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Elysia Crampton: Elysia Crampton (Albumkritik)

 

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Elysia Crampton: Elysia Crampton (Break World Records)

 

 

Das vierte Album der bolivianisch-US-amerikanischen Produzentin Elysia Crampton bietet nur sechs Songs mit einer Gesamtspieldauer von gerade einmal 19 Minuten, aber es enthält, wie es bei all ihren Werken der Fall ist, ein Universum von Geschichte und philosophischen Gedanken. Im Februar eröffnete Crampton einen ihrer Auftritte mit einem Vortrag über einen Gott aus den Anden, und dieses einfach nach ihr selbst benannte Album wartet mit ähnlichen extra-textuellen Tiefen. Es ist Ofelia gewidmet, einer Frau, die dafür verantwortlich ist, das die Masken von den Weiblicher-Teufel-Kostümen entfernt wurden, die homo- und transsexuelle Menschen während der Aymaran-Straßenfeste in den 1960ern trugen, und es ist durchdrungen von Rhythmen und Ideen der Andenbewohner: taypi, das Konzept von Raum/Zeit, das Crampton als „radikale Asymmetrie“ beschreibt, und pachakuti, die potenzielle Zerstörung einer Machtstruktur oder Hierarchie.

 

Bei dem hier gebotenen Material kann man sich so tief ins Wurmloch begeben, wie man will, und wen man e vollständig zu erfassen vermag, kann es zur einen oder anderen Erleuchtung führen. Doch kein gutes Album erforderte je Fußnoten – und zum Glück kommen auch die unmittelbaren musikalischen Vergnügen, die Elysia Compton bietet, ohne solche aus. Bei ihrem oben bereits erwähnten Auftritt im Februar läutete sie den musikalischen Teil des Abends ein, indem Sie das Universal-Pictures-Thema sampelte, eine augenzwinkernde Anspielung auf die maximalistischen, physischen Qualitäten ihrer Musik, die an die Geräusche des Krieges erinnert. Die scharfen Klänge, die „Pachuyma“ förmlich durchschneiden, beschwören Schwertkämpfe und das „gothic“ Mampfen einer räuberischen Bestie herauf,, während Blechbläser das Tosen des Kampfes übertönen wie eine Fanfare, die das Dancefloor-Schachtfeld erzittern lässt. In Cramptons Werken finden sich nur wenige Hooks; stattdessen tauchen Geräusche und Texturen immer wieder auf und erwecken den Eindruck einer Klangtapete, die eine Geschichte schildert: die Schüsse von „Nativity“ erklingen später wieder, um „Pachuyma“ zu vernichten, während die kauenden Kiefer von „Pachuyma“ in „Moscow (Mariposa Voladora)“ eine erdrückende Wildheit annehmen.

 

 

Es ist schwer zu sagen, wie lange Sie diese enorme Intensität aushalten, doch Cramptons Präzision ist faszinierend – ihr Touch ist immer urwüchsig, niemals erdrückend. Außerdem werden die harschen Texturen von den überwältigenden ruhigeren Momenten des Albums deutlich hervorgehoben: die kaum fassbaren Glockenlaute von „Solilunita“ sind umwerfend und läuten später sanft durch „Oscollo“, wo ein fast verborgenes Schlagzeug-Motiv darum kämpft, durch ein unruhiges Dickicht von Verzerrungen gehört zu werden.

 

Wenn das Geklapper von „Orion Song“ verklungen ist, wirkt ein meditativer, flackernder Ton durch Kopfhörer physisch bezaubernd. Dieses Album ist eine Offenbarung und, wenn Sie es wollen, auch eine Geschichtslektion.

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