Seit einigen Tagen kursiert der Witz „It’s the end of R.E.M. as we know it“, denn Michael Stipe und Co. gaben das Ende der Band bekannt, vermutlich um in Zukunft mit Reunion-Tourneen groß abzusahnen. Geben Sie ruhig zu, dass Sie die Band in den letzten Jahren schon vergessen hatten.
Nach 31 Jahren gemeinsamen Musizierens haben die Herrschaften beschlossen, fortan getrennte Wege zu gehen.
Im Laufe ihrer Karriere brachten R.E.M. etliche Hits und Kultklassiker hervor. „Everybody Hurts“ und „Shiny Happy People“ sind wahrscheinlich die beiden Songs, die die meisten von Ihnen im Ohr haben, aber die Gruppe hatte mehr zu bieten als diese beiden Singles. Und deshalb möchte ich Ihnen ihre Geschichte mit 15 Songs näherbringen.
R.E.M. veröffentlichten 15 Studioalben, weshalb es durchaus Sinn macht, ihren Aufstieg und Fall mit Hilfe je eines Songs von jedem dieser Alben zu beleuchten.
In einer Mitteilung hatten R.E.M. folgendes zur Auflösung der Band zu sagen:
“We walk away with a great sense of gratitude, of finality, and of astonishment at all we have accomplished.
“To anyone who ever felt touched by our music, our deepest thanks for listening.”
Michael Stipe schrieb:
“A wise man once said – ‘the skill in attending a party is knowing when it’s time to leave.’
“We have to thank all the people who helped us be REM for these 31 years; our deepest gratitude to those who allowed us to do this. It’s been amazing.”
Es war zwar nicht immer so toll für die Zuhörer, aber R.E.M. haben doch sehr viele gute Songs vorzuweisen und hatten maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des College-Rock, indem sie Post-Punk, Country-Rock und Byrds-artige Klänge zu einer Einheit verschmolzen. Dazu gelang es ihnen, Millionen Stück ihrer Alben und Singles abzusetzen, ohne je so bombastisch und wichtigtuerisch wie U2 zu werden.
Lassen Sie uns also mit dem Rückblick auf die Karriere von R.E.M. beginnen. Wahrscheinlich werden wir uns bei der sündteuren Wiedervereinigungstour in ein paar Jahren wiedersehen.
Murmur (1983)
Lassen Sie uns am Anfang beginnen (oder begin the begin, wenn Sie wollen – ein Witz für alle R.E.M. Fans), und zwar mit Radio Free Europe. R.E.M. begannen ihre (damals noch) Schallplattenkarriere zu einer Zeit, da die USA ganz im Bann von Stadionrock und schlechtem, von Reagan gutgeheißenem Pop stand. R.E.M. waren zunächst Außenseiter, konnten sich aber rasch einer großen Fangemeinde in Großbritannien erfreuen. Außerdem wurde ihr Debüt vom Rolling Stone zum besten Album des Jahres 1983 gekürt, womit die Band immerhin Michael Jacksons „Thriller“ schlagen konnte. Kein schlechter Anfang.
Reckoning (1984)
R.E.M. machten scheinbar dasselbe Album noch einmal und zementierten ihren Ruf als Lieblinge der Collegeradiosender und des Independent Rock. R.E.M.s Popularität nahm zu…langsam, aber beständig.
Fables of the Reconstruction (1985)
R.E.M. arbeiteten mit dem legendären Produzenten Joe Boyd (der uns unter anderem Nick Cave bescherte) zusammen und bemühten sich, einen unverwechselbar eigenen Stil zu finden, während sie immer populärer wurden. Um diese Zeit begann Karrieremacher MTV auf die Band aufmerksam zu werden, und schon bald wurde das Video zu „Cant Get There From Here“ zum Hit.
Lifes Rich Pageant (1986)
Der Titel des Albums ist ein Zitat aus einem von Inspector Clouseau gesprochenen Satz. Mit Lifes Rich Pageant gewannen R.E.M. viele neue Fans außerhalb der College-Radio-Szene und konnten die höchste Charts-Platzierung erreichen.
Document (1987)
Für Document nahm Scott Litt hinter den Reglern Platz – der Beginn einer sehr erfolgreichen Periode für R.E.M. Dieses Album etablierte den typischen R.E.M. Sound mit Tracks wie dem wunderbaren „The One I Love“ und natürlich „It’s The End Of The World As We Know It“.
