbar werden.
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