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Jackie Oates: The Joy of Living (Albumkritik)

 

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Jackie Oates: The Joy of Living (ECC Records)

 

 

Folk-Songs befassen sich oft mit verzweifelt traurigen uralten Geschichten, aber gelegentlich werden in ihnen auch neuere Erfahrungen thematisiert. Im Jänner 2016 brachte Jackie Oates ihr erstes Baby, ein Mädchen namens Rosie, zur Welt, wobei Komplikationen auftraten: Mutter und Kind zogen sich im Krankenhaus eine Blutvergiftung zu. Zur gleichen Zeit wurde Oates' geliebter Vater, ein Mann, der die gesamte Familie mit der Folk-Musikkultur vertraut machte, schwer krank und starb fünf Tage später an einer Blutvergiftung. Jackie und Rosie erholten sich. Nur wenige Albumtitel haben eine so unmittelbare Resonanz.

 

Seit sie von 2003-2007 Teilzeitmitglied von Rachel Unthank & the Winterset war, ist Jackie Oates in traditionellen Folkkreisen gut bekannt, auch wenn sie bis jetzt nicht so geschätzt wird, wie es der Fall sein sollte. Ihre Stimme erinnert an viele zeitgenössische weibliche Folkstimmen: lieblich, hübsch, schlicht, eine Stimme und ein Gesang, die von einem Lufthauch fortgetragen werden könnten. Doch das, worüber sie singt, verleiht ihr Ernst und Gewicht.

 

Spring Is Coming Soon“ ist eine von Oates’ selbst geschriebene Nummer,, die während der ersten Lebensmonate ihres Kindes entstand, als sie selbst Trauer verarbeiten musste; die Zeile “we’ll be happy soon, little one” berührt mit ihrer Zärtlichkeit und Traurigkeit. Darauf folgt eine Coverversion von John Lennons „Mother“; der Song handelt bekanntlich von Eltern, die ihre Kinder nicht haben wollen. Oates’ eigene Geschichte fügt neuere, düsterere Farben zu Lal Watersons seltsam schwermütigem „The Bird“ hinzu, in dem ein Vogel eine Frau immer wieder aufweckt, wobei sein Schreien am Morgen beginnt und “day by day” schlimmer wird.

 

Doch neben dem Schmerz ist auch Platz für Schönheit, die Oates’ Erfahrungen fast psychedelisch reflektiert. Die Umarbeitung von Darwin Deez’ fröhlichem Indie-Pop-Hit „Constellations“ in ein Folk-Epos mit Chorgesang ist einfach wunderschön. Dasselbe gilt für Bill Caddicks „Unicorns“, einen Song, den Oates und ihr Bruder Doug (er nimmt unter dem Namen Jim Moray auf) schon als Kinder liebten. Auf „Rosy Apple“ ist auch das Lallen der kleinen Rosie zu hören; sie saß oft zu Füßen ihrer Mutter, während dieses Album aufgenommen wurde; das könnte kitschig klingen, aber hier bringt es Linderung. Oates’ einzige Aufnahme ihres Vaters, entstanden während eines spätabendlichen Singlong in Schottland, beschließt dieses bewegende, tiefgründige Album, auf das Oates wahrlich stolz sein kann.

 

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