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The Prodigy: No Tourists (Albumkritik)

 

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The Prodigy: No Tourists (Take Me to the Hospital/BMG)

 

 

Nur wenige Bands fingen den Zeitgeist der frühen 1990er so effektiv ein wie The Prodigy. Raves im Freien – vor allem das riesige Castlemorton Common Festival anno 1992 – wurden als dermaßen große Bedrohung der öffentlichen Ordnung gesehen, dass John Majors konservative Regierung 1994 den Criminal Justice and Public Order Act in 1994 einbrachten, um Versammlungen von Leuten, die zu “repetitive beats” tanzen, zu verbieten. Obwohl dies rein technisch alles von Orbital bis zu Morris-Tänzern bedeuten konnte, waren es Prodigy Tracks wie „Their Law“, die den Soundtrack des Widerstands der Musikgemeinde bildeten. Als es die Dance Music und ihre Anhänger immer mehr in geschlossene Räume zog und sie den Mainstream eroberte, definierte das 1994 erschienene, extrem erfolgreiche Album Music for the Jilted Generation eine ganze Ära.

 

 

24 Jahre später weichen Produzent Liam Howlett und die in MCs verwandelten Tänzer Maxim Reality und Keith Flint nicht groß von einer Formel ab, die ihnen seit damals stets gute Dienste geleistet hat (wenn auch mit leicht nachlassendem Erfolg). Synthesizer setzen immer wieder kurz und sehr abrupt ein. Sub-Bass rumort wie ein Erdbeben, und die elektronischen Riffs von „Light Up the Sky“ rocken wie AC/DC. Die beiden Sänger schreien über diesen Lärm – aber nicht oft genug, wenn man von einem gelegentlichen “Shut your motherfuckin’ face” oder, auf dem Titeltrack, “No tourists, nothing to see” absieht.

 

Es gibt anno 2018 sicher ebenso viel, was ihren Unmut erregen kann, wie 1994 – Klimawandel, Brexit, Trump, etc. - doch drängende Beats begleiten enttäuschend leere Slogans (“We live forever”). Nur das dystopische „Champions of London“ scheint sich wirklich mit den Problemen der Zeit zu befassen, und auch dieser Track begnügt sich mit vage alarmierenden Klangschnipseln (“Civil unrest, grab the bulletproof vest”). Es bleibt Howletts Musik überlassen, den Fehdehandschuh auszupacken und zu werfen, und sie versteht mit der lauten und ungehobelten Energie früherer Zeiten zu überzeugen. „Need Some1“ klappert und lärmt über einem Gesangssample von Loleatta Holloway. „No Tourists“ verfügt über eine klassische Erhabenheit, die entfernt an Led Zeppelins „Kashmir“ erinnert, und mit der rasanten Bedrohlichkeit des exzellenten „Boom Boom Tap“ findet die Band einen neuen, noch höheren Gang. „Give Me a Signal“ (mit Barns Courtney), derr großartige Abschluss dieses Werks, verleiht Roland 303 Acid-Schnörkeln eine Hochglanzpolitur. Insgesamt ist dies ein Album, das gekonnt und unterhaltsam den klassischen Sound der Band aufwärmt, auch wenn es dem langen Schatten früherer Erfolge nicht zu entkommen vermag.

 

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