Schnell: Summen Sie das Thema von Raiders of the Lost Ark. Nun summen Sie bitte die Titelmusik von Tim Burtons Batman. Cool, nun summen Sie das Thema von Ant-Man. Nein? Wie wäre es mit Thor? Hmm...
Obwohl das Marvel Cinematic Universe an den Kinkassen unglaublich erfolgreich ist und sich zu einem richtigen kulturellen Phänomen entwickelt hat, ist die Musik der Filme insgesamt zum Vergessen. Das neueste Video von Every Frame a Painting arbeitet dies sehr gut heraus und beginnt mit demselben „Können sie es summen?“ Trick. Es bietet auch einige mögliche Erklärungen dafür, wie es dazu kam.
Besonders interessant ist der Abschnitt über die Verwendung von Temp Tracks. Es handelt sich dabei um die leider mittlerweile sehr weit verbreitete Praxis, während des Schneidens des Films die Musik eines anderen Films als Orientierungshilfe zu verwenden und Schnitt genau nach diesem Rhythmus zu setzen. Viele professionelle Filmkomponisten bestätigen, dass Regisseure sich so sehr an diese Platzhaltermusik gewöhnen und diese so liebgewinnen, dass sie vom Komponisten verlangen, diese mehr oder weniger zu kopieren.
Die Leute von Every Frame haben ein ergänzendes Video gemacht, in dem mehrere Filmsoundtracks mit den Tracks verglichen werden, die vermutlich als „Temp Track“ verwendet wurden:
(Bonuspunkte für die Bojack Anspielung im Titel.)
Ein Aspekt, den das Video zu wenig (oder gar nicht) behandelt, ist der Umstand, dass Melodien in den letzten ein, zwei Jahrzehnten leider völlig unmodern geworden sind: viele Filmkomponisten versuchen nicht einmal mehr, bedeutende, Motive zu schreiben, die in Erinnerung bleiben. Das ist sicher mit ein Grund, warum die Leute das Thema von Star Wars summen können, aber nicht dasjenige von Thor: The Dark World. (Anmerkung am Rande: Eine Melodie, die man summen/mitsummen kann ist nicht das einzige Merkmal eines bemerkenswerten Soundtrack. Thomas Newmans American Beauty Musik kann man nur schwer summen oder singe aber sie ist trotzdem hervorragend. Die meisten Leute erinnern sich an sie aber mehr als Textur oder Gefühl.)
Die Marvel Filme scheinen es stets eilig zu haben, die Charaktere sprechen zu lassen, wodurch sie sich zum Beispiel von Filmen wie Star Wars unterscheiden, die längere Abschnitte enthalten (darunter auch der einleitende fortlaufende Text), die ausschließlich von Musik begleitet werden. Nebenbei ist es auch interessant, dass die beste und bekannteste Videospielmusik aus einer Ära stammt, in der noch keine Sprecher und keine Sprachausgabe eingesetzt wurden, weshalb die Komponisten nicht befürchten mussten, dass sie mit ihren starken Melodien von den Dialogen ablenken.
Es gibt aber ein MCU Musikstück, das mir wirklich gefällt: Alan Silvestris Avengers Thema.Es ist simpel und kommt auf den Punkt, aber wenn man mich bitten würde, es auf der Straße zu singen, würde ich Ihnen das ganze Stück vortragen. Doch die meisten MCU Filme wurden tatsächlich mit mehr als „sicherer“ Musik versehen, die man vergisst, sobald man sie gehört hat, da sie vor allem nicht vom Geschehen auf der Leinwand ablenken, sondern einfach nur da sein soll. Selbst wenn die Musik gelegentlich stark genug ist, um für sich allein zu stehen, wie anhand des hervorragenden Captain America: The Winter Soldier Beispiels bei 4:06 gezeigt wird, scheinen die Filmemacher nicht den Willen oder den Mut zu haben, ihr entsprechend Geltung zu verschaffen.
Mir gefiel Captain America: Civil War recht gut, doch ich war enttäuscht, dass mit Ausnahme von Cap selbst keiner der Helden im Film sein eigenes musikalisches Thema hat. Der große Showdown hätte ein wunderbares Aufeinanderprallen starker Motive werden können. Stattdessen kann ich mich an keine einzige Note erinnern.
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