Jeff Tweedy: Warm (dBm Records)
Dies ist das 18. Album, das Jeff Tweedy als treibende Kraft – mit Uncle Tupelo, mit Wilco, mit seinem älteren Sohn (als Tweedy) und solo – gemacht hat. Es ist ein Beweis für seine rastlose Kreativität, dass er noch immer lohnenswerte Musik macht, noch immer vertraute Elemente in reizvolle Formen bringt. Die Perfektion und Besessenheit der mittleren Wilco Jahre gehören der Vergangenheit an. Heutzutage erscheint Tweedy einfach mit seiner akustischen Gitarre zu Auftritten und spielt Songs. Warm setzt auf dieselbe Spontaneität und Einfachheit und fügt nur Schlagzeug, Bass und elektrische Gitarre (normalerweise um die Songs klanglich zu färben, nicht um sie zu tragen) hinzu. In einer neuen Autobiographie schreibt Tweedy darüber, wie wenig sicher er sich seiner Stimme in den frühen Tagen von Uncle Tupelo war, wo er meinte, gesanglich im Schatten seines Bandkollegen Jay Farrar zu stehen, aber diese Stimme ist eins mit der Musik, die er macht: ein wenig stümperhaft und rau und brüchig, aber – in Anlehnung an den Titel des Albums – auch warm.
Da das Buch zur gleichen Zeit erscheint wie das Album, ist es verlockend, in den Texten nach Autobiographischem zu suchen. An manchen Stellen ist es offenkundig – die Anspielung auf die „lange Fahrt“ (“long drive”), die er mit seinem Sohn machte, um seinen bettlägrigen Vater zu erreichen, ehe dieser starb. In anderen Momenten reflektiert er über sein bisheriges Leben, wobei vergangene Probleme wiederholt thematisiert werden: “Now people say / What drugs did you take / And why don’t you start taking them again? / But they’re not my friends”, singt er auf „Having Been Is No Way to Be“; “Please take my advice“, empfiehlt er auf „Warm (When the Sun Has Died)“. “Worry into your song / Grow away from your anger.”
Man muss kein ausgesprochener Tweedy-Fanatiker sein, um Warm zu würdigen. Es wirkt zunächst leicht und unbedeutend, aber die Weigerung, die Songs zu sehr auszuschmücken und bis ins kleinste Detail zu entwickeln, macht sie unmittelbarer und bringt sie so näher. Es ist nichts zwischen dem Hörer, den Melodien und den Texten – und die Melodien sind durchwegs stark und schleichen sich ins Bewusstsein des Hörers ein. Warm ist ein ruhiges Album: es ist auf unaufdringliche Weise reizvoll. Wirklich entzückend.
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