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Gwenno: Le Kov (Albumkritik)

 

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Gwenno: Le Kov (Heavenly)

 

 

Der vierte Track auf Gwenno Saunders’ zweitem Album wirft die Frage auf, ob Texte wirklich von Bedeutung sind. Saunders trägt die Strophen des brillanten „Eus Keus?“ monoton vor, ehe der Song beim Refrain Farbe annimmt und abwechslungsreicher wird, eine euphorische Serie von Akkorden, über denen die Künstlerin plötzlich eindringlich singt. Sie singt auf Cornisch – nach der walisischen Sprache ihres Debütalbums wechselte sie zu ihrer zweiten Muttersprache (Englisch ist ihre dritte Sprache) – und man fragt sich, was sie vorträgt: doch sicher etwas Wichtiges und Dringliches? Dann wirft man einen Blick auf die Übersetzung des Texts. Die Strophen sind eine Aufzählung cornischer Städte und dieser aufregend Refrain lautet: “Is there cheese? / Is there or isn’t there? / If there’s cheese, bring cheese / And if there isn’t cheese – bring what’s easy!” Ist der Songs weniger wert, weil sein Text im Grunde bedeutungslos ist, wie es etwa auch bei The Smiths„Some Girls Are Bigger Than Others“ der Fall war? Nein, denn die Hörer können ihm ihre eigene Bedeutung aufdrücken. Das soll nicht bedeuten, dass es Le Kov (was als “Der Ort der Erinnerung“ zu übersetzen ist) an Ernsthaftigkeit fehlt. Es ist eine Erkundung der cornischen Identität, von Gefühlen der Isolation nach dem Brexit-Referendum bis hin zum Kampf für den Status der Sprachen von Minderheiten. Doch alle, die sich nicht intensiv mit diesem Album auseinandersetzen, werden von diesen Themen nicht viel bemerken (und die Texte sind metaphorisch genug, um Gwennos Erklärung zu benötigen, um genau zu verstehen, was gemeint ist). Es sind die Melodien, die dafür sorgen werden, dass man dieses Werk immer wieder auflegt: zielbewusst und direkt, aber herrlich verschwommen, womit sie an Broadcast und ihre Schaffung psychedelischer Klänge erinnern, die zugleich zurück und nach vor blicken.

 

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