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Florence + the Machine: High As Hope (Albumkritik)

 

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Florence + the Machine: High As Hope (Universal)

 

 

Florence Welch sagte vor kurzem einem Journalisten, dass sie mit ihrem vierten Album eine deutlich andere Richtung einschlägt. Es ist, wie sie bestätigte, weniger “Florence-y”. Dies ist ein Statement, dass man nur schwer ohne fragenden Blick lesen kann. „Florence-y“ zu sein, bedeutet, eine geradezu protzige Art von musikalischem Melodrama zu bieten, bei der Schlagzeug, wie man es von Stammestänzen kennt, auf sägende Orchester, großspuriges Klavier und den Kriegsschrei-Gesang der Sängerin, natürlich immer mit reichlich Vibrato, trifft. Es ist eine Herangehensweise, die ihr drei Platin-Alben und so großen Ruhm eingebracht hat, dass Penguin ihre mit dem Kugelschreiber geschriebenen Gedichte, Liedtexte und inspirierenden Mitteilungen an sich selbst sammelte und als Buch herausbrachte.

 

Außerdem waren wir schon einmal an dem Punkt. Auch ihr letztes Album, das 2015 erschienene How Big How Blue How Beautiful, wurde als weniger „Florence-y“ angekündigt: das auf das Wesentliche reduzierte Werk, wie sie selbst es formulierte, von “a quiet person”. In Wirklichkeit klang es wie das Werk einer Person, die aus zwanzig Metern Entfernung einen Autoalarm übertönen kann; ein Album, das so überladen war, dass man die sprichwörtliche Katze nicht am Schwanz herumwirbeln konnte, ohne ein 36-köpfiges Orchester, eine textliche Metapher mit Bezug auf die griechische Mythologie oder einen massigen Chor von auf viele Spuren aufgenommen Florences, auf Lautstärke 11 hochgedreht, zu treffen.

 

Doch die erste Single von High As Hope deutete darauf hin, dass sie es diesmal wirklich ernst meinen könnte. „Sky Full of Song“ ist im Vergleich mit den blumigen Arrangements und dem großäugigen Gesang von „What Kind of Man?“, dem ersten Song auf How Big How Blue How Beautiful, sehr zurückhaltend. Das Orchester ist präsent, aber hält sich im Hintergrund, hinter einem gedämpften Kontrabass. Der Choir of the Massed Florences ist geradezu kleinlaut, wobei der Gesang aus so geringer Distanz aufgenommen wurde, dass man sie zwischen den Zeilen atmen hören kann. Man hat das Gefühl, dass die Künstlerin erkannt hat, dass sie auf unweigerlich auf das Gebiet der Selbstparodie geraten wäre, wäre sie auf dem Pfad ihrer früheren Alben weitergegangen.

 

Gelegentlich kann sie dem Verlangen, mit voller Kraft alles niederzusingen und mit ihrer Theatralik alles und jeden zu betäuben, nicht widerstehen. Der Song „100 Years“ bringt fünf ermüdenden Minuten damit zu, den Hörer mit jedem Trick im Florence-Buch zu attackieren. „Hunger“ setzt auf eine ähnliche Sturm-und-Drang-Herangehensweise, doch sein melodisches Fundament – und auch ihre schlichte Darstellung einer Teenager-Essstörung – ist stark genug, um die vielen Stockwerke von Ausschmückungen zu tragen, die darauf errichtet wurden. An anderen Stellen ist sie zu mehr Zurückhaltung denn je in der Lage. Regelmäßig besteht Welchs Methode, sich zurückzuhalten, darin mit ihren opernhaften Gesangseinlagen und dem donnernden Schlagzeug bis zu den Schlussmomenten eines Songs zu warten. Dennoch haben diese Songs mehr Raum zum Atmen als jene auf ihren vorherigen Alben.

 

 

Das relative Fehlen von Ausschmückungen und Geklapper enthüllt etwas Faszinierendes. Welch möchte unbedingt jene Art von Künstlerin sein, die eine phantasmagorische Welt konstruiert, in der sich die Hörer verlieren können, aber es stellt sich heraus, dass auch das Talent zu Bodenständigerem hat. Die Musik ist am reizvollsten, wenn sie zurückgenommen ist – wie auf „June“, dem schlichten ersten Track des neuen Albums - , und ihre Stimme ist am stärksten, wenn sie nicht schmettert. Ähnlich verhält es sich mit den Texten: High As Hopes emotional berührendsten Zeilen sind jene, in denen sie auf Rokoko-Metaphern verzichtet und sich auf kleine, vielsagende Details konzentriert.

 

In den eigenen frühen 30ern erkennen viele Menschen nach und nach, dass sie sich nicht länger darüber hinwegtäuschen können, dass sie Erwachsene sind – an diesem Punkt befindet sich Welch gerade. In „Hunger“ gibt es einen entzückenden Abschnitt, in dem sich die Musik steigert, während sie spürt, wie sich die Aufregung steigert, weil der Freitag immer näher rückt, nur um zu erkennen, dass der chaotische Hedonismus des Wochenendes etwas ist, dass sie besser aus der Ferne beobachtet: “Oh you and all your vibrant youth“, singt sie, während sie das bunte Treiben betrachtet, “how could anything bad ever happen to you?” „South London Forever“ vermischt verschwommene Erinnerungen an jugendliche Indiskretionen – auf Ecstasy aus einem Pub stolpern, während “holding hands with someone I just met“ – mit einer Ermahnung, sich daran zu erfreuen, solange man kann, ehe es nur noch peinlich ist, wenn man sich so verhält: “It doesn’t get any better.”

 

Der letztere Sing ist ergreifend und sorglos schön: er benötigt kein angeheftetes großes Finale. Das es trotzdem ein solches hat, unterstreicht das Problem im Zentrum von High as Hope: dieses Album ist ohne Zweifel ein Fortschritt gegenüber ihren bisherigen Werken und mit gut geschriebenen Songs gefüllt, aber es ist dennoch frustrierend anzuhören. Es erweckt den deutlichen Eindruck, dass irgendwo in Florence Welch eine andere Künstlerin versteckt ist, die gegen dieses Verlangen nach Schwülstigkeit und jene großen musikalischen Statements ankämpft, auf denen ihre Karriere bis jetzt fußt. High As Hope deutet darauf hin, dass sie sich öfter zurücknehmen und auf kleinere, intimere Songs setzen sollte.

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