Ich freute mich schon fast ein Jahr vor Erscheinen des Spiels wie ein kleines Kind auf L.A. Noire. Das lag vor allem auch an dem Durchbruch bei der Technologie der Gesichtsanimation, den dieser Titel mit sich brachte und für den er wohl lange in Erinnerung bleiben wird. Interessante, aussagekräftige Gesichter und den Film Noir fand ich schon immer faszinierend und ein wenig beängstigend, weshalb es umso schöner war, mit diesem Spiel in eine Welt einzutauchen, die beides reichlich bietet.
Die Fähigkeit, in einen Film Noir hineinzuspringen, der sich als Videospiel tarnte, war für mich perfekt.
Was ich jedoch nicht erwartet hatte, war, dass der Teil des Spiels, der mich sofort am meisten fesselte, der Hintergrund war, die Stadt. Sie ist eine mit Hilfe von Photoarchiven und Stadtkarten aus der damaligen Zeit sehr aufwendig produzierte Nachgestaltung von Los Angeles anno 1947.
Die Straßen, Gebäude, Sehenswürdigkeiten und Autos repräsentieren eine längst vergangene, gewalttätige Zeit. Selbst die Leute, die die Stadt bevölkern, wirken, als entstammten sie einer anderen Ära, obwohl es sich um mittels Motion Capturing aufgenommene zeitgenössische Schauspieler handelt, die nur in die Rollen hoffnungsfroher Starlets und schnell sprechender, hartgesottener Polizeibeamter schlüpften.
Als ich das Spiel durchspielte, hatte ich das Gefühl nur von einer Mission zur nächsten zu rasen und nie die Zeit zu haben, all die Details zu genießen, mit denen diese wunderbare alte Stadt ausgestattet wurde.
Manche Spieler sind zwar der Ansicht, dass die wunderschöne Stadt eigentlich nur optischer Aufputz ist, doch ihnen muss ich widersprechen, denn aufgrund eines Versehens von Team Bondi ist sie viel mehr. Dieses L.A. wirkt nicht so offen und grenzenlos wie die Welt von Grand Theft Auto IV – und genau das macht die Stadt auf bizarre Weise so interessant und fast zu einem weiteren Spielcharakter.
Aufgrund seiner linearen Natur präsentiert Ihnen L.A. Noire immer genau jenen malerischen Anblick von Los Angeles, den es sie sehen lassen möchte, ehe es mehr enthüllt. Die frühen Ansichten der Stadt erhöhen noch das Geheimnisvolle der stürmischen 40-er Jahre. Die Geheimnisse, die diese einerseits vertraute, andererseits doch so fremde Stadt birgt, werden nach und nach aufgedeckt, während Sie sich durch die die verschiedenen Dezernate – Verkehr, Mord, Sitte und Brandstiftung – hocharbeiten.
Die Schönheit der Stadt ist eine saubere Tarnung für die Korruption, die ziemlich nah an der Oberfläche darunter liegt. Die Drogenabhängigen, die geheimen Pornographieringe und brutal ermordete junge Frauen tauchen nach und nach auf und zeigen dem Spieler, dass sich hinter der vordergründigen Leiblichkeit der Stadt immer und überall Verderben und Verfall verbergen. Einmal falsch abgebogen und schon gerät man in die Fänge der Unterwelt. In einigen der späteren Missionen laufen Sie sogar durch die Kanalisation – eine Metapher für die verkommene, versteckte Schattenseite der Stadt der Engel?
Cole und Elsa und andere sind unglaublich realistische, aber undurchschaubare Charaktere, aber die Stadt L.A. selbst kann ebenso mysteriös sein. Der Spieler sieht die Stadt zunächst wie ein naives Mädchen vom Lande, das auf der Suche nach der großen Karriere beim Film aus dem Bus steigt, und muss dann, wie dieses, bald erkennen, dass die Realität bei weitem nicht so rosig ist.
Vielleicht ist die Stadt der Engel ein Ort, den man besser meiden sollte.
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