Green (1988)
Mit Green, einem Liebkind der Kritiker und der ersten Veröffentlichung auf einem Major-Label, wurden R.E.M. zu echten Superstars. Songs wie „Orange Crush“ sorgten dafür, dass die Band in Europa unzählige neue Fans gewinnen konnte.
Out of Time (1991)
Und so entwickelten sich R.E.M. von einer großen Kultband zu einer großen Band. „Shiny Happy People“ und „Losing My Religion“ wurden überall auf der Welt zu Riesenhits und die Band wurde zu einer der Supergruppen und konnte etliche Grammys gewinnen. „Near Wild Heaven“ demonstrierte die Liebe der Band zur countrylastigen Seite der Rolling Stones.
Automatic for the People (1992)
Das erfolgreichste R.E.M. Album. Ohne Zweifel. Mit „Everybody Hurts“, „The Sidewinder Sleeps Tonight“, „Man On The Moon“ und dem Live-Favoriten „Nightswimming“ stieg die Band in den Olymp der Rocksuperstars auf. Das Video zu „Everybody Hurts“ ist eines der beeindruckendsten der Pop- und Rockgeschichte.
Monster (1994)
„What’s The Frequency Kenneth?“ ist der offensichtliche Hit dieses Albums („Crush With Eyeliner“ kommt gleich danach), das wohlwollend aufgenommen wurde, aber im Rückblick eine eher faule Angelegenheit ist. R.E.M. fetteten ihren Sound mit Verzerrungspedalen auf, wie sie um diese Zeit etwa von Oasis benutzt wurden. Das Album verkaufte sich sehr gut, doch R.E.M. begannen, sich als Innovatoren zu verabschieden.
New Adventures in Hi-Fi (1996)
„Electrolite“ und „E Bow The Letter“ (mit Patti Smith) wurden „on the road“ aufgenommen. Eine verlockende Aussicht für eine Band, die nur allzu oft zuviel nachdachte. Auf ..Hi-Fi waren R.E.M. ein wenig unmittelbarer. Manche beklagten den flachen Sound, der durch das Aufnehmen in leeren Hallen verursacht wurde, während andere genau das lobten.
Up (1998)
Dies war das erste Album ohne Bill Berry. R.E.M. beendeten nach zehn Jahren die Zusammenarbeit mit Scott Litt und machten ein Album, das polarisierte. „Daysleeper“ deutete mit seiner melancholischen Melodie und seinem akustischen Feeling den Wunsch nach einer Rückkehr zu dem Automatic For The People Sound an. Doch das Album brach mit vielen R.E.M. Traditionen – so kamen etwa elektronische Instrumente zum Einsatz -, was manche Hörer vertrieb.
Reveal (2001)
Das Album wurde von den Kritikern positiv aufgenommen und konnte manche Fans zurückgewinnen, die man mit den Synthesizersounds des Vorgängers vertrieben hatte. Es ist jedoch offensichtlich, dass sich bei der Band Langeweile breitmachte. Wenn man sich „All The Way To Reno“ anhört, kann man die Selbstgefälligkeit fast körperlich spüren.
Around the Sun (2004)
Auf Around the Sun wirkte die Band irgendwie verloren. In einem Song ist sogar ein lethargischer Rap von Q Tip zu hören. Gitarrist Peter Buck verkündete in aller Öffentlichkeit, dass er das Album hasst, und fügte hinzu, dass es „… just wasn’t really listenable, because it sounds like what it is, a bunch of people that are so bored with the material that they can’t stand it anymore.”
Accelerate (2008)
Und so nahmen R.E.M. lustlos und gelangweilt ein weiteres Album auf, und zwar schnell. Mit einem Gefühl von D-or-Die klangen R.E.M. aggressiver. Obwohl keineswegs ein Klassiker, erinnerte das Material an eine Zeit, da es Spaß machte, R.E.M. zuzuhören.
Collapse into Now (2011)
Da sie nicht die Absicht hatten, auf Tour zu gehen, und vielleicht schon wussten, dass das Ende der Band nahe ist, besannen sich R.E.M. der Dinge, die sie am besten konnten – klimpernde Gitarren, alberne Texte von Stipe, Mandolinen und große Refrains mit Backgroundgesang von Mike Mills. R.E.M. schlüpften in bequeme Schuhe und erinnerten sich daran, wie viel Spaß sie früher hatten.
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