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Earl Sweatshirt: Some Rap Songs (Albumkritik)

 

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Earl Sweatshirt: Some Rap Songs (Columbia)

 

 

Inmitten einer Rap-Kultur voller ausufernder Alben mit kosmopolitischen Beats, die zwischen Country und Style hin und her hüpfen, erscheint Earl Sweatshirts drittes Album zunächst so bescheiden wie sein Titel. Es wurde vom Künstler weitgehend selbst produziert, wartet mit wenigen Gaststars – zwei davon sind seine Eltern – auf und nur zwei der 15 Tracks überschreiten die Zwei-Minuten-Marke. Aber es entpuppt sich als eines der besten Rap-Alben des Jahres, ein rauchiger Eisberg von großer emotionaler Tiefe.


Was die Beats anbelangt, ist es ein bisschen wie einer von Madlibs Medicine Show Mixes, wo körnige, von Samples beherrschte Produktionen wie ein verwunschenes Radio, das nach einer Frequenz in der Vergangenheit sucht, förmlich herausplatzen. Soul-, Funk- und Disco-Samples wurden mit stumpfen Sicherheitsscheren zerstückelt, sodass lädierte Ränder und lose Fäden zurückbleiben. Manche wurden allem Anschein nach bis knapp an den Schmelzpunkt erhitzt, was wunderschön schlaffe Töne zur Folge hat, etwa die Orgel auf „Cold Summers“; andere sind ausgedörrt, wie etwa das spröde Piano auf „The Mint“. Der Einfluss von J Dilla ist offenkundig, vor allem die Art und Weise, wie der verstorbene Produzent den Bass isolierte und den Beat leicht variierte, um die Tracks funky zu machen.


Dieses Ungleichgewicht der musikalischen Begleitung deutet womöglich auf einen abgestumpften Geist hin. “Bad acid did damage to my mental”, “three spliffs had my wing tips clipped” und verschiedenste andere Drogen und Medikamente bringen die ohnehin schon instabile Chemie des Gehirns durcheinander. Earl hat oft offen über seinen Kampf gegen Depressionen gesprochen und das großartige „Peanut“, geschrieben nach dem Tod seines Vaters Anfang des Jahres, verkündet auf einem Track, der so langsam ist, dass sich dass Gefühl einstellt, er würde jeden Moment einfach aufhören, dass “this is not a phase”. Aber entscheidend ist, dass er trotzdem weitergeht, und an anderen Stellen machen sich Witz und Wärme bemerkbar, die darauf hindeuten, dass der Künstler die Prüfungen, die das Leben für ihn bereithält, besteht.


Amüsante Abkanzelungen seiner Rivalen sind häufig, ob in wunderschöner Langform-Poesie auf „Loosie“ oder in gelungenen Pointen: “They stable full of sheep, we staying on the lam”, “I heard you got your sauce at the Enterprise”. Auch Versöhnung mit seinen Eltern (nach Spannungen, die dazu führten, dass Earl als Teenager auf Samoa die Schule besuchen musste) ist ein wiederkehrendes Thema, am bewegendsten auf einem Track, der öffentliche Reden der beiden miteinander verknüpft. Und die schlaue Pop-Eingängigkeit des „triplet flow“ auf „Nowhere2go“ oder des Refrains von „The Mint“ ist offensichtlich auch für den Künstler selbst das reinste Vergnügen – Moments wie die beiden genannten stellen Earl in eine Reihe mit hervorragenden MCs wie Nas, die eine müßige Äußerung in eine Melodie verwandeln können.

 

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