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Lotic: Power (Albumkritik)

 

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Lotic: Power (Tri-Angle)

 

 

Der in Houston geborene und jetzt in Berlin lebende, mit elektronischer Musik experimentierende Lotic (im Englischen bevorzugt er, mit dem Pronomen „they“ angesprochen zu werden) beschreibt dieses Debütalbum, das bei sporadischen, über zwei Jahre verteilte Aufnahmesessions entstand und auf mehrere Mixtapes und EPs, die der Künstler seit 2011 veröffentlichte, folgt, als “an expansive exploration of the many ways in which power can be expressed and experienced”. Und man kann das ganze Album hindurch förmlich spüren, wie diese Macht tropft und schwillt.

 

Man kann die Kraft und Macht der physischen Bewegung fühlen, am heftigsten im Titeltrack, der Drum Beats mit etwas verbindet, was irgendwo zwischen einem Videospiel-Glitch und einem Metal-Sample anzusiedeln ist, während verschiedene Klänge in die Ohren pfeifen. Außerdem spürt man es im Machtkampf auf dem verspielten, leicht gruseligen „Fragility“, das mit warmen, grundverschiedenen Akkordfolgen neckt, die abschnitten werden, ehe man einen Beat entdecken kann. Das passend betitelte „Love and Light“ macht den Hörer auf sanfte Weise empfänglich für die offensichtlich an Stärke reicheren Tracks wie „Hunted“, eine vom Bass angetriebene R&B-artige Nummer, die Geflüster über „brown skin“ mit geloopten Klagelauten kombiniert.

 

Dies ist ein Club-Album, das zwischen hyperaktivem Techno, Industrial-R&B und Electronica anzusiedeln ist, weshalb es schwerfallen dürfte, es in eine Schublade zu stecken. Es ist ein packendes Rätsel: jeder Hörer wird seinen eigenen psychischen Pfad durch das Bohren und die Kreissägen auf Tracks wie „Bulletproof“ finden.

 

Wahrscheinlich ist das der Grund dafür, dass der befriedigendste Moment die Hinzunahme von erdendem Gesang auf „Nerve“ ist: eine affektiert vorgetragene anklage gegen alle, die so unverfroren sind, zu fragen, wo jemand herkommt. “You got nerve” wird über einem dumpf pochenden Beat wiederholt; mehr ist auch nicht nötig, denn es ist alles gesagt.

 

Dies ist ein schepperndes, „disruptive“ Debüt, das die Frustration, anders zu sein, durch schieres Gefühl anstatt mit leicht verdaulichem Gesang thematisiert. Lotics „gender identity“ und „blackness“ müssen nicht mit 08/15-Texten erklärt werden; das industrielle Krachen von „The Warp and the Weft“, eineinhalb Minuten hervorragendes akustisches Unbehagen, macht mehr als deutlich, was Sache ist.

 

 

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