Joan Baez: Whistle Down the Wind (Proper)
Es besteht ein deutlicher Kontrast zwischen dem Cover von Joan Baez' 25. Studioalbum, das die 77-jährige Königin des Folk strahlend lächelnd zeigt, und seinen 10 Songs über Sterblichkeit und Krieg. Baez ist eine verspieltere und witzigere Persönlichkeit als man meinen würde, wenn man nur ihre Charakterisierung aus den Medien kennt (sie ist eine boshafte Imitatorin ihres Ex-Partners Bob Dylan), aber ihre Visitenkarte ist seit jeher Würde: ernste Friedenshymnen, furchtlose Kampagnen gemäß ihrer Quaker-Abstammung, nicht viel persönliche Freimütigkeit.
Auf diesem Album, das ihren Angaben zufolge ihr letztes sein soll, findet sie durch sehr gut gewählte Coverversionen, die von Joe Henry gekonnt, aber sehr sparsam – gezupfte Gitarren, Gitarrengeklimper, dumpfer Bass, sanfte Percussion, gelegentlich aufheulendes Saxophon.
Die Jahre haben Baez’meisterhafte Stimme ein bisschen rauher intimer werden lassen, vor allem bei Songs, die sich um Rückblick, Bedauern und Sterblichkeit drehen. Sie findet die Zärtlichkeit unter Tom Waits’ Titeltrack (“Can’t stay here and I’m scared to leave”) und „Last Leaf“ und die Vergebung in Mary Chapin Carpenters „The Things That We Are Made Of“. „The President Sang Amazing Grace“, Zoe Mulfords Darstellung der Schießerei in einer Kirche in Charleston im Jahre 2015, trifft genau den idealen Punkt, während der Folk-Standard „I Wish the Wars Were All Over“ auf simple, utopische Weise endet. Ein anmutiger Abschied.
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