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Titus Andronicus: A Productive Cough (Albumkritik)

 

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Titus Andronicus: A Productive Cough (Merge)

 

 

Zehn Jahre nach ihrem Debütalbum Airing of Grievances scheinen Titus Andronicus, die Punks aus New Jersey, sich endlich all ihrer Wut und ihrem Frust von der Seele gespielt und gesungen zu haben, denn ihre stümperhafte, kaum zu kontrollierende Energie macht immer mehr einer leicht benebelten Sentimentalität Platz. Wie schon das 2015 erschienene epische und düstere The Most Lamentable Tragedy dehnt sich auch ihr fünftes Album weit über ihr ursprüngliches musikalisches Terrain hinaus aus; allerdings geht es diesmal in eine optimistischere Richtung: der ausgelassene, gefühlvolle Country-Punk von „Real Talk“ wird mit Saxophon, Rap-Schnipseln und einem rührseligen, altmodischen Refrain, der direkt von Springsteens Seeger Sessions übernommen sein könnte, verziert, während die aus Brooklyn stammende Sängerin Megg Farrell zum Klagelied „Crass Tattoo“ mit seinem Bar-Piano und der Folk-Fidel vornehm ermatteten Gesang beisteuert. Die Band klingt auf „Home Alone“, einem für sie typischeren Song, um einiges stärker, denn hier kann sie mit tiefen, brütenden Riffs, grungigem Knurren von Frontmann Patrick Stickles und großspurigen 70-er-Jahre-Hard-Rock-Tendenzen locker aufspielen.

 

Der schwächste Moment ist die Semi-Coverversion „(I’m) Like a Rolling Stone“, bei der Dylans Monolith aus den 60ern mit vertauschtem Blickwinkel dargeboten wird, denn dieser Einfall wirkt schon am Ende der ersten Strophe ermüdend; vielleicht hätte eine Sängerin die Essenz der seltsamen, sexualisierten Schadenfreude dieses Songs richtig interpretieren können, aber so ist der Sinn nicht zu verstehen. Insgesamt wirkt A Productive Cough ebenso nachlässig entwickelt wie sein Titel, der besser auf das Etikett eines Medikaments passen würde: es gibt einige großartige Momente, aber vier Songs sind länger als sieben Minuten, ohne dass irgendetwas diese Länge rechtfertigen würde. Und der freundliche Rock’n’Soul von „Above the Bodega (Local Business)“ mit seinem klimpernden Klavier hämmert de Hörern seine zentrale textliche Idee – dass Stickles vor dem Mann im Laden im Erdgeschoss nichts geheimhalten kann – so oft ein, dass man sich gegen Ende innigst wünscht, er hätte diese Tatsache vor uns verschwiegen.

 

Reaching“ ist lobenswert, aber letztlich wirkt dieses Album wie ein Räuspern vor (hoffentlich) kommenden besseren Dingen.

 

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